OLG Stuttgart, Az.: 6 U 81/15, Urteil vom 22.12.2015
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 14.04.2015 – Az.: 2 O 161/14 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: Erste Instanz: 54.614,65 €
Berufungsverfahren: 39.883,81 €
Gründe
I.
1.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin Werklohnansprüche aus drei zwischen ihr und der Beklagten geschlossenen Werkverträgen, betreffend die Bauvorhaben „…“, „…“ und „…“, in Höhe von insgesamt 28.071,90 € geltend.
Gegenstand der streitgegenständlichen Werkverträge war die Bearbeitung sogenannter Alucobond-Rohplatten. Die Beklagte hatte sich im Rahmen der Bauvorhaben „…“ in Ulan Bator, „…“ ebenfalls in Ulan Bator und „…“ in Kenia zur Lieferung derartiger Fassadenplatten in bearbeiteter Form verpflichtet.
Am 03.02./14.03.2012 schlossen die Parteien zunächst einen Werkvertrag über die Bearbeitung (Zuschneiden, Fräsen und Bohren) von ca. 1.840 qm Alucobond-Platten sowie das Einbringen von Ausschnitten; die Platten waren für das Bauvorhaben „…“ bestimmt. Im Rahmen von Nachtragsvereinbarungen wurden weitere an den Platten zu erbringenden Arbeiten vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Angebote nebst Annahmeerklärungen der Beklagten (Abl. 12 ff.) Bezug genommen. Die Leistungen wurden in Tranchen erbracht und im Rahmen von Abschlagsrechnungen in Rechnung gestellt. Insgesamt bearbeitete die Klägerin im Rahmen des Vertragsverhältnisses 1.634,72 qm Platten, davon 1.295,98 qm in blau und 338,74 qm in silber. Die bearbeiteten und in Schutzfolie verschweißten Platten wurden von der Klägerin bzw. deren Subunternehmerin als Teil der vertraglich geschuldeten Leistung zunächst in Kisten und sodann in von der Beklagten bereit gestellte Container verpackt und anschließend durch eine von der Beklagten beauftragte Spedition in zwei Liefertransporten in die Mongolei verfrachtet. Die erste Lieferung mit 1.167 qm blauen Platten wurde am 13.06.2012 in Rheingau von einem Spediteur abgeholt und in die Mongolei verbracht. Am 10.09.2012 informierte der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin über von seinem Bauleiter am selben Tag angezeigte Mängel der von der Klägerin bearbeiteten Platten. Am Folgetag begab sich der Geschäftsführer der Beklagten nach Rheinstetten zum Betriebssitz der Klägerin. Vor Ort wurde eine der mit den bearbeiteten Platten bestückten Kisten, welche für den zweiten Transport bereitstanden, geöffnet; zwischen den ca. 50 Platten, die sich in der Kisten befanden, fanden sich zumindest vereinzelte Fräs- und Bohrabfälle, näheres ist zwischen den Parteien streitig. Sämtliche Kisten der zweiten Lieferung wurden daraufhin geöffnet und der Inhalt mit Pressluft gereinigt. Anschließend wurden auch diese Platten in die Mongolei transportiert, wo sie ohne Schäden ankamen.
Unter dem Datum 20.12.2013 (Abl. 26 f.) erteilte die Klägerin der Beklagten für die erbrachte Werkleistung im Rahmen des Bauvorhabens „…“ eine Schlussrechnung über insgesamt 33.826,92 €, aus welcher sich nach Abzugs zweier bereits bezahlter Abschlagsrechnungen noch ein Zahlungsbetrag in Höhe von € 12.724,41 ergab. Hierbei handelte es sich um die Summe der zuvor mit Abschlagsrechnungen Nrn. 3 und 4 berechneten Abschlagszahlungen. Die Bezahlung dieser Rechnung wurde seitens der Beklagten unter Verweis auf die Mangel- bzw. Schadhaftigkeit der Platten aus der Erstlieferung verweigert.
Auch im Rahmen des Bauvorhabens „…“ schlossen die Parteien am 07.02./14.03.2012 einen Einheitspreisvertrag, in dessen Rahmen sich die Klägerin zum Zuschneiden, Fräsen, Stanzen und Bohren von ca. 3.000 qm von der Beklagten bereit gestellter Alucobond-Platten auf Grundlage bauseits gelieferter Fertigungszeichnungen verpflichtete. Zudem verpflichtete sich die Klägerin zum Einnieten von ca. 7.500 Verstärkungsplatten beim Zusammenbau der Kassetten. Der Angebotspreis belief sich auf 64.974,00 € netto. Im Jahre 2012 kam es – wohl mangels Lieferung bzw. Abrufs der Platten – nicht zur Ausführung des Vertrages. Die Klägerin teilte der Beklagten hierauf mit Schreiben vom 17.06.2013 mit, dass sie als Folge der späteren Vertragsausführung die Preise wegen gestiegener Lohnkosten um 3.2 % anheben müsse. Dem widersprach die Beklagte nicht. In der Folgezeit wurden Rohplatten geliefert, von der Klägerin entsprechend der Fertigungszeichnungen bearbeitet und an die Beklagte (wohl in Tranchen) übergeben. Mit Schreiben vom 16.08., 07.10. sowie 19.12.2013 stellte die Klägerin der Beklagten Abschlagszahlungen über 9.195,87 €, 16.445,45 € sowie über 12.394,77 €, welche von der Beklagten ohne Beanstandungen bezahlt wurden.
Mit Schreiben vom 15.01.2014 stellte die Klägerin der Beklagten nach Erbringung entsprechender (Teil-)Werkleistungen eine weitere Abschlagsrechnung in Höhe von 10.154,76 €. Die Bezahlung dieser Rechnung wurde seitens der Beklagten verweigert mit der Begründung, die im Rahmen des Bauvorhabens „…“ bearbeiteten Platten seien schadhaft und müssten ausgetauscht werden. Die hierfür anfallenden Kosten habe die Klägerin zu tragen. Daraufhin verweigerte die Klägerin nach vergeblicher Anmahnung des offenen Rechnungsbetrags ihrerseits die Herausgabe einer von vier mit bearbeiteten Alucobond-Platten bestückten und zum Transport bereit stehender Kisten unter Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts. Zur Darstellung des Inhalts der zurückbehaltenen Kiste Nr. 4 wird auf die Packliste (Abl. 85) Bezug genommen. Die übrigen drei Kisten wurden in der Folge abgeholt und an ihren Bestimmungsort verbracht; Mängel wurden nicht geltend gemacht.
Im Rahmen des Bauvorhabens „…“ bearbeitete die Klägerin auf Grundlage eines mit der Beklagten geschlossenen Werkvertrags ebenfalls seitens der Beklagten zur Verfügung gestellte Alucobond-Rohplatten. Die Platten wurden nach Fertigstellung verpackt und der von der Beklagten beauftragten Spedition übergeben. Mängelrügen wurden in der Folge von der Beklagten nicht erhoben. Unter dem Datum 14.02.2014 rechnete die Klägerin ihre diesbezügliche Werkleistung entsprechend der vertraglich vereinbarten Einheitspreise mit einem Betrag in Höhe von 5.192,73 € (vgl. Abl. 41 f.) ab. Mit Schreiben der Klägerin vom 26.02.2014 und nachfolgend mit Anwaltsschreiben vom 06.03.2014 wurde der Rechnungsbetrag zur Zahlung angemahnt.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin die Summe der offenen Werklohnansprüche aus den genannten Werkverträgen geltend.
Sie behauptet, die Werklohnansprüche seien fällig. Die Werkleistung sei jeweils durch schlüssiges Verhalten abgenommen worden. Dies gelte auch für die Werkleistung, betreffend das Bauvorhaben „…“. Die von der Beklagten mangelfrei bearbeiteten Platten seien vor Ort montiert worden, womit schlüssig die Abnahme des Werks zum Ausdruck gebracht worden sei. Weder bei Übergabe der Platten an den Spediteur am 13.06.2012 noch unmittelbar vor der Montage seien Mängel an den Platten gerügt worden.
Aufrechenbare Gegenansprüche stünden der Beklagten nicht zu. Den ihr obliegenden Beweis der Mangelhaftigkeit der Platten, welche seitens der Klägerin bestritten werde, habe die Beklagte nicht erbracht. Es fehle schon an hinreichenden Darlegungen zum Schadensumfang.
Richtig sei, dass die Klägerin eine Kiste mit bearbeiteten Alucobond-Platten, welche für das Bauvorhaben „…“ vorgesehen gewesen seien, zurückbehalten habe. Hierzu sei sie infolge der Zahlungsverweigerung der Beklagten berechtigt gewesen. Unrichtig sei die Auffassung der Beklagten, die Klägerin könne aufgrund dessen nur eine Zug-um-Zug-Verurteilung erreichen.
Die Beklagte hat einen fälligen (Rest-)Werklohnanspruch der Klägerin im Rahmen des Bauvorhabens „…“ bestritten; die Platten seien nicht abnahmefähig gewesen, womit eine schlüssige Abnahme ausscheide. Hilfsweise hat sie mit einem Schadenersatzanspruch in die Restwerklohnforderung übersteigender Höhe aufgerechnet. Hierzu hat sie in erster Instanz zuletzt vorgetragen, mit der Erstlieferung der Klägerin im Rahmen des Bauvorhabens „…“, welcher die Abschlagsrechnungen Nrn. 1 und 2 zugrunde lägen, seien insgesamt 1.380,36 qm blaue Alucobond-Platten geliefert worden. Die Platten dieser Erstlieferung seien zu 90 % beschädigt gewesen. Hierfür sei ursächlich gewesen, dass die Platten nicht vollständig durchbohrt bzw. Bohrrückstände vor dem Verpacken nicht vollständig entfernt worden seien, weshalb es – möglicherweise aufgrund der Bewegungen während des Transports – zu Kratzern und Druckspuren auf den Platten gekommen sei. Richtig sei, dass die mangelhaften Platten – anstatt sie nach Deutschland zurückzuschicken und neue zu ordern und bearbeiten zu lassen – am Hotelgebäude angebracht worden seien. Dies sei erforderlich gewesen, weil es ansonsten zu Bauverzögerungen von mindestens sechs bis acht Monaten gekommen wäre und die Beklagte die Fassade erst einmal habe errichten und dämmen müssen, um den Anschluss an die Fernwärme zu ermöglichen, weil ansonsten aufgrund der verzögerten Inbetriebnahme ein Schaden in Millionenhöhe entstanden wäre. Dies ändere jedoch nichts daran, dass sämtliche beschädigten blauen Platten – es handele sich um mindestens 1.242,32 qm (90 % von 1.380,36 qm) – ausgetauscht werden müssten. Die ständigen Temperaturunterschiede mit sehr hohen Hitzegraden bis hin zu Temperaturen weit unter minus 30 °C führten zwangsweise dazu, dass sämtliche Platten über kurz oder lang korrodierten und aufgrund der zerstörten Schutzschicht massive Schäden aufwiesen. Sie müssten deshalb ersetzt werden.
Im Sicht- bzw. Eingangsbereich des Hotelgebäudes seien bereits 421 qm ausgetauscht worden. Für diesen Austausch sei der Beklagten ein Schaden von 15.366,50 € (36,50 € netto pro Quadratmeter Platten (incl. Transportkosten)) entstanden. Für die noch zusätzlich erforderliche Ersatzbeschaffung fielen weitere € 29.978,18 an. Insgesamt beliefen sich die Kosten der Ersatzbeschaffung auf mindestens 45.344,82 €. Mit dem Schadenersatzanspruch über € 15.366,50 und hilfsweise mit dem weitergehenden Schadenersatzanspruch rechne die Beklagte gegen den Werklohnanspruch der Klägerin aus dem Bauvorhaben „…“ und die weiteren streitgegenständlichen Werklohnansprüchen auf, womit die Ansprüche der Klägerin erfüllt seien.
Bezahlung der Rechnung betreffend das Bauvorhaben „…“ könne die Klägerin nur Zug um Zug gegen Herausgabe der zu Unrecht zurückbehaltenen Platten verlangen.
Hilfsweise, für den Fall, dass die Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen in Höhe von 45.344,82 € nicht durchgreifen sollte, hat die Beklagte im Wege der Hilfswiderklage die Freistellung von etwaigen Gewährleistungsansprüchen ihrer Vertragspartnerin im Rahmen des Bauvorhabens „…“ wegen der an der Hausfassade angebrachten blauen Fassade geltend gemacht.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
2.
Das Landgericht hat die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 912,50 € nebst Zinsen abgewiesen und die Beklagte im Übrigen antragsentsprechend zur Zahlung von € 27.159,40 nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten in geltend gemachtem Umfang verurteilt. Aufgrund der (Hilfs-)Widerklage hat es außerdem die Klägerin zur Freistellung der Beklagten von möglichen Gewährleistungsansprüchen gegenüber deren Auftraggebern verurteilt, die daraus resultieren, dass die am Hotel … in … an der Fassade montierten blau lackierten Alucobond-Platten durch Fräsreste, die zwischen den Platten lagen, beschädigt wurden.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die mit der Klage geltend gemachten (Rest-)Werklohnansprüche in Höhe von insgesamt € 28.071,90 stünden der Klägerin unstreitig zu. Gegen diese Forderungen habe die Beklagte wirksam mit einem Schadenersatzanspruch in Höhe von 912,50 € aufgerechnet. Aufgrund der Aussagen des Zeugen …, Bauleiter der Beklagten, und der Zeugen … und … sei davon auszugehen, dass mindestens 50 % der von der Klägerin bearbeiteten blauen Platten, welche Gegenstand der ersten Lieferung im Rahmen des Bauvorhabens „…“ gewesen seien, beschädigt gewesen seien. Sie hätten ringförmige Beschädigungen an der Schutzfolie und im Lack aufgewiesen, die von ausgestanzten Plättchen im Durchmesser von 4-5 mm herrührten. Ungeachtet dieser Beschädigung seien die Platten jedoch an die Fassade des Gebäudes montiert worden. Lediglich 10 Platten im Ausmaß von 25 qm im Sichtbereich einer Terrasse seien später wieder abgenommen und durch im November 2013 angelieferte neue Platten ausgetauscht worden. Die übrigen Platten der Lieferung vom November 2013 im Gesamtumfang von 450 qm seien für die Beplankung des 16. OG bestimmt gewesen. Die Beklagte könne danach nur die Kosten für die Ersatzbeschaffung von 25 qm Platten, nicht wie verlangt von 421 qm geltend machen. Auf Grundlage der von der Beklagten vorgelegten Rechnung (Abl. 82) gehe das Gericht von Anschaffungskosten (incl. anteiliger Frachtkosten) in Höhe von 36,50 € (ohne Mwst.) je Quadratmeter Platten aus. Der der Beklagten entstandene Schaden belaufe sich damit auf 912,50 €. Weitere Schadenersatzansprüche, welche die Beklagte zur Aufrechnung stellen könne, seien nicht gegeben. Zwar sei davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der von der Klägerin bearbeiteten Platten kleinere Beschädigungen aufwiesen. Der Auftraggeber der Beklagten habe bislang jedoch keine Gewährleistungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Es sei zudem ungeklärt, ob durchsetzbare Ansprüche überhaupt noch bestünden oder nach mongolischem Recht möglicherweise bereits verjährt seien. Möglich sei auch, dass die Beklagte allein deshalb nicht mehr in Anspruch genommen werde, weil die Baustelle aus Gründen, die nicht im Risikobereich der Klägerin lägen, nicht mehr fortgeführt werde. Da jedoch nicht auszuschließen sei, dass in Zukunft doch noch Gewährleistungsansprüche wegen der Lackschäden geltend gemacht würden, habe die Klägerin, die ihrerseits gegenüber der Beklagten gewährleistungspflichtig sei, diese aufgrund der Hilfswiderklage von einer möglichen Inanspruchnahme freizustellen.
3.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel der vollständigen Abweisung der Klage weiter. Zu Unrecht habe das Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die streitgegenständlichen Werklohnansprüche allesamt fällig seien. Die Fälligkeit des Werklohnanspruchs, das Bauvorhaben „…“ betreffend, sei zu verneinen; das Werk sei, wie die erstinstanzliche Beweisaufnahme ergeben habe, nicht abnahmefähig gewesen. Der Beklagten stünden zudem abweichend von der Auffassung des Landgerichts Schadenersatzansprüche gegen die Klägerin zu, welche die streitgegenständlichen Forderungen überstiegen. Die Beklagte könne von der Klägerin Zahlung der Kosten für die Ersatzbeschaffung neuer Alucobond-Rohplatten im Umfang der beschädigten Platten verlangen. Die Beklagte habe sich mit ihrer Vertragspartnerin – der sie nur die Lieferung der bearbeiteten Platten, nicht aber deren Montage geschuldet habe – darauf verständigt, dass anstelle der bearbeiteten Platten unbearbeitete Platten nachgeliefert und diese vor Ort durch Dritte bearbeitet würden. Aus Zeitgründen sei dies nicht anders möglich gewesen. Die (hilfsweise) Aufrechnung mit den insoweit begründeten Schadenersatzansprüchen der Beklagten habe entgegen der Auffassung des Landgerichts die Werklohnansprüche der Klägerin komplett zum Erlöschen gebracht. Die Beklagte habe nachgewiesen, dass im November 2013 467,51 qm Ersatzplatten geliefert worden seien. Diese Ersatzlieferung habe dazu gedient, den von der Klägerin verursachten Schaden zu begrenzen. Dass lediglich 25 qm dieser Ersatzplatten tatsächlich ausgetauscht worden seien, sei nicht von der Beklagten zu vertreten, die lediglich die Lieferung geschuldet habe. Nach der vom Landgericht als glaubhaft gewerteten Aussage des Zeugen Lorenz seien 60 % der mit der ersten Lieferung versandten 1.380,36 qm blauen Alucobond-Platten, mithin 816,21 qm Platten beschädigt gewesen. Unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Ersatzlieferung verblieben beschädigte Alucobond-Platten im Umfang von 395,21 qm. Die Beklagte könne nicht nur Erstattung der Kosten der bereits getätigten Ersatzlieferung verlangen. Vielmehr könne die Beklagte den Geldbetrag verlangen, der für die Wiederbeschaffung sämtlicher beschädigter Platten erforderlich sei. Die Ansprüche seien auch nicht ausgeschlossen, weil die Beklagte ihrer unverzüglichen Rügepflicht nicht nachgekommen sei. Die Klägerin bzw. deren Subunternehmerin habe die Platten eigenständig zum Transport verpackt und die Platten bis zum Transport auch vorgehalten, weshalb eine Untersuchung nicht habe stattfinden können. Für den Fall, dass man die Richtigkeit der Rechtsauffassung des Landgerichts im Hinblick auf die Schadenersatzansprüche unterstelle, sei nicht nachvollziehbar, warum das Landgericht die Beklagte bezüglich des Bauvorhabens … zur unbedingten Zahlung verurteilt habe, obwohl die Klägerin eine von vier Kisten mit bearbeiteten Platten zurückbehalten habe. In Höhe von 10.154,76 € hätte das Landgericht die Beklagte nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Inhalts der vierten Palette bzw. Kiste (vgl. zum Inhalt die Darstellung in der Berufungsbegründung Abl. 236) zur Zahlung verurteilen dürfen. Mittlerweile sei jedoch die Herausgabe der seitens der Klägerin unberechtigterweise zurückbehaltenen Platten für die Beklagte nicht mehr von Interesse. Der Materialwert der von der Klägerin einbehaltenen Platten belaufe sich auf einen Nettobetrag von € 14.226,13 (vgl. die Kostenaufstellung der Kiste Nr. 4 auf Bl. 251 d.A.). In Höhe dieses Materialwerts, welchen die Klägerin der Beklagten zu ersetzen habe, werde ausdrücklich die Aufrechnung erklärt.
Die Beklagte beantragt: Das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Ulm, Aktenzeichen 2 O 161/14, vom 14.04.2015 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt: Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Den behaupteten Schadenersatzanspruch, mit welchem die Aufrechnung erklärt worden sei, habe die Beklagte nicht schlüssig begründet. Selbst wenn man, was jedoch bestritten werde, davon ausgehe, dass 60 % der Alucobond-Platten der Erstlieferung im Rahmen des Bauvorhabens „…“ zur Zeit der Ankunft der Platten in der Mongolei beschädigt gewesen seien, liege auf Seiten der Beklagten kein weitergehender Schaden vor als derjenige, welcher der Beklagten erstinstanzlich zuerkannt worden sei. Die Beklagte habe erstinstanzlich selbst eingeräumt, dass sie seitens ihres Auftraggebers bislang wegen der beschädigten Alucobond-Platten nicht in Anspruch genommen worden sei. Mit einer Inanspruchnahme sei auch nicht mehr zu rechnen, da sich der Investor aus dem Bauvorhaben zurückgezogen habe und das Gebäude nun als Rohbau mit teurer Fassade leer stehe. Der Eigentümer des Gebäudes verfüge nicht über die Mittel, das Vorhaben fertigzustellen. Auch die Ansicht der Beklagten, mit der Beschädigung der Alucobond-Platten wäre das Eigentum der Beklagten beschädigt worden, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Sollte die Beklagte unter diesem Gesichtspunkt zu irgendeinem Zeitpunkt einen Schaden gehabt haben, sei dieser Schaden jedenfalls nicht mehr gegeben. Die Beklagte sei nicht mehr Eigentümerin der Alucobond-Platten und sei für die gelieferten Platten von ihrem Auftraggeber bezahlt worden. Auch Gewährleistungsrechte seien nicht geltend gemacht worden. Aus finanzieller Sicht habe die Beklagte keinen Schaden erlitten. Soweit die Beklagte im Rahmen der Berufung erstmals einen weiteren Aufrechnungstatbestand im Hinblick auf die von der Klägerin zurückbehaltene Palette mit Platten behaupte, sei der diesbezügliche Vortrag verspätet. Vorsorglich werde der Vortrag bestritten.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass die streitgegenständlichen Werklohnansprüche zur Zahlung fällig sind und nicht infolge Aufrechnung der Beklagten mit Schadenersatzansprüchen jedenfalls im Umfang von mehr als 912,50 € erloschen sind. Infolge Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts seitens der Beklagten hätte die Verurteilung zur Zahlung in Höhe von 10.154,76 € zwar nur Zug um Zug gegen Herausgabe der seitens der Klägerin zurückbehaltenen Platten erfolgen dürfen. An der Gelendmachung eines Zurückbehaltungsrecht hat die Beklagte jedoch in der Berufungsinstanz infolge Wegfalls des Interesses nicht länger festgehalten. Mit ihrem statt dessen zur Aufrechnung gestellten Schadenersatzanspruch ist die Beklagte in der Berufung ausgeschlossen.
1. Unstreitig haben die Parteien drei Werkverträge geschlossen, aufgrund derer die Klägerin verpflichtet war, von der Beklagten zur Verfügung gestellte Alucobond-Rohplatten entsprechend den Vorgaben der Beklagten zu bearbeiten und – in Kisten verpackt – zur Abholung bereit zu stellen. Aus diesen Verträgen erwächst der Klägerin ein Anspruch auf die vereinbarte Vergütung (§ 631 Abs. 1 BGB).
2. Die mit der Klage geltend gemachten Werklohnansprüche sind fällig.
a) Der Werklohnanspruch ist – vorbehaltlich einer Sondervereinbarung – bei der Abnahme des Werks zur Zahlung fällig; dies gilt, wenn das Werk in Teilen abzunehmen ist und die Vergütung für jeden einzelnen Teil bestimmt ist, auch für Teile des Werks (§ 641 Abs. 1 BGB).
Einer Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung für den Werklohnanspruch bedarf es ausnahmsweise nicht, wenn der Auftraggeber nicht mehr die Erfüllung des Vertrags, sondern Minderung oder Schadenersatz verlangt oder die Abnahme des Werks ernsthaft und endgültig ablehnt und damit zu verstehen gibt, dass er die Leistungen des Auftragnehmers nicht mehr annehmen will (BGH NJW 2006, 2475; NJW 2005, 3574; Werner in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage, Rn. 1787).
b) Nach diesen Grundsätzen kann die Klägerin von der Beklagten Zahlung der streitgegenständlichen Werklohnvergütung verlangen.
aa) Die von der Klägerin im Rahmen des Bauvorhabens „…“ bearbeiteten Platten wurden seitens der Beklagten stillschweigend durch schlüssiges Verhalten abgenommen. Sowohl der Werklohnanspruch dem Grunde nach wie auch dessen Höhe – hier 5.192,73 € – sind zwischen den Parteien unstreitig.
bb) Fällig ist auch der Werklohnanspruch über 10.154,76 € im Rahmen des Bauvorhabens „…“. Zwar ist das vertraglich geschuldete Werk noch nicht vollständig erbracht. Damit korrespondierend verlangt die Klägerin aber auch nicht den vertraglich vereinbarten Werklohn, vielmehr die Bezahlung einer Abschlagsrechnung. Ein Anspruch auf Bezahlung dieser Abschlagsrechnung besteht jedenfalls auf Grundlage von § 632 a BGB. Nach dieser Bestimmung kann der Unternehmer von dem Besteller für eine vertragsgemäß erbrachte Leistung eine Abschlagszahlung in der Höhe verlangen, in der der Besteller durch die Leistung einen Wertzuwachs erlangt hat. Die erforderliche „vertragsgemäße Leistung“ liegt vor, wenn sie die Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs. 2 BGB hat und im Wesentlichen mangelfrei erbracht worden ist. Hiervon ist im Streitfall auszugehen. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass das (Teil-)Werk, für welches sie Vergütung verlangt, mangelfrei erbracht wurde. Der Wertung, „eine vertragsgemäß erbrachte (Teil-)Leistung“ im Sinne von § 632 a BGB liege vor, steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin einen Teil des Werks, welches der Abschlagsrechnung zugrunde liegt, nämlich eine von vier mit Platten bestückten Kisten, zurückbehalten hat. Denn die Vorleistungspflicht des Werkunternehmers umfasst nicht die Pflicht zur Ablieferung vor Zahlung (vgl. hierzu H.C. Schwenker in: Erman BGB, Kommentar, § 647 BGB Rn. 9); dementsprechend ist auch dann von einer „vertragsgemäß erbrachten Leistung“ auszugehen, wenn das Werk unter Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts bis zur Zahlung nicht herausgegeben wird. Aus demselben Grund muss – ungeachtet des ausgeübten Zurückbehaltungsrechts – auch davon ausgegangen werden, die Beklagte habe durch die „vertragsgemäß erbrachte Leistung“ einen Wertzuwachs erlangt, der sich auf den Inhalt sämtlicher vier Kisten bezieht und der Höhe nach den vereinbarten und auch berechneten Einheitspreisen entspricht. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte ihrerseits ein Zurückbehaltungsrecht an dem Werklohn geltend gemacht hatte mit der Begründung, ihr stünden gegen die Klägerin Ansprüche aufgrund der mangelhaften Platten zu. Denn ein derartiges Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB, welches sich auf Gegenansprüche aus einem anderen Vertragsverhältnis gründet, hätte die Beklagte allenfalls im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung ausüben können (Staudinger/Claudia Bittner (2014), BGB § 273 Rn. 38 ff., 41, 58). Dass eine derartige ständige Geschäftsbeziehung seinerzeit gegeben war, ist nicht ersichtlich.
An dem noch in erster Instanz geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht an dem Werklohn bis zum Erhalt der mit dem Werklohn u.a. berechneten Platten (Kiste Nr. 4) hat die Beklagte in der Berufung nicht mehr festgehalten, sondern statt dessen unter Hinweis auf ihr mangelndes Interesse an den Platten (das Objekt, für welches die Platten bestimmt waren, ist abgebrannt) einen Schadenersatzanspruch, gestützt auf die unberechtigte Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts, zur Aufrechnung gestellt. Angesichts der dargestellten Interesselosigkeit kann nicht davon ausgegangen werden, die Beklagte würde sich weiterhin ggf. hilfsweise auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Dementsprechend kann die Klägerin den Werklohn ohne Zug-um-Zug-Bindung verlangen.
cc) Auch der Werklohnanspruch der Klägerin im Rahmen des Bauvorhabens „…“ in unstreitiger Höhe von € 12.724,41 ist zur Zahlung fällig. Zwar lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen, dass die Beklagte die betreffende Werkleistung durch schlüssiges Verhalten abgenommen hat. Allein die rügelose Übernahme der von der Klägerin bearbeiteten Platten, die im Streitfall für den Transport verpackt worden waren und schon deshalb zur Zeit der Übernahme durch die Spedition am 13.06.2012 nicht auf Mängel hin überprüfbar waren, stellt keine Abnahme durch schlüssiges Verhalten dar. Ebenso wenig kann in der Nutzung der Platten vor Ort ohne weiteres eine Abnahme des Werks durch schlüssiges Verhalten gesehen werden. Denn auch bei Nutzung des zur Verfügung gestellten Werks ist dem Besteller beginnend mit dem Zeitpunkt der ersten Nutzungshandlung eine gewisse Prüfungszeit einzuräumen, wobei die Angemessenheit der Zeitspanne von den Umständen des Einzelfalles abhängt; so hat etwa der Bundesgerichtshof je nach den Umständen eine sechsmonatige Prüfungsfrist grundsätzlich für angemessen erachtet (vgl. BGH, BauR 2013, 2031). Vorliegend ist weder vorgetragen worden, wann mit der Montage der Platten an deren Bestimmungsort in der Mongolei begonnen wurde noch ist ersichtlich, dass bereits mit Beginn der Montage offenkundig werden musste, ob bzw. dass die Platten Schäden aufweisen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Platten zum Schutz mit einer Folienbeschichtung geliefert und montiert wurden; diese Schutzfolie war nach dem Vorbringen der Beklagten zur Zeit der Mängelrüge noch nicht entfernt worden, weshalb nachvollziehbar ist, dass die etwaigen Beschädigungen – soweit diese die streitgegenständliche Rechnung betreffen – erst aufgrund der Überprüfung seitens des Bauleiters der Beklagten im September 2012 festgestellt wurden. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf eine Prüf- und Rügepflicht der Beklagten. Weder ist ersichtlich, dass die Parteien eine entsprechende Pflicht vereinbart hätten noch lässt sich eine Prüf- und Rügepflicht aus § 377 HGB herleiten. Denn auf den Werkvertrag ist die handelsrechtliche Rügepflicht nicht anzuwenden, wie sich aus § 381 Abs. 2 BGB ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 09.10.2001 – X ZR 58/00). Dementsprechend kann auch nicht von einer Abnahme infolge schlüssigen Verhaltens wegen Verlustes des Mängelrügerechts ausgegangen werden.
Gleichwohl ist der Werklohn der Klägerin, das Bauvorhaben „…“ betreffend, zur Zahlung fällig. Denn die Beklagte hält dieser Werklohnforderung einen Schadenersatzanspruch entgegen und bringt zum Ausdruck, das sie eine vertragsgerechte Leistung der Beklagten nicht mehr annehmen möchte, womit es auf eine Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung nicht mehr ankommt. Das Vertragsverhältnis hat sich in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt (vgl. hierzu etwa BGH NJW 2005, 2771; OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.07.2014 – I-21 U 193/13, 21 U 193/13, NJW-Spezial 2014, 588 f.; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 74. Auflage, § 641 Rn. 4).
3. Der danach fällige Gesamtwerklohnanspruch der Klägerin in Höhe von 28.071,90 € ist über den vom Landgericht anerkannten Teilbetrag von 912,50 € hinaus nicht infolge Aufrechnung seitens der Beklagten erloschen. Der von der Beklagten geltend gemachte (weitere) Schadenersatzanspruch wegen mangelhafter Werkleistung im Rahmen des Bauvorhabens „…“ bzw. wegen Beschädigung der zur Verfügung gestellten Alucobond-Platten steht ihr weder nach den gewährleistungsrechtlichen Bestimmungen noch unter dem Aspekt der Eigentumsverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) zu.
a) Als denkbare Anspruchsgrundlagen für den von der Beklagten geltend gemachten Schadenersatzanspruch kommen vorrangig Schadenersatzansprüche nach den gewährleistungsrechtlichen Bestimmungen des Werkvertragsrechts, nämlich § 634 Nr. 4 BGB i.V.m. §§ 280 Abs. 1,3, 281 BGB einerseits und § 634 Nr. 4 BGB i.V.m. § 280 BGB andererseits in Betracht. Im Ergebnis kann dahin stehen, welcher der genannten Anspruchsgrundlagen der von der Beklagten geltend gemachte Schaden unterfällt. Soweit § 281 BGB einschlägig ist, fehlt es an der erforderlichen Fristsetzung. Auf Grundlage von § 280 BGB kann die Beklagte den konkret geltend gemachten Schaden nicht durchsetzen, weil es sich bei dem Schaden nicht um denjenigen handelt, welcher aus der Mangelhaftigkeit des Werks unmittelbar resultiert; ein Schaden in Gestalt der Kosten für die Ersatzbeschaffung neuer Alucobond-Rohplatten würde vielmehr erst anfallen, wenn und soweit die Beklagte eine Nacherfüllung verlangen würde. Den isolierten Kostenbetrag für die Alucobond-Rohplatten als dem Teil des ohnehin anfallenden Schadensbetrages im Falle der Nacherfüllung kann sie aufgrund des Vorrangs der Nacherfüllung nicht ersetzt verlangen.
aa) Die Rechte gemäß § 634 BGB stehen dem Besteller grundsätzlich erst ab dem Gefahrübergang und damit in der Regel ab der Abnahme zu. Bis zur Abnahme hat der Besteller demgegenüber nur einen auf Verschaffung (Herstellung) des versprochenen mangelfreien Werks gerichteten Erfüllungsanspruch. Seine Rechte auch bezüglich Leistungsstörungen richten sich insoweit dem Grunde nach nach den allgemeinen Vorschriften (OLG Köln NJW 2013, 1104). Im Stadium vor der Abnahme oder dem Eingreifen der Abnahmefiktion kann der Besteller die Rechte aus §§ 634 ff. BGB nur in Ausnahmefällen geltend machen. Eine solche Ausnahme ist gegeben, wenn der Unternehmer das aus seiner Sicht mangelfreie und fertige Werk abliefert, der Besteller jedoch wegen Mängeln des Werks die Abnahme verweigert (OLG Köln a.a.O.m.w.N.). Diese Umstände sind vorliegend gegeben. Die Klägerin hat die Platten, deren Mangelhaftigkeit die Beklagte behauptet, entsprechend den Vorgaben der Beklagten bearbeitet, verpackt und der Spedition zum Zwecke des Versands übergeben. Die Beklagte verweigert die Abnahme und macht, gestützt auf die Mangelhaftigkeit des Werks, Schadenersatzansprüche geltend. Damit kommt das werkvertragliche Mängelgewährleistungsrecht zur Anwendung.
bb) Gemäß § 634 Nr. 4 BGB kann der Besteller die dort genannten Rechte geltend machen unter der Voraussetzung, dass das Werk mangelhaft ist. Hiervon ist im vorliegenden Falle auszugehen.
Ein Mangel im Sinne von §§ 633, 634 BGB ist jede Abweichung der Istbeschaffenheit des Werks von der Sollbeschaffenheit. Die Sollbeschaffenheit richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Geschuldet ist das gesamte vereinbarte Werk in der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit oder – mangels entsprechender Abreden – in einer Form, dass es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder gewöhnlichen Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art ähnlich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten darf (§ 633 Abs. 1 BGB). Was darunter zu verstehen ist, ist anhand des Erfolgs zu bestimmen, der von den Parteien bei Vertragsschluss vorausgesetzt wurde. In jedem Fall ist, soweit sich aus dem Vertrag nichts anderes ergibt, ein funktionstaugliches Werk (sog. funktionsloser Mangelbegriff) geschuldet.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe stellen die von der Beklagten reklamierten „Schäden“ an den von der Klägerin im Rahmen des Bauvorhabens „…“ gelieferten Platten einen Mangel im Sinne der §§ 633, 634 BGB dar. Die Beklagte macht geltend, die Platten seien zwar entsprechend der Vorgaben der Beklagten bearbeitet worden; es seien jedoch weder im Zuge der Fräsarbeiten selbst noch anlässlich der vertraglich ebenfalls geschuldeten Verpackung Fräs- und Bohrreste vollständig entfernt worden, weshalb die Platten in zerkratzter bzw. beschädigter Form in der Mongolei angekommen seien. Die so herbeigeführten Schäden, aufgrund derer die Platten ihre vertraglich vorausgesetzte Funktionstauglichkeit verloren haben, beruhen zwar nicht auf einer Verletzung der Hauptleistungspflicht, aber auf der Verletzung einer ebenfalls erfolgsbezogenen (Neben-)Leistungspflicht. Die Klägerin war vertraglich nicht nur verpflichtet, die Platten zu bearbeiten, sondern auch zu verpacken, wobei es Teil der geschuldeten Arbeiten, sei es im Rahmen der Hauptleistung oder der Nebenleistung, war, angefallene Fräsreste restlos zu entfernen. Diese Pflicht hat die Klägerin nicht erfüllt. Infolge dieser leistungsbezogenen Pflichtverletzung, die zu Schäden an den Platten geführt hat, haben nicht nur die Platten für sich genommen ihre Funktionsfähigkeit verloren, vielmehr hat zugleich auch das Werk der Klägerin, das in der Zurverfügungstellung gebrauchstauglicher Platten für die Fassadenbeplankung bestand, seine Funktionsfähigkeit noch vor Gefahrübergang (Abnahme) verloren. Dabei kann bei natürlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht zwischen zunächst mangelfrei erbrachtem Werk einerseits und pflichtwidriger Unterlassung der Entfernung von Bohrresten andererseits unterschieden werden. Erst nach Bearbeitung der Platten entsprechend der Vorgaben und Entfernung der Bohrreste als Teil der vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der anschließenden Verpackung war die werkvertraglich übernommene Verpflichtung abgeschlossen; zu diesem Zeitpunkt war der zur Funktionsuntauglichkeit führende „Schaden“ bereits angelegt, wobei sich die Funktionsuntauglichkeit auf die komplette Platte einschließlich der Arbeiten an den Platten erstreckt. Denn die Platten einschließlich in ihrer von der Klägerin herbeigeführten Form können auf Dauer nicht genutzt werden; eine Trennung zwischen Funktionsuntauglichkeit der Platte einerseits und den Arbeitsergebnissen andererseits erscheint auch angesichts des Umstandes, dass die Platte das eigentliche Leistungssubstrat darstellt, also kein anderes Eigentum des Bestellers betroffen ist und primär das Äquivalenzinteresse der Beklagten betroffen ist, fernliegend (vgl. hierzu etwa Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 17.12.2010 – 6 U 79/09, BauR 2012, 1440).
cc) Der von der Beklagten geltend gemachte Schaden unterliegt den Regelungen zum Schadenersatz statt der Leistung (§ 643 Nr. 4 i.V.m. §§ 280 Abs.1, 3, 281 BGB). Seine Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben.
(1) Vom Schadenersatz statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280 Abs 1, 3, 281 BGB werden solche Schäden erfasst, die nicht eingetreten wären, wenn der Werkunternehmer im spätestmöglichen Zeitpunkt ordnungsgemäß nacherfüllt hätte. Der neben den Anspruch auf Nacherfüllung tretende Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB erfasst demgegenüber alle Schäden, die durch die Pflichtverletzung endgültig entstanden sind und durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung nicht beseitigt werden können (BGH NJW 2009, 2674; OLG Hamm NJW-RR 2013, 1002/04; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Auflage, § 280 Rn. 18). Die Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB sowie aus § 280 Abs. 3 i.V.m. §§ 281 ff. BGB ergänzen sich im Falle einer mangelhaften Leistung in der Weise, dass sie zu einem vollständigen Ausgleich des entstandenen Schadens führen.
Bei der Abgrenzung zwischen denjenigen Mängeln, die unter § 281 BGB und denjenigen, die unter § 280 BGB fallen, muss die Intention des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der Rechte im Falle der Mangelhaftigkeit des Werks im Vordergrund stehen. Der Gesetzgeber wollte mit der vorrangig vorgesehenen Nacherfüllung erreichen, dass die Vertragspartner zunächst möglichst lange an dem von ihnen abgeschlossenen Vertrag festhalten. Ein frühzeitiger Ausstieg des Bestellers sollte verhindert werden. Dem Unternehmer wird deshalb das Recht der zweiten Andienung eingeräumt. Ist das Werk mangelhaft, hat der Besteller dem Unternehmer zunächst die Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben; es besteht eine Nacherfüllungspflicht, aber auch das Recht zur Nachbesserung. Dem Unternehmer ist es überlassen, in welchem Umfang und auf welche Weise er einen Mangel beseitigen will. Er trägt das Risiko seiner Arbeit und er muss daher grundsätzlich allein entscheiden können. Solange die Nacherfüllung möglichst ist, steht dem Besteller dementsprechend grundsätzlich „nur“ das Recht zu, Nacherfüllung verlangen zu können. Mit dem Vorrang der Nacherfüllung vor dem Schadenersatz korrespondiert die Pflicht, nach § 281 Abs 1 S. 1 BGB eine Nachfrist zur Nacherfüllung zu setzen, deren es nur in Ausnahmefällen nicht bedarf.
(2) Der Vorrang der Nacherfüllung ist vorliegend nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Nacherfüllung in Gestalt der Neuherstellung unmöglich geworden wäre (§ 275 Abs. 1 BGB). Zwar soll – stellt man auf den Vortrag der Beklagten ab – eine Nacherfüllung in Gestalt der Mangelbeseitigung unmöglich sein; es bliebe jedoch auch in diesem Fall die Möglichkeit zur Neuherstellung des Werks, worauf sich dementsprechend die Nacherfüllungspflicht der Klägerin konkretisiert hätte. Der Annahme, dass die Nacherfüllung noch möglich ist, steht nicht entgegen, dass der von der Beklagten gelieferte Stoff – die Alucobond-Rohplatten – als Grundlage des ursprünglich von der Klägerin zu errichtenden Werks irreparabel beschädigt sein soll. Denn auch wenn es sich bei den Alucobond-Rohplatten um das Leistungssubstrat handelt, ist dieses Leistungssubstrat nach allgemeinen Merkmalen bestimmbar und ohne weiteres wiederbeschaffbar. Angesichts der Austauschbarkeit der Alucobond-Rohplatten entspricht es dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss, dass für den Fall der Unmöglichkeit der Nachbesserung des Werks die Nacherfüllung unter Beschaffung neuer Alucobond-Platten erfolgt (vgl. zur Nacherfüllung beim Stückkauf BGH, Urteil vom 07.06.2006 – VIII ZR 209/05). Wollte man dies anders sehen, nähme man dem Unternehmer unbeschadet des Umstandes, dass es sich bei den streitgegenständlichen Alucobond-Platten letztlich nur um den jederzeit wiederbeschaffbaren Stoff handelt, mit welchem die Klägerin das vertraglich geschuldete Werk errichten sollte, eine von Gesetzes wegen eingeräumte Möglichkeit der Nacherfüllung und umgekehrt dem Besteller das Recht, Nacherfüllung in Gestalt der Neuherstellung zu verlangen; dies entspricht erkennbar nicht dem Willen des Gesetzgebers, wie er in § 635 BGB zum Ausdruck kommt.
(3) Der von der Beklagten geltend gemachte Schaden in Gestalt der Anschaffungskosten für neu zu beschaffende Alucobond-Rohplatten ist Teil der Verpflichtungen, welche die Klägerin im Falle der Nacherfüllung treffen würde. Nach § 635 Abs. 2 hat der Unternehmer „die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten“ zu tragen. Der Anspruch umfasst den gesamten für die Beseitigung des Mangels notwendigen Aufwand. Dabei betrifft die Kostenpflicht des Unternehmers nicht nur die eigentliche Mangelbehebung, sondern weitgehend alles, was vorbereitend erforderlich ist, um den Mangel an der eigenen Leistung zu beheben und das Werk wieder herzustellen. Der Unternehmer schuldet die dann mangelfreie Wiederherstellung des geschuldeten Werks. Von der Kostenpflicht des Unternehmers gemäß § 635 Abs. 2 BGB umfasst sind danach zunächst alle Kosten, die für die Behebung des Mangels selbst erforderlich sind. Hierzu gehören im Falle der Neuherstellung des Werks die hierzu erforderlichen Materialkosten, und zwar nicht nur diejenigen, welche für das eigene Werk erforderlich sind, sondern auch die Beschaffungskosten für das Leistungssubstrat jedenfalls dann, wenn sich wie im vorliegenden Fall der Mangel im Werk selbst ausdrückt und das Leistungssubstrat der Gattung nach ohne weiteres beschaffbar ist. Denn der Sache nach handelt es sich auf Grundlage des hier vertretenen Verständnisses des Mangelbegriffs um einen Teil des wiederherzustellenden Werks. Der Umfang der im Rahmen der Nacherfüllung zu tragenden Kosten erfasst darüber hinaus sämtliche Schäden am sonstigen Eigentum des Bestellers, die im Zuge der Nachbesserung zwangsläufig entstehen. Die Kostenpflicht des Unternehmers ist auch gegeben, wenn er den Mangel nicht verschuldet hat. Anderenfalls liefe der Besteller Gefahr, die Erfüllung seines Anspruchs auf Mängelbeseitigung aus seinem Vermögen bezahlen zu müssen (jurisPK-BGB 7. Aufl./Genius, § 635 BGB Rn. 11).
(4) Ist damit die Übernahme der Kosten für das „Deckungsgeschäft“ in Gestalt der Wiederbeschaffung von Alucobond-Rohplatten Teil der Nacherfüllungsverpflichtung der Klägerin im Sinne von § 635 BGB, unterliegt der streitgegenständliche Anspruch, gerichtet auf Erstattung der erforderlichen Kosten für die Ersatzbeschaffung, als „Schadenersatzanspruch statt der Leistung“ den Anforderungen des § 281 BGB. Die Beklagte hat es jedoch versäumt, der Klägerin eine Nachfrist zur Nacherfüllung zu setzen (§ 281 Abs. 1 BGB). Dass die Fristsetzung entbehrlich wäre, ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Klägerin die Nacherfüllung nicht endgültig abgelehnt. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, die Nacherfüllung in Gestalt der Neuherstellung sei aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen, trifft dies nicht zu. Denn die mangelhaften Platten wurden am Bestimmungsgebäude lediglich vorläufig angebracht, bis heute nur in geringfügigem Umfang ausgetauscht und die angeführte Korrosion erfolgt wie von der Beklagten selbst vorgetragen nur nach und nach. Zeitliche Aspekte spielten danach für die Frage der Inanspruchnahme der Klägerin keine Rolle.
(5) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie mache nur den Teil des Schadenersatzanspruches statt der Leistung geltend, der auf Seiten der Klägerin als Kostenübernahmeanspruch auch verblieben wäre, wenn die Frist gesetzt worden wäre. Denn durch den Verzicht auf den Erfüllungsanspruch im Übrigen und den Umstand, dass die Nacherfüllungskosten in Gestalt der Wiederbeschaffungskosten für die Alucobond-Platten „sowieso“ angefallen wären, kann sich die Beklagte nicht den Weg zu dem Anspruch nach § 281 BGB eröffnen, obwohl dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Dies gilt schon deshalb, weil hierdurch die Rechtsposition des Unternehmers unzulässig beschnitten würde, der für sich das Recht der zweiten Andienung in Anspruch nehmen kann und dem insbesondere im Rahmen des Nacherfüllungsbegehrens die Wahl zwischen einer Nachbesserung und einer Neuherstellung, jedenfalls ein Prüfungsrecht obliegt.
dd) Ein Schadenersatzanspruch der Beklagten in Gestalt der Kosten für die Ersatzbeschaffung von Alucobond-Rohplatten in Geld wäre aber auch dann zu verneinen, wenn man abweichend von der hier vertretenen Auffassung davon ausginge, dass die Kosten für die Rohplatten, für deren Wiederbeschaffung die Beklagte Schadenersatz verlangt, nicht unter diejenigen Kosten fallen, welche die Klägerin im Rahmen der Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 2 BGB zu tragen hätte, weil es sich bei den Rohplatten um das Leistungssubstrat handelt, welches von der Beklagten zum Zwecke der Durchführung des Werks zur Verfügung zu stellen war und die Wiederbeschaffung der Rohplatten damit nicht Teil des nachzuerfüllenden Werks ist. Auch in diesem Falle bliebe es jedoch dabei, dass die Kosten für die Beschaffung der Rohplatten in Geld auch auf Grundlage von § 280 BGB nur verlangt werden könnte unter der Voraussetzung, dass der Klägerin zugleich Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben würde, also die Platten zum Zwecke der Nacherfüllung zur Verfügung gestellt werden. Hieran hat die Beklagte im Streitfall jedoch kein Interesse mehr, weil sie sich mit ihrem Vertragspartner, für welchen die bearbeiteten Platten bestimmt waren, darauf verständigt hat, dass unbearbeitete Platten nachgeliefert werden. Die Beklagte macht damit im Wege des Schadenersatzes einen Anspruch geltend, der nicht durch die Schlechterfüllung des Werkvertrags eingetreten ist. Denn der bei ihr angefallene Schaden besteht darin, dass sie bearbeitete Platten mit Kratzern hat, nicht aber beschädigte unbearbeitete Platten. Dieser Schaden in Gestalt der nochmaligen Beschaffung der Platten wäre der Beklagten – die Einigung mit ihrem Vertragspartner hinweggedacht – nur angefallen, wenn sie von der Klägerin Nacherfüllung verlangt hätte. In diesem Falle hätte sie der Klägerin – da nur die Neuherstellung des Werks in Betracht kommen soll – im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht neue Platten zur Verfügung zu stellen gehabt, deren Kosten ggf. die Klägerin nach § 280 BGB zu tragen hätte. Die isolierte Geltendmachung der Kosten für die Platten kommt demgegenüber nicht in Betracht.
Auch dieser rechtlichen Bewertung liegt die gesetzgeberische Intention zugrunde, dass die Nacherfüllung den Vorrang vor den sonstigen Mängelgewährleistungsrechten genießt (BGH, Urteil vom 23.02.2005 – VIII ZR 100/04, WM 2005, 945 ff.) und der Besteller dem Unternehmer die Nacherfüllung auch ermöglichen muss (BGH NJW 2006, 1195). Dabei obliegt dem Unternehmer im Rahmen eines Nacherfüllungsbegehrens die Wahl zwischen einer Nachbesserung und einer Neuherstellung, die sich auf die Neuherstellung nur dann konzentriert, wenn die Nachbesserung unmöglich ist. Aus der Sicht des Unternehmers stellt sich der Vorrang der Nacherfüllung als Nacherfüllungsrecht bzw. „Recht zur zweiten Andienung“ dar, das insoweit seinem Schutz dient, als er durch die Nacherfüllung die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen des Bestellers abwenden kann (BGH, Urteil vom 23.02.2005 a.a.O.). Dem erfüllungsbereiten Unternehmer würde die Möglichkeit genommen, sich den Werklohn durch eine „zweite Andienung“ endgültig zu verdienen, wenn der Besteller die Möglichkeit hätte, Geldersatz für die Wiederbeschaffung der Alucobond-Rohplatten zu verlangen, ohne dem Unternehmer zugleich die Gelegenheit zu geben, Nacherfüllung mit Hilfe des dann wieder zur Verfügung stehenden Leistungssubstrats zu leisten. Der gesetzliche Vorrang der Nacherfüllung beziehungsweise das Recht zur zweiten Andienung würden unterlaufen, wenn der Besteller zwar einen Anspruch auf Ersatz für die Wiederbeschaffung des Werkmaterials hätte, dem Unternehmer jedoch keine Gelegenheit geben müsste, das vertraglich vereinbarte Werk neu herzustellen. Dies widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, der den Interessen des Bestellers – von den Fällen der Entbehrlichkeit der Fristsetzung abgesehen – durch das in den Gewährleistungsrechten enthaltene Recht zur zweiten Andienung hat Rechnung tragen wollen. Der Besteller hätte es in der Hand, die Nacherfüllung zu vereiteln, indem er über § 280 BGB zwar die Kosten des für die Nacherfüllung notwendigen Materials im Sinne des Leistungssubtrats verlangen könnte, dem Unternehmer jedoch dessen ungeachtet keine Gelegenheit zur Nacherfüllung geben müsste.
Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dem Unternehmer entstehe im Falle der bloßen Geltendmachung der Kosten für das Rohmaterial kein Nachteil, weil er diese Kosten für den Fall, dass der Besteller Nacherfüllung verlange, im Wege des Schadenersatzes ohnehin zu tragen hätte. Auch dem ist entgegenzuhalten, dass die vom Besteller grundsätzlich einzuräumende Gelegenheit zur Nacherfüllung es dem Unternehmer nicht nur ermöglicht, das Werk daraufhin zu überprüfen, ob der behauptete Mangel besteht und ob er bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat, auf welcher Ursache er beruht sowie ob und auf welche Weise er beseitigt werden kann und hierzu gegebenenfalls Beweise zu sichern, vielmehr steht ihm auch die Wahl der Art und Weise der Nacherfüllung zu. Diese Möglichkeit würde man ihm nehmen, wenn man dem Besteller über § 280 BGB einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Beschaffung des Ausgangsmaterials zugestehen würde, auch wenn eine Nacherfüllung nicht gewünscht und gewollt ist. Ebenso wenig, wie ein Anspruch des Bestellers auf Ersatz von Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung oder über die Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt werden kann, wenn der Besteller den Werkmangel, ohne dem Unternehmer zuvor Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben zu haben, selbst beseitigt (vgl. BGH, Urteil vom 23.02.2005 a.a.O. Rn. 27 m.w.N.), kann der Besteller, ohne dem Unternehmer Gelegenheit zur Nacherfüllung in Gestalt der Neuherstellung zu geben, die Kosten der Ersatzbeschaffung des Leistungssubstrats im Wege des Schadenersatzes verlangen. Denn hierbei handelt es sich um einen Schaden, welcher nur dann entstünde, wenn der Besteller, hier die Beklagte, der Klägerin das Recht einräumen würde, das Werk nachzuerfüllen; erst in diesem Falle wäre sie im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht zur Ersatzbeschaffung des Leistungssubstrats verpflichtet und auch nur dann wäre es im schadensrechtlichen Sinne erforderlich, Geldersatz für die Rohplatten zum Zwecke der Nacherfüllung zu leisten.
ff) Aus denselben Gründen kann die Beklagte Erstattung der Kosten für die Ersatzbeschaffung der Alucobond-Rohplatten auch nicht unter dem Gesichtspunkt ersparter Nacherfüllungskosten gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB (analog) verlangen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23.02.2005 a.a.O.).
b) § 823 Abs 1 BGB scheidet als Anspruchsgrundlage für den zur Aufrechnung gestellten Schadenersatzanspruch ebenfalls aus.
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Beschädigung fremden Eigentums – hier der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Alucobond-Platten – kann auch dann vorliegen, wenn die verletzende Handlung oder Unterlassung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses erfolgt und sich aus diesem Ansprüche auf Schadloshaltung ergeben. Miteinander konkurrierende Ansprüche aus Vertrag und aus § 823 Abs. 1 BGB sind nach ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen grundsätzlich selbständig zu beurteilen (BGH, Urteil vom 24.11.1976 – VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359; Urteil vom 07.11.1985 – VII ZR 270/83, BGHZ 96, 221 ff.). Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB besteht jedoch nicht, wenn der geltend gemachte Schaden lediglich den auf der Mangelhaftigkeit beruhenden Unwert der Sache für das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Erwerbers ausdrückt (BGH, Urteil vom 18. Januar 1983 – V ZR 310/79, BGHZ 86, 256; Urteil vom 12.12.2000 – VI ZR 242/99, BauR 2001, 800 ff.). Wird infolge einer Sanierungs-, Reparatur- oder Herstellungsmaßnahme bereits vorhandenes Eigentum an der Substanz beschädigt, kann dementsprechend ein deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB nicht allein deshalb bejaht werden, weil vor der Maßnahme unbeschädigtes Eigentum vorhanden war. Ein deliktischer Anspruch besteht vielmehr nur, soweit das Integritätsinteresse des Bestellers verletzt ist. Das ist nicht der Fall, wenn sich der Mangelunwert der mangelhaften Werkleistung mit dem erlittenen Schaden am Eigentum deckt, also Stoffgleichheit vorliegt. Denn dieser Schaden ist allein auf enttäuschte Vertragserwartung zurückzuführen (BGH, Urteil vom 27.01.2005 – VII ZR 158/03, BauR 2005, 705 ff.).
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine deliktische Haftung der Klägerin für die Beschädigungen, die durch mangelhafte Ausführung der Werkleistung entstanden sind, ausgeschlossen. Der Unwert der mangelhaften Werkleistung deckt sich mit dem erlittenen Schaden am Eigentum; es besteht Stoffgleichheit.
4. Soweit die Beklagte der Klagforderung im Wege der Aufrechnung erstmals im Berufungsverfahren einen weiteren Schadenersatzanspruch, gestützt auf die unberechtigte Zurückbehaltung bearbeiteter Platten im Rahmen des Bauvorhabens „“…“, entgegenhält, welcher die Klagforderung zum Erlöschen gebracht haben soll, ist sie damit ausgeschlossen. Denn eine Aufrechnung ist in der Berufung gemäß § 533 Nr. 1 und 2 ZPO nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt – was vorliegend nicht der Fall ist – oder das Gericht dies für sachdienlich hält und die Aufrechnung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung nach § 529 ZPO ohnehin zugrunde zu legen hat oder die insoweit relevanten Tatsachen jedenfalls unstreitig sind. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Weder Grund noch Höhe des etwaigen Schadenersatzanspruches der Beklagten wegen Zurückbehaltung bearbeiteter Alucobond-Platten sind zwischen den Parteien unstreitig. Wenn man nicht schon zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerin zu Recht von einem ihr zustehenden Zurückbehaltungsrecht an den Platten Gebrauch gemacht hat, weil die Beklagte ihrerseits zu Unrecht die Bezahlung des Werklohns verweigert hatte unter Hinweis auf ihr zustehende Ansprüche aufgrund Beschädigung bzw. mangelhafter Bearbeitung der Alucobond-Platten im Rahmen des Bauvorhabens „…“, was zur Verneinung eines aufrechenbaren Schadenersatzanspruches führen würde und für sich genommen weiterer Aufklärung bedürfte, so ist weiter offen, welcher konkrete Schaden der Beklagten aus dieser Pflichtverletzung erwachsen ist. Bei all dem handelt es sich um Tatsachen, welche das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung nicht ohnehin zugrunde legen müsste.
III.
Die Kostenentscheidung des Berufungsverfahrens ergibt sich aus § 97 ZPO.
Der Streitwert in der ersten Instanz beläuft sich auf € 54.614,65. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem Wert des bezifferten Klagantrags in Höhe von € 28.071,90. Hinsichtlich eines unstrittigen Teilbetrags in Höhe von € 15.347,49 hat die Beklagte eine Primäraufrechnung erklärt, eine Wertaddition hatte insoweit nicht zu erfolgen. In Höhe eines Teilbetrages von € 12.724,41 war die Klagforderung demgegenüber strittig und erfolgte nur eine Hilfsaufrechnung, über die auch entschieden wurde; dementsprechend erfolgt – da nur ein einziger einheitlicher Schadenersatzanspruch zur Aufrechnung gestellt wurde – eine Wertaddition in Höhe von € 12.724,41. Der Wert der zur Entscheidung angefallenen Hilfswiderklage beträgt € 13.818,34. Bei der Hilfswiderklage handelte es sich der Sache nach um eine Feststellungswiderklage. Maßgeblich für deren Wert ist das Interesse des Freistellungsgläubigers abzüglich 20 %. Da die Beklagte die Feststellung begehrt hat, dass die Klägerin für etwaige Gewährleistungsansprüche ihrer Vertragspartnerin im Projekt „…“ aufzukommen habe, kommt es entscheidend auf die zu prognostizierenden Mängelbeseitigungskosten an. Da die Beklagte in erster Instanz behauptet hat, dass sämtliche Platten auszutauschen seien, bemisst sich das Interesse der Beklagten (zumindest) in dem behaupteten Anschaffungspreis von € 45.344,82. Von dieser Summe ist infolge wirtschaftlicher Identität mit den Klagforderungen der Betrag von € 28.071,90 in Abzug zu bringen. Hieraus ergibt sich ein Betrag von € 17.272,92 und – nach Abzugs eines 20%igen Abschlags – von € 13.818,34.
Der Streitwert in der Berufungsinstanz beläuft sich auf € 39.883,82. Gegenstand der Berufung ist noch ein Zahlungsanspruch der Klägerin von € 27.159,40 (28.071,90 € abzüglich 912,50). Zu addieren ist der Wert der Hilfsaufrechnung (€ 12.724,41).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.