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Angebotsbebauungsplan – privatrechtliche Baubeschränkungen und Grunddienstbarkeiten

In einem wegweisenden Urteil hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschieden, dass privatrechtliche Baubeschränkungen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen nicht zwingend berücksichtigt werden müssen. Damit wies das Gericht die Klage von Grundstückseigentümerinnen ab, die sich gegen einen Bebauungsplan der Stadt wehrten, weil dieser ihrer Ansicht nach bestehende privatrechtliche Baubeschränkungen missachtete. Das Urteil stärkt die Planungshoheit der Gemeinden und könnte weitreichende Auswirkungen auf die kommunale Bauleitplanung haben.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Antragstellerinnen wenden sich gegen den Bebauungsplan „Bethelquartier“ und argumentieren, dass privatrechtliche Baubeschränkungen im Plangebiet nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
  • Der Gerichtshof bestätigte, dass der Bebauungsplan ohne Berücksichtigung privatrechtlicher Baubeschränkungen rechtskonform ist.
  • Die Antragstellerinnen sind Eigentümerinnen der betroffenen Grundstücke und vertreten die Meinung, ihre Baurechte seien durch den Plan beeinträchtigt.
  • Einer der Schwierigkeitspunkte bestand darin, zu klären, ob und wie privatrechtliche Baubeschränkungen in die städtebauliche Planung einbezogen werden müssen.
  • Das Gericht entschied, dass privatrechtliche Baubeschränkungen nicht zwingend in den Bebauungsplan einfließen müssen, da sie unabhängig von öffentlichen Baurechtsvorschriften zu betrachten sind.
  • Die Entscheidung des Gerichts basierte darauf, dass privatrechtliche Regelungen innerha lb der Grundstücksnachbarn separat geklärt werden müssen und nicht automatisch städtebauliche Planungen beeinflussen.
  • Auswirkungen der Entscheidung zeigen, dass Eigentümer privatrechtliche Baubeschränkungen selbst verwalten und nicht mit städtebaulichen Planungen vermischen sollten.
  • Dies bedeutet auch, dass zukünftige Bebauungspläne ähnliche Ansprüche privater Eigentümer nicht zwingend berücksichtigen müssen, was Klarheit in der Trennung zwischen privatem und öffentlichem Baurecht schafft.

Oberverwaltungsgericht bestätigt: Städte müssen Bebauungspläne nicht an privaten Baubeschränkungen ausrichten

Privatrechtliche Baubeschränkungen und Angebotsbebauungspläne
Gemeinden müssen privatrechtliche Baubeschränkungen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen nicht berücksichtigen, da diese lediglich öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, ohne Privateigentümer zu verpflichten. (Symbolfoto: Oakland Images – Shutterstock.com)

Im Bereich des Bauens und der Immobilienwirtschaft spielen sogenannte Angebotsbebauungspläne eine wichtige Rolle. Diese Pläne dienen dazu, die städtebauliche Entwicklung zu regeln und die Rahmenbedingungen für die Bebauung eines Gebietes festzulegen. Dazu gehören auch Regelungen über das Erscheinungsbild und die Nutzung von Gebäuden, die sogenannten privatrechtlichen Baubeschränkungen. Sie dienen dazu, die charakteristische Bebauung eines Gebietes zu erhalten oder zu fördern.

Neben den allgemeinen Baubeschränkungen können auch Grunddienstbarkeiten eine Rolle spielen. Diese Rechte, die in der Regel in einem Grundbuch eingetragen sind, können den Eigentümer eines Grundstücks verpflichten, bestimmte Handlungen zu dulden oder zu unterlassen. Diese Verpflichtungen können sich zum Beispiel auf die Gestaltung des Gebäudes, die Art der Nutzung oder die Höhe der Bebauung beziehen. Die Kombination von Angebotsbebauungsplänen, privatrechtlichen Baubeschränkungen und Grunddienstbarkeiten kann dabei zu einem komplexen rechtlichen Rahmen führen, der für alle Beteiligten – Bauherren, Eigentümer und die öffentliche Hand – klare Regeln und Vorgaben schafft.

Um die komplexen Zusammenhänge zwischen diesen verschiedenen rechtlichen Instrumenten besser zu verstehen, wollen wir uns nun einem konkreten Fall zuwenden, der vor Gericht verhandelt wurde. Dieser Fall befasst sich mit der Frage, ob eine bestimmte Grunddienstbarkeit die Errichtung eines Neubaus auf einem Grundstück verhindert und ob die Planung des Bauherren den Vorgaben des Angebotsbebauungsplans entspricht.

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Der Fall vor Gericht


Angebotsbebauungsplan ignoriert privatrechtliche Baubeschränkungen

Der vorliegende Fall befasst sich mit einem Rechtsstreit um den Bebauungsplan Nr. 88 „Bethelquartier“ der beklagten Stadt. Im Zentrum steht die Frage, ob ein Bebauungsplan privatrechtliche Baubeschränkungen berücksichtigen muss. Die Klägerinnen sind Eigentümerinnen von Grundstücken im Plangebiet. Sie wenden sich gegen den Bebauungsplan, weil dieser nach ihrer Auffassung bestehende privatrechtliche Baubeschränkungen für die Grundstücke im Plangebiet nicht ausreichend berücksichtigt.

Konkret geht es um Grundstücke an der E-Straße, die aus ehemaligen Flurstücken entstanden sind. Die Klägerinnen argumentieren, dass auf diesen Grundstücken privatrechtliche Baubeschränkungen lasten, die der neue Bebauungsplan missachtet. Sie sehen darin eine unzulässige Planung und fechten den Bebauungsplan daher gerichtlich an.

Die beklagte Stadt vertritt dagegen die Position, dass sie bei der Bauleitplanung nicht verpflichtet ist, privatrechtliche Vereinbarungen zu berücksichtigen. Sie hält ihren Bebauungsplan für rechtmäßig, auch wenn dieser möglicherweise im Widerspruch zu privatrechtlichen Bauverboten oder -beschränkungen steht.

Gericht weist Klage gegen Bebauungsplan ab

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in seinem Urteil vom 15.05.2024 den Antrag der Klägerinnen abgelehnt. Die Richter bestätigten damit die Rechtmäßigkeit des umstrittenen Bebauungsplans. In der Urteilsbegründung stellte das Gericht klar, dass Gemeinden bei der Aufstellung von Bebauungsplänen grundsätzlich nicht verpflichtet sind, privatrechtliche Baubeschränkungen zu berücksichtigen.

Die Richter betonten, dass es sich bei einem Bebauungsplan um einen „Angebotsbebauungsplan“ handelt. Ein solcher Plan schafft lediglich die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für eine Bebauung, verpflichtet aber nicht zu deren Umsetzung. Ob eine Bebauung tatsächlich realisiert werden kann, hängt auch von privatrechtlichen Gegebenheiten ab. Diese müssen aber nicht zwingend im Bebauungsplanverfahren geprüft und berücksichtigt werden.

Das Gericht sah auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Planung von vornherein undurchführbar wäre. Selbst wenn privatrechtliche Hindernisse bestehen, macht dies den Bebauungsplan nicht automatisch unwirksam. Die Richter verwiesen darauf, dass privatrechtliche Baubeschränkungen grundsätzlich durch Vereinbarungen zwischen den Beteiligten aufgehoben oder geändert werden können.

Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Belangen

In seinem Urteil ging das Oberverwaltungsgericht auch auf die planerische Abwägung ein, die jeder Bauleitplanung zugrunde liegt. Die Gemeinde muss bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abwägen. Im vorliegenden Fall sah das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die beklagte Stadt die Interessen der Klägerinnen nicht ausreichend berücksichtigt hätte.

Die Richter betonten, dass die Gemeinde einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Bauleitplanung hat. Sie muss nicht jeder privatrechtlichen Vereinbarung Vorrang vor den städtebaulichen Zielen einräumen. Entscheidend ist, dass eine gerechte Abwägung stattfindet und keine Belange willkürlich außer Acht gelassen werden. Diese Voraussetzungen sah das Gericht im konkreten Fall als erfüllt an.

Zudem wiesen die Richter darauf hin, dass privatrechtliche Baubeschränkungen häufig zeitlich begrenzt sind oder durch veränderte Umstände ihre Berechtigung verlieren können. Die Gemeinde ist daher nicht verpflichtet, solche möglicherweise überholten Beschränkungen dauerhaft in ihrer Bauleitplanung festzuschreiben.

Bedeutung für die kommunale Bauleitplanung

Mit seinem Urteil stärkt das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Planungshoheit der Gemeinden. Es stellt klar, dass Bebauungspläne nicht an privatrechtlichen Vereinbarungen scheitern müssen. Städte und Gemeinden können ihre städtebaulichen Ziele auch dann verfolgen, wenn einzelne Grundstücke mit privatrechtlichen Baubeschränkungen belastet sind.

Gleichzeitig betont das Gericht aber auch die Grenzen der Bauleitplanung. Ein Bebauungsplan schafft nur die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für eine Bebauung. Er beseitigt keine privatrechtlichen Hindernisse und verpflichtet auch nicht zu deren Beseitigung. Bauherren müssen daher stets prüfen, ob neben den Festsetzungen des Bebauungsplans auch privatrechtliche Beschränkungen zu beachten sind.

Für Grundstückseigentümer bedeutet das Urteil, dass sie sich nicht darauf verlassen können, dass privatrechtliche Baubeschränkungen automatisch in Bebauungspläne übernommen werden. Sie müssen ihre Rechte im Zweifelsfall auf dem Zivilrechtsweg durchsetzen. Gleichzeitig eröffnet das Urteil aber auch Spielräume für Verhandlungen zwischen Eigentümern, wenn durch einen neuen Bebauungsplan attraktivere Bebauungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil bekräftigt die Planungshoheit der Gemeinden und stellt klar, dass Bebauungspläne nicht zwingend privatrechtliche Baubeschränkungen berücksichtigen müssen. Ein Angebotsbebauungsplan schafft lediglich die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für eine Bebauung, ohne privatrechtliche Hindernisse zu beseitigen. Für Grundstückseigentümer bedeutet dies, dass sie ihre Rechte im Zweifelsfall auf dem Zivilrechtsweg durchsetzen müssen, während Gemeinden bei der Bauleitplanung einen weiten Gestaltungsspielraum behalten.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Grundstückseigentümer: Wenn Ihr Grundstück privatrechtlichen Baubeschränkungen unterliegt, bedeutet das Urteil, dass Sie sich nicht darauf verlassen können, dass diese Beschränkungen in Bebauungsplänen automatisch berücksichtigt werden. Möchten Sie Ihr Grundstück anders nutzen, als es die privatrechtlichen Beschränkungen erlauben, müssen Sie Ihre Rechte möglicherweise gerichtlich durchsetzen oder mit anderen Eigentümern verhandeln.

Für Bauherren: Das Urteil bestätigt, dass Bebauungspläne nur die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für eine Bebauung schaffen. Sie müssen daher auch weiterhin prüfen, ob Ihr Bauvorhaben nicht nur den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht, sondern auch mit möglichen privatrechtlichen Beschränkungen vereinbar ist.

Für Gemeinden: Das Urteil stärkt Ihre Planungshoheit, da Sie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen nicht zwingend alle privatrechtlichen Baubeschränkungen berücksichtigen müssen. Sie haben mehr Spielraum, Ihre städtebaulichen Ziele zu verfolgen, auch wenn einzelne Grundstücke mit privatrechtlichen Beschränkungen belastet sind.


FAQ – Häufige Fragen

Sie planen ein Bauvorhaben und sind auf privatrechtliche Baubeschränkungen gestoßen? Oder fragen Sie sich, wie Angebotsbebauungspläne Ihre Baupläne beeinflussen könnten? In unserer FAQ-Rubrik erhalten Sie verständliche Antworten auf Ihre Fragen zum komplexen Zusammenspiel von privatrechtlichen Baubeschränkungen und Angebotsbebauungsplänen. Hier erfahren Sie, wie diese rechtlichen Regelungen Ihr Bauprojekt beeinflussen können und welche Rechte und Pflichten Sie als Bauherr haben.


Was ist ein Angebotsbebauungsplan und wie unterscheidet er sich von anderen Bebauungsplänen?

Ein Angebotsbebauungsplan schafft lediglich den rechtlichen Rahmen für eine mögliche Bebauung, ohne dass daraus eine Verpflichtung zur tatsächlichen Umsetzung entsteht. Er legt öffentlich-rechtliche Vorgaben für die zulässige Art und das Maß der baulichen Nutzung fest, beispielsweise Gebäudehöhen, Grundflächenzahlen oder Nutzungsarten wie Wohnen oder Gewerbe. Diese Festsetzungen sind für alle Grundstückseigentümer im Plangebiet verbindlich.

Wichtig ist, dass der Angebotsbebauungsplan keine Auswirkungen auf bestehende privatrechtliche Vereinbarungen oder Beschränkungen hat. Grunddienstbarkeiten, Baulasten oder vertragliche Nutzungsbeschränkungen bleiben davon unberührt. Ein Grundstückseigentümer kann sich also nicht allein auf die Festsetzungen des Bebauungsplans berufen, um privatrechtliche Hindernisse zu überwinden.

Die Gemeinde verfolgt mit einem Angebotsbebauungsplan städtebauliche Ziele und schafft die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine gewünschte Entwicklung. Sie kann damit jedoch nicht in privatrechtliche Verhältnisse eingreifen oder Eigentümer zur Bebauung zwingen. Der Plan eröffnet lediglich Möglichkeiten, ohne konkrete Projekte vorzugeben.

Grundstückseigentümer müssen bei der Umsetzung von Bauvorhaben sowohl die öffentlich-rechtlichen Vorgaben des Bebauungsplans als auch etwaige privatrechtliche Beschränkungen beachten. Im Konfliktfall zwischen Bebauungsplan und privatrechtlichen Vereinbarungen haben letztere Vorrang, sofern sie nicht gegen zwingendes Recht verstoßen.

Der Angebotsbebauungsplan bietet Flexibilität für unterschiedliche Bauvorhaben im Rahmen der Festsetzungen. Er ermöglicht eine geordnete städtebauliche Entwicklung, ohne die Handlungsfreiheit der Grundstückseigentümer übermäßig einzuschränken. Gleichzeitig schützt er die Interessen der Allgemeinheit durch verbindliche Vorgaben zur Bebauung und Nutzung.

Für Bauherren ist es ratsam, vor der Planung konkreter Projekte sowohl den geltenden Bebauungsplan als auch mögliche privatrechtliche Beschränkungen sorgfältig zu prüfen. Nur so lassen sich spätere Konflikte vermeiden und die Realisierbarkeit von Bauvorhaben sicherstellen.

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Welche Rolle spielen privatrechtliche Baubeschränkungen bei der Aufstellung eines Bebauungsplans?

Bei der Aufstellung eines Bebauungsplans spielen privatrechtliche Baubeschränkungen grundsätzlich keine unmittelbare Rolle. Die Gemeinde ist in ihrer Planungshoheit nicht an private Vereinbarungen zwischen Grundstückseigentümern gebunden. Der Bebauungsplan als Satzung der Gemeinde entfaltet seine Wirkung unabhängig von privatrechtlichen Regelungen.

Die kommunale Bauleitplanung folgt öffentlich-rechtlichen Vorgaben und dient der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung. Dabei hat die Gemeinde alle öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Zu diesen Belangen können auch privatrechtliche Baubeschränkungen wie Grunddienstbarkeiten gehören, sofern sie städtebaulich relevant sind.

Die Gemeinde muss sich im Rahmen ihrer Abwägung mit bekannten privatrechtlichen Baubeschränkungen auseinandersetzen. Sie kann diese in ihre planerischen Überlegungen einbeziehen, ist aber nicht verpflichtet, den Bebauungsplan an bestehende private Vereinbarungen anzupassen. Vielmehr kann die Gemeinde aus städtebaulichen Gründen auch Festsetzungen treffen, die im Widerspruch zu privatrechtlichen Baubeschränkungen stehen.

Ein Bebauungsplan kann privatrechtliche Vereinbarungen faktisch überlagern oder verdrängen. Wenn beispielsweise eine Grunddienstbarkeit ein Bauverbot vorsieht, der Bebauungsplan aber eine Bebauung zulässt, geht die öffentlich-rechtliche Regelung vor. Der Eigentümer erhält dadurch das Baurecht, auch wenn er privatrechtlich weiterhin an die Dienstbarkeit gebunden ist.

Grundstückseigentümer sollten sich bewusst sein, dass ihre privaten Vereinbarungen durch einen Bebauungsplan an Bedeutung verlieren können. Die Gemeinde kann im Interesse der städtebaulichen Entwicklung Nutzungen festsetzen, die von bestehenden privatrechtlichen Regelungen abweichen.

Privatrechtliche Baubeschränkungen bleiben trotz eines anderslautenden Bebauungsplans zivilrechtlich wirksam. Sie können aber durch die öffentlich-rechtlichen Festsetzungen faktisch unwirksam werden. In solchen Fällen müssen die Beteiligten ihre privatrechtlichen Vereinbarungen anpassen oder aufheben, um Konflikte zu vermeiden.

Die Gemeinde sollte bei der Bauleitplanung bekannte privatrechtliche Baubeschränkungen berücksichtigen, um Konflikte zu minimieren. Sie kann beispielsweise versuchen, die Planung so zu gestalten, dass sie mit bestehenden Dienstbarkeiten vereinbar ist. Allerdings darf dies nicht zu Lasten der städtebaulichen Ziele gehen.

Für Grundstückseigentümer ist es wichtig zu wissen, dass der Bebauungsplan ihre privaten Vereinbarungen nicht automatisch aufhebt. Wenn der Plan eine Nutzung zulässt, die einer Grunddienstbarkeit widerspricht, müssen die Eigentümer selbst aktiv werden. Sie können versuchen, die Dienstbarkeit einvernehmlich aufzuheben oder gerichtlich löschen zu lassen.

In der Praxis kann es zu komplexen Situationen kommen, wenn ein Bebauungsplan privatrechtliche Baubeschränkungen überlagert. Ein Beispiel: Eine Grunddienstbarkeit sichert einem Grundstück die freie Aussicht zu. Der neue Bebauungsplan lässt jedoch eine mehrgeschossige Bebauung zu, die diese Aussicht beeinträchtigen würde. Hier muss der begünstigte Eigentümer abwägen, ob er auf seinen privatrechtlichen Ansprüchen besteht oder die neue bauliche Entwicklung akzeptiert.

Die Gemeinde sollte bei der Aufstellung des Bebauungsplans transparent kommunizieren, wenn geplante Festsetzungen im Widerspruch zu bekannten privatrechtlichen Vereinbarungen stehen. So können die betroffenen Eigentümer frühzeitig reagieren und ihre Interessen in das Planverfahren einbringen.

Letztlich dient die Bauleitplanung dem Wohl der Allgemeinheit und kann daher private Interessen überwiegen. Grundstückseigentümer müssen akzeptieren, dass ihre privatrechtlichen Vereinbarungen durch die Stadtentwicklung an Bedeutung verlieren können. Gleichzeitig bietet der Bebauungsplan oft neue Entwicklungsmöglichkeiten, die vorher durch private Beschränkungen verhindert wurden.

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Was können Eigentümer tun, wenn ein Bebauungsplan ihre privatrechtlichen Baubeschränkungen ignoriert?

Grundstückseigentümer haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, wenn ein Bebauungsplan ihre privatrechtlichen Vereinbarungen nicht berücksichtigt. Der Bebauungsplan als öffentlich-rechtliches Instrument kann grundsätzlich privatrechtliche Vereinbarungen wie Grunddienstbarkeiten oder Baubeschränkungen überlagern. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die privatrechtlichen Ansprüche der Eigentümer dadurch automatisch erlöschen.

Betroffene Eigentümer können zunächst im Rahmen des Aufstellungsverfahrens des Bebauungsplans ihre Einwände geltend machen. Während der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs besteht die Möglichkeit, schriftliche Stellungnahmen einzureichen. Darin sollten die bestehenden privatrechtlichen Vereinbarungen dargelegt und deren Berücksichtigung gefordert werden. Die Gemeinde muss diese Einwände im Rahmen der Abwägung berücksichtigen.

Wird der Bebauungsplan trotz der Einwände beschlossen, können Eigentümer innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung eine Normenkontrollklage beim zuständigen Oberverwaltungsgericht einreichen. Hierbei wird die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans überprüft. Ein Abwägungsfehler kann vorliegen, wenn die Gemeinde die privatrechtlichen Belange nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Auch nach Inkrafttreten des Bebauungsplans bleiben privatrechtliche Ansprüche grundsätzlich bestehen. Eigentümer können diese zivilrechtlich durchsetzen, etwa durch eine Unterlassungsklage gegen bauliche Maßnahmen, die gegen die privatrechtlichen Vereinbarungen verstoßen. Das Zivilgericht muss dann prüfen, ob die privatrechtliche Vereinbarung trotz des entgegenstehenden Bebauungsplans noch durchsetzbar ist.

In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, mit der Gemeinde über eine Änderung des Bebauungsplans zu verhandeln. Hierbei könnten die privatrechtlichen Vereinbarungen nachträglich berücksichtigt werden. Dies setzt jedoch die Kooperationsbereitschaft der Gemeinde voraus.

Eigentümer sollten bedenken, dass die Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche gegen einen rechtskräftigen Bebauungsplan oft schwierig ist. Gerichte wägen in solchen Fällen zwischen dem öffentlichen Interesse an der Umsetzung des Bebauungsplans und den privaten Interessen ab. Eine frühzeitige rechtliche Beratung und aktive Beteiligung am Planaufstellungsverfahren sind daher empfehlenswert.

Bei Grunddienstbarkeiten, die im Grundbuch eingetragen sind, ist die Rechtslage etwas anders. Diese bleiben trotz eines entgegenstehenden Bebauungsplans grundsätzlich wirksam. Der Bebauungsplan schafft lediglich die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit einer Bebauung, hebt aber nicht automatisch privatrechtliche Beschränkungen auf. In solchen Fällen kann der Eigentümer des begünstigten Grundstücks weiterhin die Einhaltung der Grunddienstbarkeit verlangen.

Eigentümer sollten auch prüfen, ob der Bebauungsplan Festsetzungen enthält, die ihre privatrechtlichen Vereinbarungen indirekt schützen. Beispielsweise könnte eine vereinbarte Baubeschränkung durch Festsetzungen zur maximalen Gebäudehöhe oder Grundflächenzahl im Bebauungsplan faktisch berücksichtigt sein.

In komplexen Fällen, insbesondere wenn mehrere Eigentümer betroffen sind, kann die Gründung einer Interessengemeinschaft sinnvoll sein. Dies ermöglicht ein koordiniertes Vorgehen gegenüber der Gemeinde und stärkt die Position der Eigentümer in möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen.

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Wie beeinflussen privatrechtliche Baubeschränkungen mein Bauvorhaben trotz eines genehmigten Angebotsbebauungsplans?

Ein genehmigter Angebotsbebauungsplan ermöglicht grundsätzlich die bauliche Nutzung eines Grundstücks im Rahmen der festgesetzten Vorgaben. Allerdings entfaltet er keine Wirkung auf bestehende privatrechtliche Baubeschränkungen. Diese bleiben trotz des Bebauungsplans weiterhin gültig und müssen bei der Realisierung eines Bauvorhabens beachtet werden.

Privatrechtliche Baubeschränkungen können in verschiedenen Formen auftreten. Häufig handelt es sich um Grunddienstbarkeiten, die im Grundbuch eingetragen sind. Diese können beispielsweise Bebauungsverbote, Höhenbeschränkungen oder Abstandsflächen festlegen. Auch vertragliche Vereinbarungen zwischen Grundstückseigentümern können privatrechtliche Baubeschränkungen beinhalten.

Der Angebotsbebauungsplan setzt lediglich den öffentlich-rechtlichen Rahmen für die zulässige Bebauung fest. Er regelt das baurechtliche „Dürfen“, während die privatrechtlichen Beschränkungen das „Können“ beeinflussen. Die Gemeinde muss bei der Aufstellung des Bebauungsplans privatrechtliche Baubeschränkungen nicht berücksichtigen oder in die Abwägung einbeziehen.

Für den Bauherrn bedeutet dies, dass er trotz eines gültigen Bebauungsplans möglicherweise nicht alle dort vorgesehenen Bebauungsmöglichkeiten ausschöpfen kann. Er muss zusätzlich prüfen, ob privatrechtliche Beschränkungen seinem Vorhaben entgegenstehen. Ist dies der Fall, kann er das Bauvorhaben in der geplanten Form nicht umsetzen, selbst wenn es den Vorgaben des Bebauungsplans entspricht.

Um privatrechtliche Baubeschränkungen zu beseitigen, ist die Zustimmung des Berechtigten erforderlich. Dies kann durch Verhandlungen und entsprechende Vereinbarungen erreicht werden. Gegebenenfalls ist auch eine Löschung oder Änderung von Grundbucheinträgen notwendig. In manchen Fällen kann auch ein gerichtliches Vorgehen zur Aufhebung der Beschränkungen in Betracht kommen, etwa wenn diese durch Zeitablauf funktionslos geworden sind.

Bauherren sollten daher vor Beginn eines Bauvorhabens sorgfältig prüfen, ob privatrechtliche Baubeschränkungen bestehen. Dies erfordert eine Einsichtnahme in das Grundbuch sowie die Prüfung eventuell vorhandener Verträge. Nur so lässt sich feststellen, ob das geplante Bauvorhaben tatsächlich in vollem Umfang realisierbar ist oder ob Anpassungen erforderlich sind.

Die Beachtung privatrechtlicher Baubeschränkungen liegt in der Verantwortung des Bauherrn. Die Baugenehmigungsbehörde prüft im Genehmigungsverfahren in der Regel nicht, ob solche Beschränkungen dem Vorhaben entgegenstehen. Eine erteilte Baugenehmigung entbindet den Bauherrn daher nicht von der Pflicht, privatrechtliche Hindernisse zu beachten.

Für Bauherren empfiehlt es sich, frühzeitig rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um mögliche Konflikte zwischen den Festsetzungen des Bebauungsplans und bestehenden privatrechtlichen Baubeschränkungen zu identifizieren und Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Dies kann helfen, kostspielige Verzögerungen oder Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

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Welche Abwägungen müssen Gemeinden bei der Aufstellung eines Bebauungsplans vornehmen?

Bei der Aufstellung eines Bebauungsplans müssen Gemeinden eine umfassende Abwägung verschiedener Interessen und Belange vornehmen. Dies ist ein zentraler Bestandteil des Planungsprozesses und dient dazu, eine ausgewogene städtebauliche Entwicklung sicherzustellen.

Gemeinden sind verpflichtet, sowohl öffentliche als auch private Belange in ihre Abwägung einzubeziehen. Zu den öffentlichen Belangen gehören beispielsweise der Umweltschutz, die Verkehrsplanung oder die Bereitstellung von Infrastruktur. Private Belange umfassen unter anderem die Interessen von Grundstückseigentümern, Anwohnern oder Gewerbetreibenden.

Im Rahmen der Abwägung müssen die Gemeinden zunächst alle relevanten Belange ermitteln und bewerten. Dies erfordert eine sorgfältige Analyse der örtlichen Gegebenheiten und der möglichen Auswirkungen der Planung. Die Gemeinde muss dabei auch mögliche Konflikte zwischen verschiedenen Interessen identifizieren.

Ein wichtiger Aspekt der Abwägung ist die Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die Gemeinde muss prüfen, ob die geplanten Festsetzungen im Bebauungsplan geeignet, erforderlich und angemessen sind, um die verfolgten städtebaulichen Ziele zu erreichen. Dabei gilt es, einen fairen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen zu finden.

Die Gemeinde muss auch die langfristigen Auswirkungen ihrer Planung berücksichtigen. Dies betrifft etwa die zukünftige Entwicklung des Gemeindegebiets, demografische Veränderungen oder wirtschaftliche Perspektiven. Eine vorausschauende Planung ist wichtig, um nachhaltige und zukunftsfähige Strukturen zu schaffen.

Bei der Abwägung spielt auch der Bestandsschutz eine wichtige Rolle. Die Gemeinde muss berücksichtigen, inwieweit bestehende Nutzungen und Rechte durch die neue Planung beeinträchtigt werden. Hier gilt es, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse an der Neuplanung und dem Schutz bestehender Strukturen zu finden.

Ein konkretes Beispiel verdeutlicht die Komplexität der Abwägung: Eine Gemeinde plant die Ausweisung eines neuen Wohngebiets am Ortsrand. Sie muss dabei die Interessen potenzieller neuer Bewohner an attraktivem Wohnraum gegen die Belange des Landschaftsschutzes und der Landwirtschaft abwägen. Gleichzeitig sind die Auswirkungen auf die Verkehrsinfrastruktur und die Versorgung mit öffentlichen Einrichtungen zu berücksichtigen. Die Gemeinde muss auch prüfen, ob die Planung mit übergeordneten raumordnerischen Zielen vereinbar ist.

Die Abwägung muss transparent und nachvollziehbar erfolgen. Die Gemeinde ist verpflichtet, ihre Abwägungsentscheidung zu begründen und zu dokumentieren. Dies dient nicht nur der Rechtssicherheit, sondern ermöglicht auch eine effektive Kontrolle durch die Öffentlichkeit und die Aufsichtsbehörden.

Privatrechtliche Baubeschränkungen und Grunddienstbarkeiten müssen von der Gemeinde ebenfalls in die Abwägung einbezogen werden. Diese können die Nutzungsmöglichkeiten von Grundstücken beeinflussen und sind daher für die städtebauliche Entwicklung relevant. Die Gemeinde muss prüfen, inwieweit solche privaten Regelungen mit den Zielen der Bauleitplanung vereinbar sind und ob gegebenenfalls Anpassungen erforderlich sind.

Die Abwägung bei der Aufstellung eines Bebauungsplans ist ein komplexer Prozess, der von den Gemeinden ein hohes Maß an Sorgfalt und Weitsicht erfordert. Nur durch eine umfassende und ausgewogene Berücksichtigung aller relevanten Belange kann eine nachhaltige und rechtssichere Stadtentwicklung gewährleistet werden.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Angebotsbebauungsplan: Ein kommunales Planungsinstrument, das die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für die Bebauung eines Gebiets schafft, ohne zur Umsetzung zu verpflichten. Es legt Art und Maß der baulichen Nutzung fest, berücksichtigt aber nicht zwingend privatrechtliche Beschränkungen. Grundstückseigentümer müssen prüfen, ob neben den Planvorgaben weitere Einschränkungen bestehen. Der Plan ermöglicht eine flexible Stadtentwicklung, kann aber zu Konflikten mit bestehenden privaten Vereinbarungen führen. (§30 BauGB)
  • Planungshoheit: Das Recht der Gemeinden, die städtebauliche Entwicklung durch Bauleitplanung selbstständig zu gestalten. Sie umfasst die Befugnis, Bebauungspläne aufzustellen und dabei einen weiten Gestaltungsspielraum zu nutzen. Die Planungshoheit ist verfassungsrechtlich geschützt, unterliegt aber der Abwägung öffentlicher und privater Belange. Gemeinden können städtebauliche Ziele verfolgen, auch wenn diese mit privatrechtlichen Beschränkungen kollidieren. Die Planungshoheit stärkt die kommunale Selbstverwaltung, kann jedoch zu Interessenkonflikten führen. (Art. 28 Abs. 2 GG)
  • Bauleitplanung: Der Prozess, durch den Gemeinden die bauliche und sonstige Nutzung von Grundstücken vorbereiten und leiten. Sie umfasst die Erstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen. Dabei müssen öffentliche und private Belange gegeneinander abgewogen werden. Die Bauleitplanung ist ein zentrales Instrument der Stadtentwicklung, das langfristige Auswirkungen auf die Lebensqualität und wirtschaftliche Entwicklung einer Kommune hat. Sie muss verschiedene Interessen berücksichtigen und kann Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen sein. (§1 BauGB)
  • Privatrechtliche Baubeschränkungen: Vereinbarungen zwischen Grundstückseigentümern, die die Nutzung oder Bebauung eines Grundstücks einschränken. Sie können durch Verträge, Grunddienstbarkeiten oder andere privatrechtliche Instrumente begründet werden. Im Gegensatz zu öffentlich-rechtlichen Vorgaben wirken sie nur zwischen den beteiligten Parteien. Bebauungspläne müssen diese Beschränkungen nicht zwingend berücksichtigen, was zu Konflikten führen kann. Betroffene müssen ihre Rechte ggf. auf dem Zivilrechtsweg durchsetzen. Privatrechtliche Baubeschränkungen können die Flexibilität der Grundstücksnutzung einschränken, aber auch den Charakter eines Gebiets bewahren. (§1004 BGB)
  • Abwägungsgebot: Ein fundamentales Prinzip der Bauleitplanung, das Gemeinden verpflichtet, bei der Aufstellung von Bebauungsplänen alle relevanten öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander abzuwägen. Es soll eine ausgewogene Planung sicherstellen, die verschiedene Interessen berücksichtigt. Die Abwägung muss nachvollziehbar sein und darf keine Belange willkürlich außer Acht lassen. Fehler in der Abwägung können zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen. Das Abwägungsgebot gewährleistet eine faire Planung, stellt aber hohe Anforderungen an die Kommunen. (§1 Abs. 7 BauGB)
  • Gestaltungsspielraum: Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen Gemeinden bei der Bauleitplanung eigene Entscheidungen treffen können. Er erlaubt es, lokale Besonderheiten und Entwicklungsziele zu berücksichtigen. Der Gestaltungsspielraum ist durch Gesetze und das Abwägungsgebot begrenzt, lässt aber Raum für kreative Lösungen. Gerichte überprüfen nur, ob die Grenzen des Spielraums eingehalten wurden, nicht die Zweckmäßigkeit der Planung. Dies ermöglicht eine flexible Stadtentwicklung, kann aber zu Konflikten mit Einzelinteressen führen. (§1 Abs. 3 BauGB)

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 30 BauGB (Baugesetzbuch): Regelt die Aufstellung von Bebauungsplänen durch die Gemeinde, um die städtebauliche Entwicklung zu steuern. Im konkreten Fall wurde geprüft, ob der Bebauungsplan Nr. 88 „Bethelquartier“ rechtmäßig aufgestellt wurde.
  • § 31 BauGB: Definiert den Inhalt eines Bebauungsplans, der Festsetzungen über Art und Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob der Bebauungsplan diese Anforderungen erfüllt.
  • § 1 Abs. 3 BauGB: Bestimmt, dass die Bauleitplanung die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abwägen muss. Im konkreten Fall wurde geprüft, ob die Gemeinde bei der Aufstellung des Bebauungsplans die Interessen der Klägerinnen ausreichend berücksichtigt hat.
  • § 15 BauGB: Regelt die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Art der baulichen Nutzung. Im konkreten Fall wurde geprüft, ob das geplante Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht.
  • § 1004 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Schützt den Eigentümer eines Grundstücks vor Störungen durch andere. Im konkreten Fall wurde geprüft, ob die privatrechtlichen Baubeschränkungen der Klägerinnen durch den Bebauungsplan verletzt werden.

Das vorliegende Urteil

OVG Lüneburg – Az.: 1 KN 101/23 – Urteil vom 15.05.2024

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckungsschuldnerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 88 „Bethelquartier“ der Antragsgegnerin, weil sie der Auffassung sind, der Plan berücksichtige privatrechtliche Baubeschränkungen im Plangebiet zu Unrecht nicht.

Die Antragstellerin zu 1. ist Eigentümerin der Grundstücke E-Straße …, nördlicher Teil (Flurstück N., Flur O., Gemarkung E-Stadt), und …a (Flurstück P.) im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin zu 2. ist Eigentümerin des Grundstücks E-Straße …, südlicher Teil (Flurstück Q.). Die Grundstücke, die aus den ehemaligen Flurstücken R.

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und S. (Grundbuch Band …, Blatt …) hervorgegangen sind, liegen im Südosten eines vom Bethelweg im Westen, der Fürst-Ernst-Straße im Norden, der E-Straße im Osten und der Herminenstraße im Süden gebildeten Straßengevierts und sind jeweils mit großzügigen Wohnhäusern und einem wohl gewerblich bzw. für soziale Zwecke genutzten straßenseitigen Geschäftsgebäude bebaut. Der für das Grundstück bislang bestehende Bebauungsplan Nr. 4 d setzte ein allgemeines Wohngebiet fest. Die weitere Umgebung wird überwiegend von Wohngebäuden sowie von Verwaltungseinrichtungen (Gerichtszentrum), Schulen und eher vereinzelten Gewerbebetrieben geprägt.

Westlich benachbart liegt innerhalb des Gevierts an der Herminenstraße das Grundstück des ehemaligen Krankenhauses T.. Der Bebauungsplan Nr. 4 d setzte für dieses Grundstück ein Sondergebiet „Krankenhaus“ fest. Baugrenzen beschränkten dessen Ausnutzbarkeit. Für das Grundstück bestehen zudem privatrechtliche Beschränkungen aus den Jahren 1960 und 1971 zugunsten der Antragstellerinnengrundstücke in Gestalt von Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen, die anlässlich einer Aufstockung und Erweiterung des Krankenhauses bewilligt worden waren. Geregelt sind Höhenbeschränkungen für einzelne Gebäudeteile des Krankenhauses, das Verbot, eine begehbare Terrasse auf einem bestimmten Dachteil zu errichten, Vorgaben zur blickdichten Verglasung bestimmter Fenster, Bestimmungen zum Grenzabstand sowie zur Errichtung einer Grenzmauer. Ferner besteht eine privatrechtliche Baubeschränkung zugunsten der Antragstellerinnengrundstücke.

Nach Aufgabe des Krankenhauses im Jahr 2017 beabsichtigt die Antragsgegnerin, das Krankenhausgrundstück einer neuen Nutzung zu Wohnzwecken zuzuführen. Vorgesehen ist eine Mischung aus Wohnformen für junge Familien sowie Angeboten der Altenpflege und des Seniorenwohnens. Zu diesem Zweck setzt der (Angebots-)Plan für das ehemalige Krankenhausgrundstück unter anderem ein allgemeines Wohngebiet, eine Grundflächenzahl von 0,4, maximal zwei Vollgeschosse, eine abweichende Bauweise, die Gebäudelängen von mehr als 50 m zulässt, sowie Baugrenzen und vereinzelt auch Baulinien fest. In den Plan einbezogen sind die weiteren Grundstücke innerhalb des Straßengevierts, darunter die Grundstücke der Antragstellerinnen, die weiterhin als allgemeine Wohngebiete festgesetzt werden. Die Maßfestsetzungen sowie die Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche entsprechen in diesem Bereich im Wesentlichen dem Vorgängerplan. Weiter einbezogen sind Grundstücke südlich der Herminenstraße, die als besondere Wohngebiete festgesetzt werden.

Im Planaufstellungsverfahren, das mit dem Aufstellungsbeschluss vom 25. Januar 2016 begann, äußerten sich die Antragstellerinnen nicht; die Frage privatrechtlicher Beschränkungen spielte in den Beratungen und in der Abwägung keine Rolle. Der Rat der Antragsgegnerin beschloss den Plan am 26. Juni 2019 als Satzung. Bekannt gemacht wurde er im Amtsblatt des Landkreises Schaumburg vom 30. August 2019.

Die Antragstellerinnen haben am 3. Februar 2020 Normenkontrollantrag gestellt. Sie halten den Plan für abwägungsfehlerhaft. Der Plan ermögliche eine bauliche Nutzung, die mit den privatrechtlichen Beschränkungen nicht vereinbar sei. Eine derartige Bebauung wolle die Beigeladene auch explizit verwirklichen; das von ihr geplante Vorhaben verstoße gegen die fortbestehenden und auch für eine Neubebauung geltenden Grunddienstbarkeiten. Für sie bedeute das einen Entzug baulicher Nutzungsmöglichkeiten, der sich wie eine Teilenteignung auswirken könne. Auch ohne Beteiligung der Antragstellerinnen hätte die Antragsgegnerin die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen im Grundbuch erkennen und in den Abwägungsprozess einführen müssen; zudem sei der entsprechende Vertrag der Antragsgegnerin tatsächlich bekannt gewesen. In der Nichtberücksichtigung lägen ein offensichtlicher Abwägungsfehler sowie ein Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch und das Gebot der Rücksichtnahme.

Die Antragstellerinnen beantragen, festzustellen, dass der Bebauungsplan Nr. 88 „Bethelquartier“ vom 19. August 2019, veröffentlicht im Amtsblatt des Landkreises Schaumburg Nr. 8/2019, unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen beantragen, den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

Ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot liege nicht vor. Für die Antragsgegnerin sei aufgrund der fehlenden Beteiligung der Antragstellerinnen im Planaufstellungsverfahren nicht erkennbar gewesen, dass es möglicherweise privatrechtliche Beschränkungen gebe. Anlass zur Einsichtnahme in alle Grundbücher habe sie nicht gehabt. Selbst wenn der Kaufvertrag für das Krankenhausgrundstück der Antragsgegnerin zur Entscheidung über die Ausübung eines Vorkaufsrechts vorgelegen habe, habe sie keine Veranlassung gehabt, deren Aktualität oder Reichweite zu überprüfen. Die Antragstellerinnen seien in ihrer Entscheidung frei, ob sie die daraus folgenden Rechte überhaupt geltend machten. Die planende Gemeinde sei nicht verpflichtet, von sich aus auf die Suche nach Durchführungshindernissen zu gehen. Zudem seien alle Beschränkungen auf die aufgegebene Krankenhausnutzung bezogen; es sei völlig offen, ob diese auch für eine neue andersartige Nutzung Geltung beanspruchten. Jedenfalls sei der Plan in der Sache abwägungsfehlerfrei. Die Festsetzungen des Plans setzten keinesfalls zwingend Baukörper voraus, die nur unter Missachtung zivilrechtlicher Eigentumsbeschränkungen realisiert werden könnten. Im Gegenteil gebe er als typischer Angebotsplan Raum für bauliche Rücksichtnahmen. Ebenso wie die Baugenehmigung lasse er etwaige private Baubeschränkungen unberührt und greife nicht in daraus folgende Eigentumsrechte ein. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei deshalb nicht gegeben. Der Gebietserhaltungsanspruch sei ebenfalls nicht verletzt, denn für die Grundstücke der Antragstellerinnen ändere sich die zulässige Art der baulichen Nutzung nicht. Ein Anspruch, in ihrer Nachbarschaft ein störungsintensiveres Sondergebiet aufrechtzuerhalten, bestehe nicht.

Mit Urteil vom 12. Mai 2022 (- 1 KN 14/20 -, BauR 2022, 1148 = juris) hat der Senat den Normenkontrollantrag aufgrund des Fehlens der Antragsbefugnis als unzulässig abgelehnt. Diese Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. Juni 2023 (- 4 BN 27.22 -, juris) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Antragsbefugnis sei gegeben, weil die Antragstellerinnen über Grundeigentum im Plangebiet verfügten und den Bebauungsplan insgesamt, d.h. auch bezüglich der ihr Grundstück betreffenden Festsetzungen, angriffen. Das ehemalige Krankenhausgrundstück ist mittlerweile vollständig neu bebaut; die erteilten Baugenehmigungen haben die Antragstellerinnen mit Rechtsmitteln angegriffen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Normenkontrollantrag, über den der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der angegriffene Bebauungsplan leidet nicht unter zu seiner Unwirksamkeit führenden Abwägungsfehlern.

Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 – IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29). Zur Unwirksamkeit des Plans führen nur Abwägungsfehler, die offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Hs. BauGB).

Gemessen daran folgt ein Abwägungsfehler nicht daraus, dass der Bebauungsplan eine Bebauung ermöglicht, die über dasjenige hinausgeht, was bestehende privatrechtliche Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen zulasten des Vorhabengrundstücks der Beigeladenen und zugunsten der Grundstücke der Antragstellerinnen zulassen, und zwar ohne dass der Rat der Antragsgegnerin dies in seiner Abwägung berücksichtigt hat. Dabei unterstellt der Senat an dieser Stelle zu Gunsten der Antragstellerinnen, dass sich die Baubeschränkungen und Grunddienstbarkeiten nicht mit dem Abbruch des Krankenhauses erledigt haben und auch für einen Nachfolgebau mit anderer Nutzung Geltung beanspruchen. Dennoch war der Rat der Antragsgegnerin nicht gehalten, die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen in seiner Abwägung zu berücksichtigen.

Private Belange muss die Gemeinde in der Abwägung nur berücksichtigen, wenn die Belange in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Daran fehlt es hier, weil sich der angegriffene Bebauungsplan auf die zugunsten der Grundstücke der Antragstellerinnen bestehenden Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen nicht auswirkt und insofern nicht Inhalt und Schranken ihres Grundeigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmt. Wie der Senat bereits in seinem vorangegangenen Urteil vom 12. Mai 2022 (- 1 KN 14/20 -, BauR 2022, 1148 = juris Rn. 17) – dort allerdings zur Frage der Antragsbefugnis – ausgeführt hat, setzt ein Bebauungsplan lediglich den Rahmen, in dem sich der jeweilige Grundstückseigentümer unter vollständiger Beachtung der privatrechtlichen Grenzen seines Eigentums bewegen darf. Die Ausnutzbarkeit des Plans, das baurechtliche „Dürfen“, steht unter dem Vorbehalt des privatrechtlichen „Könnens“. Wenn daher privatrechtliche Baubeschränkungen und Grunddienstbarkeiten zulasten des Vorhabengrundstücks der Beigeladenen und zugunsten der Antragstellerinnengrundstücke bestehen, lässt der Bebauungsplan diese Grenzen des Grundeigentums der Beigeladenen unberührt. Die Beigeladenen können in diesem Fall den eine maximale Ausnutzung nicht erzwingenden Plan nur soweit ausnutzen, wie es ihnen ihr Eigentum unter Beachtung der auf ihm liegenden Lasten und Beschränkungen gestattet. Auch in diesem Fall sind die Planungsziele der Antragsgegnerin ohne relevante Abstriche erreichbar, sodass auch die Erforderlichkeit des Plans (§ 1 Abs. 3 BauGB) und die Realisierbarkeit der Planungsziele nicht in Frage stehen. Wirkt sich der Plan damit nicht auf etwa bestehende Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen aus und ist er auch bei Beachtung der privatrechtlichen Grenzen in seinen städtebaulichen Zielsetzungen realisierbar, folgt daraus auch kein Belang, der von der Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen war.

Abwägungserheblich waren die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen zudem deshalb nicht, weil – die generelle Abwägungserheblichkeit entgegen der vorigen Ausführungen unterstellt – ihr Bestehen und ihre Bedeutung für den Rat der Antragsgegnerin bei der Entscheidung über den Bebauungsplan nicht erkennbar waren (vgl. zum rechtlichen Maßstab insoweit zuletzt Senatsurt. v. 17.1.2024 – 1 KN 140/21 -, juris Rn. 20). Richtig ist zwar, dass der Antragsgegnerin der Grundstückskaufvertrag für das Vorhabengrundstück der Beigeladenen zur Prüfung, ob ein Vorkaufsrecht ausgeübt werden sollte, vor dem Satzungsbeschluss vorgelegen hatte. Aus diesem Vertrag ergab sich das Bestehen der Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen ebenso wie aus dem Grundbuch, dessen Einsichtnahme der Antragsgegnerin jederzeit möglich gewesen wäre. Das führt jedoch nicht dazu, dass die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen für den Rat der Antragsgegnerin erkennbar waren.

Privatrechtliche Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen gewähren dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks die rechtliche Möglichkeit, von dem Eigentümer des dienenden Grundstücks ein Tun, Dulden oder Unterlassen zu verlangen. Ob und wenn ja in welcher Weise der berechtigte Eigentümer seine Rechte geltend macht, ist – worauf die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat – eine privatautonome Entscheidung. Der berechtigte Eigentümer kann auf der Einhaltung seiner Rechte bestehen, darauf verzichten, oder die Beteiligten können alternative Lösungen erarbeiten. Ob aus privatrechtlichen Beschränkungen ein Bebauungshindernis folgt, liegt in seinen Händen. Vor diesem Hintergrund kann nur er der planenden Gemeinde Auskunft darüber geben, ob er sich der geplanten Bebauung widersetzen möchte. Äußert er sich – wie hier – im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht, hat die planende Gemeinde, genauer ihr Rat, keinen Anhaltspunkt dafür, dass ihre Planung mit Durchführungsschwierigkeiten behaftet ist. Sie trifft keine Ermittlungspflicht gemäß § 2 Abs. 3 BauGB; sie muss daher weder im eigenen Haus Erkundigungen einziehen, ob privatrechtliche Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen bekannt sind, noch das Grundbuch einsehen oder von sich aus auf Grundstückseigentümer zugehen. Die Frage ist insofern nicht anders zu beurteilen, als die Frage, ob ein Grundeigentümer bei der Überplanung seiner Flächen zur Realisierung der Planung bereit und in der Lage ist. Auch diesen Umstand muss die Antragsgegnerin bei einem Angebotsbebauungsplan grundsätzlich nicht von Amts wegen ermitteln und in ihre Überlegungen einstellen; sie darf vielmehr in der Regel davon ausgehen, dass neue Bebauungsmöglichkeiten auf Interesse stoßen. Es ist deshalb eine Obliegenheit des Eigentümers, seine individuellen abweichenden Interessen der planenden Gemeinde im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Kenntnis zu geben.

Das gilt hier in besonderer Weise, weil die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen vor dem Hintergrund der Erweiterung und Aufstockung des zuvor bestehenden Krankenhauses auf dem Vorhabengrundstück bewilligt worden und damit auf dieses bezogen waren. Die Eintragungen im Grundbuch gehen offensichtlich von einem konkreten Baukörper (etwa „gynäkologischer Flügel des Krankenhauses Bethel“, „Dach des aufgestockten Baukörpers“, „Räume an der Grundstücksgrenze“) und einer konkreten Nutzung als Krankenhaus aus. Vor diesem Hintergrund drängt es sich jedenfalls nicht auf, dass die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen Geltung auch für einen Nachfolgerbau mit gänzlich anderem Baukörper und anderer Nutzung entfalten können. Ebenso wenig drängt sich auf, dass die Antragstellerinnen eine aus Anlass einer konkreten, nunmehr aber entfallenen Situation an der Grundstücksgrenze erlangte Rechtsposition nunmehr weiterhin geltend machen wollen. Bei unbefangener Betrachtung ist vielmehr davon auszugehen, dass sich die entsprechenden Dienstbarkeiten und Beschränkungen erledigt hatten. Schon deshalb war es hier nicht Sache der Antragsgegnerin, von Amts wegen dahingehende Ermittlungen anzustellen.

Sonstige Abwägungsfehler sind weder innerhalb der Frist des § 215 Abs. 1 BauGB konkret dargetan noch – soweit von Ergebnisrelevanz – ersichtlich. Soweit die Antragstellerinnen allgemein auf ihren „Gebietserhaltungsanspruch“ bzw. das „Gebot der Rücksichtnahme“ und damit auf Begriffe aus dem Vorhabenzulassungsrecht verwiesen haben, folgt daraus auch bei der gebotenen „Übersetzung“ auf die Ebene der Bauleitplanung kein Abwägungsfehler. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung passt der Bebauungsplan die zulässige Nutzung auf dem Vorhabengrundstück an diejenige in der näheren Umgebung an. An die Stelle eines störintensiveren Sondergebietes Krankenhaus ist ein Allgemeines Wohngebiet unter Ausschluss der Nutzungen des § 4 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 BauNVO getreten. Dass daraus abwägungsrelevante Nachteile für die Nachbarschaft erwachsen könnten, ist weder dargetan noch ersichtlich. Zu Recht ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass sich die vorgesehene Nutzungsstruktur in das bestehende Wohnumfeld einfügt (Planbegründung S. 22). Das Maß der baulichen Nutzung geht ebenfalls nicht wesentlich über das hinaus, was auf dem Krankenhausgrundstück bislang möglich war. Soweit Baugrenzen verändert worden sind, schützen die bauordnungsrechtlichen Regelungen die Interessen der Nachbarn. Auf die Notwendigkeit, im Rahmen der Vorhabenzulassung Rücksicht auf die Nachbarschaft zu nehmen, verweist zutreffend auch der Bebauungsplan (Planbegründung S. 31). Dass dies nicht ausreichend sein könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

 


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