LG Karlsruhe, Az.: 6 O 340/15, Urteil vom 05.10.2018
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der durch die Streithelfer Dipl.-Ing. D, Dipl.-Ing. W und W.W., verursachten Kosten, zu tragen. Die Streithelferin der Klägerin, die B GmbH, trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von ihren Architekten Schadensersatz wegen mangelhafter Bauplanung und -überwachung, sowie fehlerhafter Beratung.
Die Klägerin hat am 06.02.2012 für das Bauvorhaben GC in K mit dem Architekturbüro K (Beklagte zu 1.), deren Gesellschafter die Beklagten zu 2., 3. und 8. sind, einen Architektenvertrag über die Leistungsphasen 1 bis 6 – Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung, Vorbereitung der Vergabe – und einer Arbeitsgemeinschaft (Arge), bestehend aus den Architekten K und dem Bauleitungsbüro W, das mit seinen Gesellschaftern die Streithelfer der Beklagten zu 1. sind, über die Architektenleistungen der Leistungsphasen 7 bis 9 – Mitwirkung bei der Vergabe, Objektüberwachung (Bauüberwachung) Objektbetreuung und Dokumentation – geschlossen .
Die Gründungsberatung sowie die Tragwerksplanung (Statik) und die Beweissicherung für öffentliche Bereiche ordneten die Parteien des letztgenannten Vertrages den Bauherrenaufgaben zu. Mit der Tragwerksplanung beauftragte die Klägerin am 10./11.2.2011 die K aus P (Beklagte zu 4.), deren Gesellschafter die Beklagten zu 5.-7. sind. Grundlage der Zusammenarbeit war die Vereinbarung zur Honorarermittlung für die Tragwerksplanung vom 23.10./22.11.2002.
Ein Bodengutachten ließ sie durch die G aus K erstellen.
Den Auftrag zur Ausführung der Baumaßnahme für den Rohbau erteilte die Klägerin der K Niederlassung der B GmbH (Streithelferin der Klägerin).
Bei dem Gesamtobjekt „GC“ handelt es sich um die Verwirklichung eines Konzepts für urbanes Leben und Arbeiten in innerstädtischer Lage. Auf 6 Etagen mit einer Gesamtfläche von ca. 18.000 m² befinden sich 66 Eigentumswohnungen, Gewerbeeinheiten und Praxen.
Die B GmbH stellte am 14.08.2013 die Bauarbeiten ein, nachdem festgestellt worden war, dass in dem Bereich, in dem die Abstützung des Bauteils A erfolgen sollte, eine 110 KV-Stromleitung der Stadt K lag. Ob und wem ein Mehrspartenplan der Stadt K über die Lage der 110 KV-Leitung vorgelegen hat, durch welche Gespräche oder sonstigen Informationen rechtzeitig vor der Bauausführung eine Neuplanung hätte erfolgen müssen und ob auch ein Überwachungsfehler vorzuwerfen ist, steht zwischen den Parteien im Streit. Die Beklagten und ihre Streithelfer weisen eine Verantwortung für die Behinderung durch die Stromleitung zurück.
Nach der Einstellung der Bauarbeiten suchten die Parteien und ihre Streithelfer nach Lösungen.
Am 21.08.2018 meldete die Streithelferin der Klägerin Mehrkosten an, welche am 25.09.2013 in einem Zusatzangebot Nr. 30 – Gründung Abfangung BT A mit 67.027,26 EUR berechnet und am 09.10.2013 als Nachtrag Nr. 7 mit 70.257,60 EUR zwischen der Klägerin und ihrer Streithelferin vereinbart wurde.
Am 30.09.2003 kam es zu einem Gespräch, über das die Klägerin die Beklagten mit Mail vom 01.10.2013 informierte. Ihnen wurde mitgeteilt, dass die B GmbH Stillstandkosten in Höhe von ca. 300.000-350.000 EUR netto erwarte. Die Klägerin sei bestrebt, diese Stillstandkosten abzuwehren und benötige hierfür die Unterstützung und Schriftwechsel bzw. Unterlagen, die einer Abwehr dieser Ansprüche dienen können.
Am 08.10.2013 fand eine Besprechung mit Vertretern der Klägerin, der Beklagten zu 1., der Beklagten zu 4., des Bauleitungsbüros W (Streithelferin zur 1.) und der G statt. Das Besprechungsergebnis wurde der Klägerin von der Beklagten zu 1. mit E-Mail vom 14.10.2013 in Form eines Briefentwurfs zur Verfügung gestellt. Wegen der Ankündigung der Bauzeitverlängerung und den damit verbundenen Mehrkosten wurden in diesem Briefentwurf die angemeldeten Mehrkosten zurückgewiesen, die B GmbH aufgefordert, den weiteren Bauzeitverzug auf ein Minimum zu reduzieren und darauf hingewiesen, dass die Kosten aus der Bauzeitverzögerung, Lagervorhaltung, Baustelleneinrichtung, Bauleitungspersonal, Material etc. von der Streithelferin selbst zu tragen seien. Diesen Entwurf hat die Klägerin ihrer Streithelferin mit Schreiben vom 15.10.2013 am 16.10.2013 bei einem Abstimmungsgespräch übergeben. Die B GmbH teilte mit E-Mail vom 16.10.2013 der Klägerin mit, dass entsprechend eines vorangegangenen gemeinsamen Gesprächs das Schreiben der Klägerin vom 15.10.2013 vorerst auf „Eis zu legen“ ist. Zugleich wurde eine grobe Aufstellung für Kosten wegen Bauzeitverzögerung mit ca. 22.000 EUR netto angegeben und eine entsprechende Hochrechnung, unterschieden nach Gehältern und Baustelleneinrichtung sowie Mehrkosten für Unterkunft, Fahrten, Kranführer und Vorhaltung der Schalung, übergeben. Die tatsächliche Dauer der Verzögerung von ca. Mitte August 2013 bis zur erreichten Baufreiheit sollte gemeinsam und einvernehmlich ermittelt werden. Die Beklagte zu 1. fragte bei der Klägerin an, aus welchen Gründen dieser Kurswechsel seitens der Klägerin erfolgt sei und bat um Kenntnisse über die Zusammenhänge, die zu der Neubewertung des Verzugs geführt haben. Für die aktive Steuerung der Kosten-und Terminplanung sei es unerlässlich, dass in vollem Umfang alle Absprachen mitgeteilt werden. Die Klägerin teilte daraufhin mit, dass es keine Absprachen gegeben hat, woraufhin die Beklagte zu 1. nochmals erklärte, dass Kenntnisse über die Zusammenhänge, die zur Neubewertung der Klägerin geführt haben, sehr hilfreich seien. Mit E-Mail vom 06.11.2013 teilte die Klägerin nochmals mit, dass es bisher keinen Kurswechsel und keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich einer Neubewertung gegeben habe; zugleich wurde die Beklagte zu 1. gebeten, ein Prüfergebnis zu den Zusatz- bzw. Stillstandkosten der B GmbH vorzulegen.
Mit Schreiben vom 19.11.2013 wies die Klägerin die Beklagte zu 1. auf die Verantwortung der Architekten für die Bauzeitverzögerung wegen der verspäteten Vorlage der Planung hin, weshalb sie für eventuell entstehende Schäden und deren Folgen hafteten. Weiterhin wurde mitgeteilt, dass in einem geplanten Gespräch mit der Firma B GmbH am 21.11.2013 eine Einigung über Ansprüche wegen einer eingetretenen Bauzeitverzögerung getroffen werden solle. Eine Einigung in der Größenordnung von 50-70.000 EUR netto sei verhandelbar und würde zur Vermeidung weitaus höherer Nachteile auch ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht akzeptiert werden. Diese zusätzlichen Kosten würden gegebenenfalls von der Honorarrechnung der Beklagten zu 1. abgezogen. Im Falle einer fehlenden Einigung werde der Werkvertrag mit der Firma B möglicherweise vorzeitig beendet und es könnten sogar höhere Kosten auf die Beklagte zu 1. zukommen. Mit Schreiben vom 20.11.2013 wies die Beklagte zu 1. jegliche Verantwortung zurück und kündigte an, zu dem Schreiben vom 19.11.2013 durch die Arge Stellung zu nehmen und an dem Termin teilzunehmen.
Bei dem Gespräch am 21.11.2013 waren von der B GmbH die Zeugen KI und S, von der Beklagten zu 1. der Zeuge KA, von der Arge die Zeugen KA und Ü sowie von der Klägerin die Zeugin T und der Zeuge L zugegen. Grundlage des Gesprächs war die Kostenaufstellung der Firma B GmbH, zu der der Zeuge Ü eine Gegenaufstellung übersandt hatte. Über das Ergebnis wurde ein Schriftstück, welches mit „Aktennotiz“ überschrieben ist, unterzeichnet.
Darin ist Folgendes ausgeführt: „In vorgenannter Angelegenheit wurde der Sachverhalt Baustillstand erörtert. Hierbei haben die Herren von der Firma B von der Arge und dem Architekturbüro einen Betrag i.H.v. 11.500 EUR netto pro Woche als angemessen ermittelt. Die Stillstandzeit wurde auf 12 Wochen festgelegt.
Der sich ergebende Betrag i.H.v. 138.000 EUR netto wird linear mit den Abschlagszahlungen für die Restbauarbeiten des BT A ausbezahlt. Dieser Betrag wird jedoch ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und im Rahmen der Schadensminderungspflicht von Seiten der E an die Firma B ausbezahlt.
Die E behält sich vor, auch den bereits angekündigten Verzug erneut geltend zu machen. Der Schaden für die Themen Stillstandzeit, Verzug, Arbeitsvorbereitung etc. werden in einer gesonderten Prüfung, insbesondere bezüglich der Verantwortlichkeiten der am Bau beteiligten Planer und Firmen, unterzogen.
Die Firma B behält sich vor, im Falle einer Geltendmachung von Verzugskosten ihrerseits sich nicht mehr an die oben genannten 11.500 EUR Verzugskosten netto je Woche gebunden zu fühlen. Für diesen Fall wird die Firma B den ursprünglich angesetzten Betrag in Höhe von ca. 22.000 EUR netto je Woche geltend machen.“
Die Verbindlichkeit dieser „Aktennotiz“ für die Beklagten steht zwischen den Parteien im Streit.
Mit E-Mail vom 21.11.2013 wies die Beklagte zu 1. die Klägerin darauf hin, dass die geltend gemachten Kosten neu bewertet würden. Diese Neubewertung wurde von der B GmbH mit E-Mail vom 22.11.2013 zurückgewiesen. Die Beklagte zu 1. nahm mit Schreiben vom 25.11.2013 zu der ihr übersandten „Aktennotiz“ Stellung und wies nochmals die Verantwortung für die Bauzeitverzögerung zurück. Mit E-Mail vom 19.12.2013 wiederholte die Beklagte zu 1. ihre bereits vorher mitgeteilte Auffassung und wies auch darauf hin, dass ein detaillierter prüfbarer Nachweis der B GmbH für ihre angemeldeten Kosten, wie er üblicherweise zur Verfügung gestellt werde und auch mehrfach angefordert worden sei, nach wie vor fehle.
Die Klägerin trägt vor: Die Beklagten seien verantwortlich für den Baustillstand vom 14.08.2013 und die sich daraus ergebende Bauzeitverzögerung. Die Problematik der 110 KV-Leitung sei den Beklagten bekannt gewesen und hätte bei ihrer Planung und auch der anschließenden Bauüberwachung berücksichtigt werden müssen. Bei Unkenntnis hätten sie aufgrund der jahrelangen Entwicklung des Bauvorhabens seit Ende des Jahres 2010 auf der Grundlage einer Vielzahl von Indizien und vorangegangener Gesprächen sich bei fehlender Kenntnis selbständig über den Baugrund Gewissheit verschaffen müssen. Die Beklagten hätten die Pflicht zu überprüfen, ob die Fachplaner auf die tatsächlichen Verhältnisse eingegangen seien. Es liege ein Planungsfehler vor, da die Klägerin über den Baugrund nicht entsprechend beraten worden sei. Die bauleitende Arge hätte rechtzeitig im Rahmen ihrer Koordinierungspflicht und der Verpflichtung, für einen reibungslosen Bauablauf zu sorgen, mit der Stadt Kontakt aufnehmen bzw. wegen unvollständiger Informationen auch Suchschlitze anordnen müssen. Die Beklagten seien bei der Überprüfung sorglos gewesen, weshalb dieses Unterlassen zu dem Baustillstand geführte habe, der ansonsten vermeidbar gewesen wäre.
Hierdurch sei der Klägerin ein Schaden in Höhe von mindestens 164.220,00 EUR entstanden.
Am 21.11.2013 sei es zu einer Vereinbarung gekommen, auf deren Grundlage die Klägerin an die B GmbH den Betrag von 138.000 EUR netto, bzw. 164.220,00 EUR brutto gezahlt habe. Der von der Klägerin schließlich übernommene und gezahlte Betrag von 11.500 EUR netto je Woche Bauzeitverzögerung sei zwischen den Parteien festgelegt worden. Aufgrund der Überprüfung durch die Beklagte zu 1. und deren Beratung durch ihren Vertreter habe sie, die Klägerin, diesen Betrag akzeptiert. Infolgedessen könne die Beklagte zu 1. nicht die Höhe des der Klägerin entstandenen Schadens als unsubstantiiert bestreiten; sie handele insoweit treuwidrig. Diese Entschädigungszahlungen wegen eines Stillstandes nach § 642 BGB seien mit dem Bruttobetrag anzusetzen. Die Beklagten hafteten in Höhe des gezahlten Betrages auch wegen fehlerhafter Beratung.
Ihr sei durch den Baustopp vom 14.08.2013 und die Stillstandszeit von 12 Wochen ein erheblicher irreparabler Schaden entstanden, der noch nicht beziffert werden könne, da die Auseinandersetzungen mit Erwerbern und von der Klägerin beauftragten Handwerkern noch nicht abgeschlossen sei; es sei möglich, dass ihr durch den eingetretenen Baustillstand ein weiterer Schaden im 6-stelligen Bereich entstanden sei.
Die Klägerin – unter Anschluss ihrer Streithelferin – beantragt:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin eine 164.220,00 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.02.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.874,92 EUR nebst Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind der Klägerin jedweden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist bis heute noch entstehen wird, dass es bei der Baumaßnahme G, K (GC, Grünzug und TG) beim Bauteil A des GC zu einem Baustillstand im Jahr 2013 dadurch gekommen ist, dass das mit den Rohbauarbeiten beauftragte Unternehmen B die von ihm zu erbringenden vertraglichen Bauarbeiten am 14.08.2013 wegen einer Behinderung eingestellt hat.
Die Beklagten – unter Anschluss ihrer Streithelfer – beantragen die Klage abzuweisen.
Sie tragen vor: Eine Verantwortung für die Einstellung des Bauvorhabens am 14.08.2013 träfe sie nicht. Sowohl die Planung, als auch die Objektüberwachung sei vertragsgemäß erfolgt. Die Klage sei unschlüssig, da die Klägerin nicht dargelegt habe, welche konkreten Maßnahmen welchen Schaden hätten verhindern können. Das bauausführende Unternehmen, die Streithelferin der Klägerin, habe schon Ende Juni 2013 die Bauarbeiten in dem Bereich nicht fortgeführt, sondern an den Gebäudeteilen B und C weitergebaut. Es sei also weder eine Unterbrechung, noch eine Behinderung entstanden. Insbesondere habe die B GmbH kein Interesse gehabt, an diesem Bereich zügig weiter zu bauen, da sie ihre Behinderung erst am 14.08.2013 und damit 8 Wochen nach dem Betonieren der Decke über dem 1. OG angezeigt habe. Die Streithelferin habe ein selbst verschuldetes Bauzeitproblem gehabt und diesen Vorgang nur zum unbegründeten Anlass genommen, eine Behinderung anzuzeigen.
Am 21.11.2013 sei es zu keiner Vereinbarung gekommen, die die Beklagten zu einer Zahlung oder dem Schadensersatz dem Grunde nach verpflichteten. Auch seien Beratungspflichten nicht verletzt worden.
Die Beklagten zu 1.-3. haben am 18.11.2015 und 18.1.2016 den Architekten, dem Dipl. Ing. D und Dipl. Ing. W den Streit verkündet; die Streitverkündeten sind am 09.12.2015 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten zu 1. beigetreten. Weiterhin haben die Beklagten zu 1.-3. der Arge G K am 18.01.2016 und die Streithelfer W.W. am 15.01.2016 der Arge GC K GbR den Streit verkündet. Am 20.06.2016 verkündete die Arge G K der B GmbH, der G mbH & Co KG, der G Verwaltungs GmbH, der K GbR und ihren Gesellschaftern (spätere Beklagte zu 4.-7.) den Streit. Die B GmbH ist am 08.08.2016 dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten. Am 05.08.2016 verkündeten die Beklagten zu 4.-7. der B GmbH, der G mbH & Co KG, der GHJ Verwaltungs GmbH, der Arge G Straße/L Straße K, dem Architekturbüro K GbR und ihren Gesellschaftern (Beklagte zu 1.-3.), am 16.12.2016 die Beklagten zu 1.-3. der B GmbH, der G mbH & Co KG, der GHJ Verwaltungs GmbH, der Arge G Straße/L Straße K, der K GbR und ihren Gesellschaftern (Beklagte zu 4.-7.) und am 28.12.2016 die Klägerin der B GmbH und am 23.12.2016 die Streithelfer W.W. den Beklagten zu 1.-3. und 8. den Streit.
Das Gericht hat am 18.07.2017 und am 19.07.2017 umfassend Hinweise gegeben. Es hat am 15.01.2018 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen KI, S, T und Ü, sowie am 13.07.2018 durch Vernehmung der Zeugen KA und N.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Feststellungsantrag ist unzulässig und die Klage im Übrigen unbegründet.
I.
Die Klägerin kann ihre Klage in eine Leistungsklage und eine Feststellungsklage aufspalten, wenn ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten ist. Prozessvoraussetzung für die Feststellungklage ist neben den allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen einschließlich des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses das schutzwürdige Interesse der Klägerin an alsbaldiger Feststellung. Ein Sicherungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO besteht grundsätzlich nur, wenn dem subjektiven Recht der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte es ernstlich bestreitet und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteil vom 13.01.2010 – VIII ZR 351/08, NJW 2010,1877). Als Prozessvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen, sonst wird die Klage ex nunc unzulässig (BGHZ 18,106). Die Klägerin ist aber nicht gezwungen zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese nachträglich möglich wird (BGH, Urteil vom 04.11.1998 – VIII ZR 248/97, NJW 1999,639).
Ein Feststellungsinteresse ist grundsätzlich schon dann zu bejahen, wenn zum Zeitpunkt der Klageerhebung der anspruchsbegründende Sachverhalt bzw. die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen und mit (weiteren) Schäden zu rechnen ist (BGH, Urteil vom 25.02.2010 – VII ZR 187/08, NJW-RR 2010, 750; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 15. Teil Rn. 20 ff). Der Umfang der erforderlichen Darlegung richtet sich auch danach, was einer Partei unter Berücksichtigung der Einlassung des Gegners an näheren Angaben möglich und zumutbar ist (BGH, Urteil vom 27.09. 2001 – IX ZR 281/00, NJW 2002, 825). Die Zulässigkeit der auf den Ausgleich eines Vermögensschadens gerichteten Feststellungsklage setzt die Darlegung von Tatsachen voraus, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens ergibt. Dazu muss aber nicht dargelegt werden, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Vermögensdifferenz besteht. Wäre eine rechnerische Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Gesamtvermögenslage erforderlich, führte dies dazu, dass es keinen Unterschied zwischen der Darlegung einer Schadenswahrscheinlichkeit und der Berechnung des vollen Schadens gäbe, obwohl die Feststellungsklage die gerichtliche Vorklärung der Ansprüche gerade dann ermöglichen soll, wenn der Schaden ganz oder teilweise noch nicht berechnet werden kann (BGH, Urteil vom 26.07.2018 – I ZR 274/16, zitiert nach juris).
Hier hat das besondere Feststellungsinteresse spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr vorgelegen.
Seit dem Baustillstand sind bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 13.07.2018 mittlerweile 5 Jahre vergangen. Der Feststellungsantrag wurde bereits am 23.12.2015 erhoben und begründet. Die Klägerin hat dabei nicht konkret den zu erwartenden Schäden vorgetragen. Sie hat mit Schriftsatz vom 23.12.2015 lediglich dargelegt, dass Erwerber und von der Klägerin beauftragte Handwerker Ansprüche gegen sie geltend machen und diese Auseinandersetzungen noch nicht abgeschlossen sind. Sie hält es für möglich, dass ihr durch den eingetretenen Baustillstand ein weiterer Schaden im 6-stelligen Bereich entstanden ist. Nähere Angaben zu den Handwerkern oder den Erwerbern und der Art oder Höhe ihrer geltend gemachten Forderungen hat die Klägerin nicht gemacht.
Zwar können im Allgemeinen Bauzeitverzögerungen bei gewerblichen Großbauvorhaben beträchtliche Schäden zur Folge haben. Wie viele Zwischen- und Anschlussunternehmer oder Eigentümer von der Fertigstellung der Leistungen der Streithelferin der Klägerin insgesamt betroffen waren bzw. sind, bei denen damit gerechnet werden muss, dass sie entsprechende verzögerungsbedingte Mehraufwendungen gegenüber der Klägerin beanspruchen werden und auch tatsächlich solche Ansprüche nach mittlerweile fünf Jahren erhoben haben, hat die Klägerin nicht dargelegt. Ebenso hat sie nicht vorgetragen, welchen Gewerken gemein ist, dass sie aufgrund des Verzugs der Bauausführungen der B GmbH hätten warten müssen bzw. warten mussten und sie Ansprüche auf Erstattung von Mehraufwendungen geltend machen könnten, weil ihre Leistungen mit den Leistungen der Streithelferin der Klägerin verzahnt bzw. von diesen abhängig sind. Dass der Klägerin aufgrund der eingetretenen Verzögerungen weitere, über die Leistungsklage hinausgehende, eigene erhebliche Mehrkosten entstanden sind, ist ebenso nicht dargelegt. Auch hat die Klägerin keine Kosten- oder Schadensschätzung vorgelegt oder eine solche näher erläutert. Gleiches gilt für die zu erwartenden Verzögerungsschäden in Form von Schadensersatzpflichten gegenüber den Drittgewerken/Drittauftragnehmern.
Bereits aus diesem Grund liegt es nahe, schon bei Erhebung der Feststellungsklage im Jahr 2015 von einem fehlenden besonderen Feststellungsinteresse auszugehen.
Für die Beurteilung der Frage, ob der Geschädigte in einem Fall wie dem vorliegenden die Wahrscheinlichkeit eines Vermögensschadens hinreichend dargelegt hat, ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass ein Geschädigter – hier: die von der Klägerin angeführten Erwerber und von ihr beauftragte Handwerker – regelmäßig innerhalb von drei Jahren nach der ersten Vermögenseinbuße eine Feststellungsklage erheben und die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts darlegen muss, um die Verjährung des Ersatzanspruchs zu hemmen, obwohl der endgültige Schaden erst viele Jahre später berechnet werden kann. Schadensersatzansprüche verjähren grundsätzlich in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Dabei gilt nach dem Grundsatz der Schadenseinheit der gesamte Schaden, der auf einem bestimmten einheitlichen Verhalten beruht, bereits mit der ersten Vermögenseinbuße als eingetreten, sofern mit den einzelnen Schadensfolgen bereits beim Auftreten des ersten Schadens gerechnet werden konnte. Die Verjährung des Ersatzanspruchs erfasst damit auch solche nachträglich eintretenden Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs als möglich voraussehbar waren. Zur Hemmung der Verjährung, die mit dem früheren Schadenseintritt begonnen hat, ist daher die Erhebung einer Feststellungsklage erforderlich (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 26.07.2018 – I ZR 274/16, zitiert nach juris; vom 8.11.2016 – VI ZR 200/15, VersR 2017, 170; vom 24.05.2005 – IX ZR 114/01, NJW-RR 2005, 1137, 1138; jeweils mwN.).
Wie oben bereits ausgeführt, hat die Klägerin weder eigene Schadenspositionen näher dargelegt, noch solche, die ihr gegenüber durch Erwerber oder Handwerker innerhalb der wahrscheinlichen Verjährungsfrist geltend gemacht oder welche Klagen gegen sie bereits erhoben wurden. Zwar mag im Jahr 2015 bei der Erhebung der Feststellungsklage eine Verjährung wegen eines Baustopps im Jahr 2013 noch nicht eingetreten sein, weshalb unter diesem Gesichtspunkt keine hohen Anforderungen an die Konkretisierung gestellt werden dürfen. Das gilt jedoch für die letzte mündliche Verhandlung vom 13.07.2018 so nicht mehr. Auch zu diesem Zeitpunkt musste das besondere Rechtsschutzinteresse noch vorliegen (BGHZ 18,106), gerade da eine Verjährung der gegen die Klägerin erhobenen Ansprüche wegen Bauzeitverzögerung zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich ist.
Die Darlegungen der Klägerin sind demnach nicht (mehr) ausreichend, um eine „gewisse“ Schadenswahrscheinlichkeit begründen zu können. Dies gilt auch, wenn hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes berücksichtigt werden muss, dass es sich vorliegend um eine Feststellungsklage handelt. Einer umfassenden Beweisaufnahme zur Frage der Verantwortlichkeit der Beklagten für den Baustillstand und eine Bauzeitverzögerung durch Vernehmung von Zeugen und Einholung von Sachverständigengutachten bedurfte es hinsichtlich dieses Feststellungsantrages allein daher nicht mehr.
II.
Die Klägerin kann von den Beklagten keinen Schadensersatz wegen fehlerhafter Bauplanung oder Bauüberwachung bzw. fehlerhafter Beratung bei dem Abschluss einer Vereinbarung vom 21.11.2013 mit dem bauausführenden Unternehmen, ihrer Streithelferin, verlangen. Der Klägerin ist weder der Nachweis gelungen, dass die Beklagten durch die Vereinbarung vom 21.11.2013 ihr gegenüber zu einem Ausgleich verpflichtet wurden (sub 1), noch dass die Beklagten bei diesem Gespräch ihre Beratungspflichten verletzt haben (sub 2) oder ihrer Streithelferin tatsächlich wegen einer von den Beklagten zu verantwortenden Bauzeitverzögerung ein Schaden entstanden ist, den die Klägerin auszugleichen verpflichtet war, weshalb sie von den Beklagten Ersatz verlangen kann (sub 3).
1. In dem Gespräch am 21.11.2013 wurden nur die Klägerin und ihre Streithelferin, das bauausführende Unternehmen B GmbH, durch eine Vereinbarung miteinander verbunden. Den Beklagten gegenüber ist hieraus wieder eine Zahlungsverpflichtung, noch eine Bindung an eine bestimmte Schadenshöhe durch Bauzeitverzögerung entstanden.
a. Bereits aus den Formulierungen der Aktennotiz ergibt sich, dass nur die Klägerin sich verpflichtete, an die Firma B GmbH für einen Baustillstand einen Betrag von 138.000 EUR netto zu zahlen. Der Schaden für die Themen Stillstandszeit, Verzug, Arbeitsvorbereitung etc. sollte bezüglich der Verantwortlichkeiten der am Bau beteiligten Planer und Firmen, mithin der Beklagten, einer gesonderten Prüfung unterzogen werden.
b. Auch die Vernehmung der Zeugen in den Verhandlungen vom 15.01. und 13.07.2018 führt zu keinem anderen Ergebnis; keine der Zeugen hat eine solche Verpflichtung der Beklagten bestätigt.
Nach Angaben des Zeugen KI, im Jahr 2013 Angestellter bei der B GmbH, sollte es zu einer formalen Vereinbarung wegen möglicher Schäden des Unternehmens kommen. Dabei handelte es sich für den Zeugen um eine eindeutige Vereinbarung, die im Wege der Abschlagszahlungen und der Schlussrechnung durch die Klägerin auch umgesetzt wurde und nur die Klägerin und ihre Streithelferin, jedoch keine Dritte betraf.
Auch nach Angabe des Zeugen S handelte es sich ebenfalls um eine Vereinbarung zwischen der Klägerin und der B GmbH hinsichtlich der geplanten Fertigstellung und die Kosten, die der Baufirma entstünden, da die geplante Fertigstellung wegen der angezeigten Bauzeitenverzögerung überschritten werde. Im November 2013 sei auch nicht absehbar gewesen, welche Zeit die Bauzeitverzögerung letztlich umfasse. Der Zeitpunkt der Fertigstellung bzw. die Zeitdauer bis zu diesem Zeitpunkt sei am 21.11.2013 noch offen gewesen. Es handele sich um eine Schätzung. Auch bei den Bauteilen B und C sei die B GmbH beteiligt gewesen; es sei immer gebaut worden. Es seien 4 Kräne auf allen Bauteilen im Einsatz gewesen. Bauteil B und C hätten vor Bauteil A begonnen und seien parallel fortgeführt worden. Bauteil B sei im August 2013 und Bauteil C im September 2013 fertig gewesen. Zu den Stillstandszeiten im Einzelnen und deren Begründung vermochte der Zeuge S keine näheren Angaben zu machen. Am Beispiel des Kranführers erläuterte er, dass das sowohl eine Zeit sein könne, in der der Kranführer nicht habe tatsächlich arbeiten können, aber auch eine Zeit, die er später wegen der Bauzeitverzögerung hätte länger arbeiten müssen.
Die Zeugin T vermochte als kaufmännische Projektbegleiterin der Klägerin für das Bauvorhaben anzugeben, dass es nach Ihrer Einschätzung lediglich eine Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Streithelferin getroffen wurde.
Der Zeuge Ü, damals Projektleiter bei W.W., bestätigte, dass die Beklagte zu 1. die Forderung der B GmbH geprüft habe. Das getrennt ermittelte Prüfergebnis der Beklagten zu 1. und der Streithelferin W.W. sei im Einzelnen diskutiert worden. K und W.W. hätten an dem Gespräch zur Beratung teilgenommen. Es habe sich um ein Gesprächsprotokoll und allein um die Forderung der B GmbH an die Klägerin gehandelt. Nach Auffassung der Beklagten bzw. der Arge habe für die B GmbH jedoch kein Anspruch wegen Bauverzögerung bestanden. Die Unterlagen sollten nur der Höhe nach geprüft werden, dh das eingesetzte Material und Personal und auch den Zeitablauf hinsichtlich der Verzögerung. Die 12 Wochen hätten lediglich den Zeitraum vom Baustopp bis zur Verhandlung umfasst. An den Bauteilen B und C sei durch die B GmbH noch weiter gearbeitet worden. Es sei versucht worden, Personen, die von dem Stillstand beim Bauteil A betroffen waren, umzuschichten. Welches Personal von Bauteil A im Bauteil B oder C eingesetzt werden konnten, vermochte der Zeuge aber nicht zu sagen. Zum Bauteil A habe es 2 Abschnitte gegeben, zum einen das Auskragen über den Gehweg hinweg, welches nicht fortgesetzt wurde. Der Rest der Arbeiten konnte im Bauteil A fertiggestellt werden, d. h. Rohbauarbeiten und Mängelbeseitigung. Die im Prüfergebnis festgestellten Kosten hätten einerseits den Stillstand und andererseits eine spätere Fertigstellung umfasst, ohne dass der Zeuge angeben konnte, welcher Anteil worauf entfiel.
Der Zeuge Ulf KA hatte die Kostenaufstellung der Firma B GmbH zur Vorbereitung des Gesprächs vom 21.11.2013 geprüft. Er selbst habe keinen Auftrag und keine Vollmacht gehabt um zu Lasten der Beklagten zu 1. eine Vereinbarung zu treffen. Er habe mit dem Zeugen Ü nur eine Plausibilitätsprüfung, d. h. ob die Preise reell sind, vorgenommen. Die Verzögerung sei aus Sicht der Beklagten zu 1. nicht anerkannt worden.
Die Zeugin N war bei der Klägerin im Jahr 2013 zusammen mit mehreren Personen in der Projektleitung tätig, wobei die Aufgabenbereiche und auch die Firmen untereinander aufgeteilt wurden. Zu der Aktennotiz vom 21.11.2013 gab die Zeugin an, dass es sich um eine Vereinbarung zwischen der B GmbH und der Klägerin zu 1. gehandelt habe. Zur Entstehung der Aufstellung und der Berechnung der Kosten bzw. der Kalkulation vermochte die Zeugen jedoch aus eigener Erinnerung keine Angaben zu machen.
2. Die Beklagten haben im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 21.11.2013 gegenüber der Klägerin keine Beratungspflichten – sei es aus eigenem Beratungsvertrag oder als Nebenpflicht aus den bestehenden Verträgen (§§ 280, 249 BGB) – verletzt und auch aufgrund der Beratung bei der Klägerin keinen Schaden verursacht.
a. Die Beklagten haben, wie sich aus dem Schriftverkehr ergibt, die von der B GmbH geltend gemachte Bauzeitverzögerung bzw. eine Verantwortung der Klägerin oder der Beklagten dem Grund und der Höhe nach immer wieder in Abrede gestellt. Die Klägerin hat diese Einschätzung auch noch bis zu ihrem Schreiben vom 19.11.2013 so geteilt. Nachdem die B GmbH eine Forderung erhoben hatte, wurden die Beklagten von der Klägerin zur Prüfung hinsichtlich der Schadenshöhe der geltend gemachten Forderung beauftragt. Bei dieser Prüfung war ohne weitere Kenntnis von der tatsächlich zu erwartenden Bauzeitverzögerung und dem eingesetzten Material und Personal, insbesondere da an den anderen Bauteilen B und C parallel weitergearbeitet wurde, wie auch die Vernehmung der Zeugen S und Ü bestätigte, eine genauere Information an die Klägerin als die hier tatsächlich vorgenommene Plausibilitätsprüfung nicht möglich. Darauf hatten die Beklagten im Vorfeld und bei der Beratung vom 21.11.2013 hingewiesen. Das war auch für die Klägerin ohne weiteres erkennbar. Der Klägerin ging es jedoch ersichtlich darum, das Bauvorhaben voranzutreiben und eine Kündigung des Werkvertrages mit der B GmbH zu vermeiden, wie ihr Schreiben vom 19.11.2013 belegt. Dann handelt es sich aber um eine unternehmerische Entscheidung der Klägerin, die in ihrem Ermessen liegt und die das Risiko, ob die Berechnungen bzw. Einschätzungen so im Ergebnis zutreffen würden, wenn es zu einer streitigen Abrechnung käme, zu tragen bereit war. Die Klägerin hat demnach „sehenden Auges“ eine allgemeine Schätzung zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht. Ein Vorwurf an die Beklagten, sie sei dabei fehlerhaft beraten worden, ergibt sich daraus gerade nicht.
b. Haben die Beklagten bei der Beratung zum Gespräch am 21.11.2013 eine aus einem Vertrag obliegende Pflichten verletzt, so kann die Klägerin Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen. Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat nach § 249 Abs. 1 BGB den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der ggf. zu ersetzende Schaden ist durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen Vermögenslage zu ermitteln, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Dies erfordert einen Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst. Die von den Beklagten beratene Klägerin hat dann einen Schaden erlitten, wenn die tatsächliche von der bei pflichtgemäßer Beratung eingetretenen hypothetischen Vermögenslage nachteilig abweicht (BGH, Urteil vom 05.02.2015 – IX ZR 167/13, DB 2015, 739). Der Klägerin wäre ein Schaden in voller Höhe von 164.200,00 EUR entstanden, wenn die B GmbH aufgrund eigener alleiniger Verantwortung keinerlei Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin hätte durchsetzen können. Darauf haben die Beklagten aber im Vorfeld der Vereinbarung hingewiesen. Insoweit liegt schon kein Beratungsfehler vor. Soweit die B GmbH gegen die Klägerin – eine Verantwortlichkeit der Beklagten für die Bauzeitverzögerung unterstellt – nur einen geringeren Betrag als die am 21.11.2013 vereinbarten 138.000,00 EUR netto hätte durchsetzen können, so könnte in der Differenz der Klägerin ein Schaden entstanden sein. Diese Differenz hat die Klägerin jedoch schon nicht substantiiert dargelegt (vgl. dazu unten 3.). Hätte die B GmbH einen höheren Betrag durchsetzen können, so wäre der Klägerin durch die Beratung der Beklagten im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 21.11.2013 schon deshalb kein Schaden entstanden, weil diese Vereinbarung für sie im Ergebnis günstiger gewesen wäre.
3. Der Klägerin hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass ihrer Streithelferin, der B GmbH, tatsächlich wegen einer von den Beklagten zu verantwortenden Bauzeitverzögerung ein Schaden entstanden ist, den die Klägerin auszugleichen verpflichtet war, weshalb sie von den Beklagten Ersatz verlangen kann (§§ 631, 280, 249 BGB).
a) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat nach § 249 Abs. 1 BGB den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Demzufolge kann die Klägerin für den mit Klagantrag Ziffer 1 geltend gemachten Schaden von 164.200,00 EUR nur die Schadenspositionen ersetzt verlangen, die ihre Streithelferin, die B GmbH, ihr gegenüber hätte durchsetzen können. Die Klägerin hat den ihr gegenüber bestehenden Entschädigungs- Schadensersatzanspruch nach § 642 BGB bzw. § 6 Abs. 6 VOB/B (2009) iVm § 642 BGB trotz der Hinweise des Gerichts vom 18.07.2017 und 19.07.2017 nicht konkret dargelegt.
Soweit die Behinderung darin besteht, dass bestimmte Arbeiten nicht oder nicht in der vorgesehenen Zeit durchgeführt werden können, ist die sich daraus ergebende Bauzeitverzögerung nach allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast zu beurteilen. Der Auftragnehmer – hier: die B GmbH, die Streithelferin der Klägerin – hätte deshalb gegenüber der Klägerin darzulegen und den nach § 286 ZPO erforderlichen Beweis dafür zu erbringen, wie lange die konkrete Behinderung andauerte. Dagegen unterliegen weitere Folgen der konkreten Behinderung der Beurteilung nach § 287 ZPO, soweit sie nicht mehr zum Haftungsgrund gehören, sondern dem durch die Behinderung erlittenen Schaden und damit dem Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität zuzuordnen sind. Es unterliegt deshalb der einschätzenden Bewertung durch den Tatrichter, inwieweit eine konkrete Behinderung von bestimmter Dauer zu einer Verlängerung der gesamten Bauzeit geführt hat, weil sich Anschlussgewerke verzögert haben. Auch ist § 287 ZPO anwendbar, soweit es darum geht, inwieweit verschiedene Behinderungen Einfluss auf eine festgestellte Verlängerung der Gesamtbauzeit genommen haben. Aus diesem Grund kommt eine Schätzung nach § 287 ZPO in Betracht, inwieweit ein Verhalten des Auftragnehmers einerseits und dasjenige des Auftraggebers andererseits einen auf eine Bauzeitverzögerung zurückzuführenden Schaden verursacht hat (BGHZ 121, 210, 214). Die Darlegungserleichterung aus § 287 ZPO führt nicht dazu, dass der Auftragnehmer eine aus einer oder mehreren Behinderungen abgeleitete Bauzeitverlängerung nicht möglichst konkret darlegen muss. Vielmehr ist auch insoweit eine baustellenbezogene Darstellung der Ist- und Sollabläufe notwendig, die die Bauzeitverlängerung nachvollziehbar macht. Zu diesem Zweck kann sich der Auftragnehmer der Hilfe graphischer Darstellungen durch Balken- oder Netzpläne bedienen, die gegebenenfalls erläutert werden. Eine nachvollziehbare Darstellung einer Verlängerung der Gesamtbauzeit kann dabei nicht deshalb als unschlüssig zurückgewiesen werden, weil einzelne Teile dieser Darstellung unklar oder fehlerhaft sind. Denn sie bleibt in aller Regel trotz der Unklarheit oder Fehlerhaftigkeit in einzelnen Teilen eine geeignete Grundlage, eine Bauzeitverlängerung gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen zu schätzen (BGH, Versäumnisurteil vom 24.02.2005 – VII ZR 225/03, BauR 2005, 861).
Zu der baustellenbezogenen Darstellung der Ist- und Sollabläufe gehört u. a. eine genaue Aufstellung darüber, welche Arbeitskräfte und -mittel (Maschinen o. ä.) entgegen einer konkreten Planung weder an dieser Baustelle der Auftragnehmerin noch auf anderen Baustellen oder sonst anderweitig eingesetzt werden konnten und welche sonstigen ganz bestimmten Nachteile und Verluste die Auftragnehmerin gerade wegen der jeweiligen Bauzeitverzögerung erlitten hat. Die Auftragnehmerin muss also im Einzelnen darlegen, wie sie den Ablauf des gesamten Bauvorhabens bei der Auftraggeberin geplant hat und wann es bei konkreten Personen oder Gruppen bzw. Baumaschinen und -geräten zu welchen Produktionsstillständen gekommen ist, die durch rechtzeitig geplante und vorgezogene anderweitige Maßnahmen und Aufträge nicht ausgeglichen werden konnten. Nur einer solchermaßen nachvollziehbaren Darlegung kann die Beklagte dann wiederum konkret widersprechen und entgegen treten (OLG Köln, Urteil vom 31.05.2017 – 16 U 98/16, BauR 2018, 1020; Beschluss vom 08.04.2015- 17 U 35/14, BauR 2015,1367 unter Anschluss an OLG Köln, Urteil vom 28.01.2014 – 24 U 199/12, BauR 2014, 1309 ff.; OLG Brandenburg, Urteil vom 18.02.2016 – 12 U 222/14, NJW-RR 2016, 653; OLG Frankfurt, Urteil vom 23.07.2013 – 6 U 122/12, IBR 2016, 4 – Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH am 24.06.2015 – VII ZR 238/13 – zurückgewiesen; KG, Urteil vom 19.04.2011 – 21 U 55/07, BauR 2012, 951).
Vorliegend ergibt sich die Besonderheit, dass die Berechnung bzw. Schätzung vom 21.11.2013 entgegen üblicherweise rückschauend vorgenommener Berechnungen in die – damals – noch ungewisse Zukunft gerichtet war. Nunmehr aber dürften nach Zeitablauf valide Daten zu Personal und Material während der tatsächlichen Verzögerung hinsichtlich der jeweils betroffenen Gewerke vorliegen. Die Klägerin hat solche Umstände nicht konkret dargelegt. Ihr Vortrag erschöpft sich in näheren Erläuterungen zur Entwicklung einer behaupteten Vereinbarung vom 21.11.2013 und des Vertrages mit der B GmbH. Der Nachweis des geplant einzusetzenden Personals und Materials sowie zu dem tatsächlichen Einsatz wäre über Zeugenbeweis des Planers und des eingesetzten Personals zu führen, weshalb deren Benennung durch das Gericht der Klägerin mit Hinweis vom 19.07.2017 anheimgestellt wurde.
b. Der Auffassung der Klägerin, eine bauablaufbezogene Darstellung sei deshalb nicht zu verlangen, weil der Bauablauf den Beklagten bekannt und der Schaden von der Beklagten zu 1. auch überprüft worden sei, diese bei der Schadensfeststellung auch mitgewirkt und die Auszahlung des Betrages an die B GmbH auch freigegeben habe, folgt das Gericht nicht.
aa. Aus oben unter Ziffer 2. dargelegten Gründen sind die Beklagten wegen ihrer Mitwirkung an der Vereinbarung vom 21.11.2013, entgegen der Auffassung der Klägerin, auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert, die Höhe des der Klägerin entstandenen Schadens zu bestreiten.
bb. Auch wenn die Beklagte zu 1. im Verlauf der Schadensermittlung der B GmbH gegenüber mehrfach geäußert hätten, dass sie den Stillstand akzeptierten und den Vergleich als günstig erachteten, wie die Klägerin behauptet, enthebt das die Klägerin noch nicht ihrer Darlegungs- und Beweislast. Es handelt sich hierbei, wie oben bereits dargestellt, lediglich um eine Plausibilitätsprüfung bzw. Schätzungen im Zusammenhang mit dem Gespräch vom 21.11.2013. Wird nunmehr aber gegenüber den Beklagten der konkrete Schaden geltend gemacht, so kann nicht mehr auf diese Schätzungen abgestellt werden. Es bedarf der – oben unter 3.a. aufgezeigten – konkreten Darlegung, die der Klägerin über die sie unterstützende Streithelferin auch möglich wäre.
cc. Dass bei der Schlussrechnung bzw. der Gesamtabrechnung mit der B GmbH diese Zahlungen der Klägerin angesetzt bzw. berücksichtigt wurde, ergibt sich ohne Weiteres und in die Beklagten nicht bindender Weise aus dem Umstand, dass dieser Zahlung die Vereinbarung vom 21.11.2013 zugrunde liegt.
dd. Es ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten in die Planungen der B GmbH eingebunden gewesen oder zu irgendeinem Zeitpunkt darüber im für die Annahme einer nach Treu und Glauben anzunehmenden Selbstbindung (§ 242 BGB) gebotenen Maße informiert worden wären.
Es ist Sache der B GmbH und betrifft auch das unternehmerische Ermessen, wie sie den Einsatz ihres Materials und Personals für das streitgegenständliche oder auch weitere Bauvorhaben im maßgeblichen Zeitraum plant. Die Planung und deren Umsetzung umfasst dabei nicht eine Momentaufnahme, quasi einen Zeitausschnitt, sondern einen ständigen Prozess, der mit der Feststellung der jeweiligen Situation beginnt, die Möglichkeiten des eigenen Handels im Hinblick auf das zu erreichende Ziel – hier: die Vertragserfüllung – unter Berücksichtigung von Chancen, Risiken, Effizienz und Effektivität erfasst, bewertet, eine bestimmte konkrete Maßnahme auswählt, anordnet, sie sodann umsetzt und kontrolliert. Gerade bei großen Bauvorhaben der vorliegenden Art, die jahrelange Vorarbeiten und eine ebenso mehrere Jahre andauernde Bauausführung umfassen, ergeben sich verändernde Situationen wie z.B. durch geänderte Aufträge, aber auch unerwartete Bauverzögerungen, Personal- oder Materialengpässe, oder durch neue parallel auszuführende Bauvorhaben. Die Auseinandersetzung mit diesen veränderten Situationen bedingen die oben skizzierten Grundsätze des Planungsprozesses. Dass die Beklagten zumindest in einem für die Bewertung der hiesigen Bauzeitverzögerung maßgeblichen Zeitabschnitt in die Aufbau- und Ablauforganisation des Unternehmens B GmbH eingebunden waren, ist weder substantiiert vorgetragen, noch ersichtlich. Eine solche Einbindung wäre auch höchst zweifelhaft, da es sich dabei nicht nur um unternehmerische Ermessensentscheidungen, sondern – zumindest teilweise – auch um Betriebsgeheimnisse handelt.
III.
Mangels durchsetzbaren Hauptanspruchs waren auch die Nebenforderungen wegen Zinsen und vorprozessual angefallener Rechtsanwaltskosten abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709,108 ZPO.