Baumängel und Schadenshaftung: VOB-Vertrag unter der Lupe
Das OLG Dresden hat in seinem Urteil die Berufung der Beklagten abgewiesen und bestätigt, dass die Beklagte für sämtliche durch eine fehlerhafte Werkleistung entstandene Feuchteschäden verantwortlich ist. Dabei wurde besonders die Kausalität und die gesamtschuldnerische Haftung nach § 830 BGB hervorgehoben, die die Beklagte nicht entkräftigen konnte. Dies unterstreicht die Bedeutung fachgerechter Ausführungen und die Verantwortlichkeit der ausführenden Unternehmen bei Baumängeln.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Ablehnung der Berufung: Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig wurde zurückgewiesen.
- Fehlerhafte Werkleistung: Zentral war die nicht fachgerechte Ausführung einer Schweißmuffe, die zu umfangreichen Wasserschäden führte.
- Verantwortlichkeit der Beklagten: Die Beklagte wurde als alleinverantwortlich für die entstandenen Schäden anerkannt.
- Gesamtschuldnerische Haftung: Nach § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB haftet die Beklagte gesamtschuldnerisch für die Folgeschäden.
- Unzureichende Entlastungsbeweise: Die Beklagte konnte die Kausalität ihrer mangelhaften Leistung für die Schäden nicht widerlegen.
- Ausschluss von Mitverschulden: Dem Kläger wurde kein Mitverschulden angelastet.
- Rechtliche Grundlage: Die Entscheidung basiert auf § 13 Abs. 7 Nr. 3 VOB/B in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB.
- Keine Revision zugelassen: Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Übersicht
Verantwortung und Haftung im Baurecht: Ein kritischer Blick auf VOB-Verträge
In der Welt des Baurechts spielen VOB-Verträge eine zentrale Rolle, besonders wenn es um die Schadenshaftung bei unklaren Verursachungen geht. Diese Verträge regeln die Beziehung zwischen Auftraggebern und ausführenden Unternehmen und sind essentiell für die Klärung von Verantwortlichkeiten bei Baumängeln. Das Thema gewinnt insbesondere dann an Bedeutung, wenn unvorhergesehene Feuchteschäden oder andere Baumängel auftreten, deren Ursachen nicht eindeutig zuzuordnen sind. In solchen Fällen ist eine sorgfältige juristische Bewertung erforderlich, um zu klären, wer die Verantwortung für die entstandenen Schäden trägt.
In einem aktuellen Urteil des OLG Dresden wird genau diese Problematik behandelt. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, inwieweit ein ausführendes Unternehmen für Schäden haftbar gemacht werden kann, die durch potenzielle Fehler bei der Werkleistung entstanden sind. Der Fall beleuchtet die Bedeutung von Fachexpertise und Sorgfaltspflichten im Bauwesen und wirft Fragen zur anteiligen Verantwortlichkeit und den Grenzen der Schadenshaftung auf. Die nachfolgenden Ausführungen bieten einen tiefgehenden Einblick in die juristischen Feinheiten dieses Falls und beleuchten, wie das Gericht zu seinem Urteil kam. Tauchen Sie mit uns ein in die Welt des Baurechts, um zu verstehen, wie Recht und Gerechtigkeit in komplexen Fällen von Baumängeln und Schadensverursachung abgewogen werden.
VOB-Vertrag und Schadenshaftung: Der Fall des OLG Dresden
Im Zentrum eines bedeutsamen Urteils des OLG Dresden steht ein komplexer Fall, der die Schadenshaftung im Baurecht betrifft. Ausgangspunkt war ein VOB-Vertrag zwischen dem Kläger, der ein Schulgebäude betreibt, und der Beklagten, einem ausführenden Unternehmen. Der Kern des Konflikts lag in umfangreichen Wassereintritten in das Gebäude, verursacht durch eine fehlerhaft ausgeführte Muffenverbindung.
Der Kläger machte Mangelfolgeschäden geltend, die auf eine mangelhafte Werkleistung der Beklagten zurückzuführen waren. Diese hatte eine Schweißmuffe in der Regenwasserfallleitung nicht fachgerecht ausgeführt, was bei Starkregen zu Wasserlecks führte. Der Schaden betraf nicht nur die direkte Umgebung der Muffe, sondern hatte auch Folgeschäden im gesamten Gebäude zur Folge, einschließlich des Aufzugsschachts und der Brandschutzverschlüsse. Ein vom Beklagten beauftragter Privatgutachter bestätigte die Verantwortung der Beklagten für den entstandenen Gesamtschaden.
Rechtliche Herausforderungen und Urteil des Landgerichts
Das Landgericht Leipzig sprach in seinem Urteil dem Kläger den Schadensersatz zu und stellte eine Einstandspflicht der Beklagten für weitere Schäden fest. Interessant ist hierbei die rechtliche Interpretation: Selbst wenn zusätzliche Ausführungs- oder Planungsfehler anderer Baubeteiligter vorlagen, führte dies nach § 830 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB nur zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten mit diesen Beteiligten. Das Gericht sah keinen Grund, den Anspruch des Klägers aufgrund von Mitverschulden Dritter zu mindern.
Die Berufung und ihre Zurückweisung
Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein, die jedoch vom OLG Dresden zurückgewiesen wurde. Die Beklagte argumentierte, dass die Feuchtebelastungen und Kosten nicht ausschließlich ihrer Werkleistung zuzuordnen seien. Das Gericht befand jedoch, dass die Beklagte den Gegenbeweis der fehlenden Ursächlichkeit ihrer Fehlleistung nicht hinreichend angetreten hatte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trägt in Fällen ungewisser Verursachungsbeiträge derjenige die Beweislast, der für die Schadensquelle verantwortlich ist.
Schlussfolgerungen und Ausblick auf das Baurecht
Das Urteil des OLG Dresden verdeutlicht die Bedeutung einer sorgfältigen Ausführung von Werkleistungen und die damit verbundene Verantwortung im Baurecht. Es zeigt auf, dass bei Baumängeln eine genaue Prüfung der Schadensursache und der beteiligten Parteien erforderlich ist. Das Urteil betont auch die Rolle des Baurechts als ein Mittel, um Rechtssicherheit und Gerechtigkeit bei Baumängeln zu gewährleisten. Es stellt klar, dass bei unklarer Schadensverursachung die Verantwortung nicht pauschal auf Dritte übertragen werden kann, sondern eine differenzierte Betrachtung jedes Einzelfalls notwendig ist.
Das Urteil des OLG Dresden ist damit wegweisend für ähnliche Fälle im Baurecht und unterstreicht die Bedeutung von VOB-Verträgen und der korrekten Schadensbeurteilung.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was bedeutet Schadenshaftung im Kontext eines VOB-Vertrags?
Die Schadenshaftung im Kontext eines VOB-Vertrags (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) bezieht sich auf die Verantwortung, die eine Vertragspartei für Schäden übernimmt, die durch ihr eigenes Verschulden oder das Verschulden ihrer gesetzlichen Vertreter und der Personen, die sie zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen einsetzt, entstehen.
Gemäß § 10 VOB/B haften die Vertragsparteien einander für solche Schäden. Dies bedeutet, dass sie für die konkreten Schäden, die kausal aus von ihnen verschuldeten oder ihnen zurechenbaren Pflichtverletzungen entstehen, aufkommen müssen.
Wenn ein Dritter im Zusammenhang mit der Leistung einen Schaden erleidet, für den aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen beide Vertragsparteien haften, gelten für den Ausgleich zwischen den Vertragsparteien die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen, sofern im Einzelfall nichts anderes vereinbart ist.
Im Falle von Verzögerungen oder Mängeln in der Leistungserbringung können Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Diese Ansprüche sind grundsätzlich auf den unmittelbaren Schaden beschränkt. Entgangener Gewinn kann nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit geltend gemacht werden.
Es ist auch möglich, dass der Auftraggeber den Vertrag kündigt und gleichzeitig Schadensersatz verlangt, wenn der Auftragnehmer seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt.
Die Schadenshaftung im Kontext eines VOB-Vertrags ist ein komplexes Thema, das oft zu Auseinandersetzungen und Rechtsstreitigkeiten führen kann. Daher ist es für alle Beteiligten von Vorteil, die spezifischen Bedingungen und Verpflichtungen, die in ihrem Vertrag festgelegt sind, genau zu verstehen.
Das vorliegende Urteil
OLG Dresden – Az.: 14 U 1551/22 – Urteil vom 18.04.2023
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 30.06.2022, Az.: 01 O 38/22, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil des Landgerichts sowie das Urteil des Senats sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung der Kläger Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstands des Berufungsverfahrens wird auf bis 100.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt Ersatz von Mangelfolgenschäden aufgrund einer fehlerhaften Werkleistung der Beklagten an einer Muffenverbindung im Zusammenhang mit umfangreichen Wassereintritten in das vom Kläger betriebene Schulgebäude.
Zum unstreitigen Sachverhalt, dem streitigen Vortrag sowie der Antragsstellung der Parteien in erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils. Darüber hinaus ist zu ergänzen: Die Beklagte hat den Privatgutachter Dipl.-Ing. SV1 – zu ihrer Entlastung – mit der Prüfung des Folgeschadens nach einem „bestimmungswidrigen Wasseraustritt“ aus einer Schweißmuffe beauftragt. Dieser hat mit Gutachten vom 21.04.2021 (Anlage B
1) Feststellungen getroffen, auch zur Verantwortlichkeit für den entstandenen Gesamtschaden (Gutachten B 1, Seite 16 dort, Ziffer 4.4.1):
„Durch die nicht fachgerecht ausgeführte Schweißmuffe in der Regenwasserfallleitung oberhalb der Dachterrasse trat bei Starkniederschlag Wasser nach außen und verlief in den Dachaufbau der Dachterrasse und schädigte damit die Dämmung. Die Ausführungen einer fachgerechten Leitungsverbindung liegt im alleinigen Verantwortungsbereich des ausführenden Unternehmers. Die VN hat bei der Ausführung ihre Sorgfaltspflicht verletzt und ist deshalb für den Folgeschaden in diesem Bereich als alleinverantwortlich zu erkennen.
Für die Folgenschäden im Aufzugsschacht und Gebäude ist eine anteilige Verantwortlichkeit zu erkennen. Aufgrund des nicht fachgerecht hergestellten Leitungsstoßes und des damit verbundenen Wasseraustritts wurde die Dampfsperre unterlaufen und Wasser ist in den Brandschutzverschluss der Deckenöffnung gelaufen. Eine anteilige Verantwortlichkeit deshalb, da neben dem schadensursächlichen Wasseraustritt die Ausbreitung des Wassers und damit die Folgeschäden im Gebäude durch die mangelhafte Leistung anderer am Bau Beteiligten mitverursacht wurden.“
Des weiteren werden in dem Gutachten Feststellungen zu einer nicht vollständig verschweißten Dachterrassenabdichtung der Dachdeckerfirma … getroffen sowie zur Nichteinhaltung von Regelwerken und einer nicht sorgfältig durchgeführten Bauleitung.
Das Landgericht hat den Zahlungsantrag zugesprochen und die Einstandspflicht für weitere Schäden festgestellt. Das infolge fehlerhafter Verschweißung seitens der Beklagten aus dem Spalt an der Muffe austretende Niederschlagswasser sei in das Gebäude eingedrungen und habe die Feuchtigkeitsschäden verursacht. Der Einwand, der Schadensumfang gehe auf vom Dachdecker fachlich nicht korrekt ausgeführte Bitumenbahnen bzw. Aufkantungen an den Wandanschlüssen der Dachterrasse zurück, wodurch sich das Wasser überhaupt nur habe weiter verteilen und in den Aufzugsschacht etc. gelangen können, genüge nicht zu einer Einschränkung der Beklagtenhaftung. Selbst wenn Ausführungs- oder Planungsfehler vorgelegen haben sollten, führten solche nach § 830 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB lediglich zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten mit den dritten Beteiligten. Der Anspruch des Klägers mindere sich nicht nach § 254 BGB wegen mitwirkendem Verschuldens Dritter; auch den Kläger selbst treffe kein Mitverschuldensvorwurf. Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet.
Gegen das am 07.07.2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 08.08.2022 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.10.2022 mit einem am 06.10.2022 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie meint, zwingende Voraussetzung für die Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB sei, dass jeder der Beteiligten den Schaden verursacht habe und dies auch im Hinblick auf den gesamten Umfang. Sie habe jedoch bestritten, dass die vom Kläger geltend gemachten Feuchtebelastungen oder daraus resultierende Kosten in diesem Umfang gerade auf ihre unstreitig partiell mangelhafte Werkleistung zurückgeführt werden könne. Hierüber sei das Landgericht verfahrensfehlerhaft hinweggegangen. So habe der Privatgutachter SV1 festgestellt, dass im Deckendurchgang ein Brandschutzverguss in der Rohdecke zu erkennen sei und die Dampfsperre auf der Betondecke am Deckendurchgang aufgeschnitten gewesen sei mit der Folge, dass anfallendes Wasser in die darunter befindlichen Räume habe laufen können. Bei der gebotenen Einvernahmen des Zeugen SV1 und Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte sie den Nachweis erbracht, dass die durch den Kläger im geltend gemachten Umfang behaupteten Schäden gerade nicht durch ihre Pflichtverletzung begründet worden seien.
Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des am 30.06.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Leipzig wird dieses abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, schon der Beweis des ersten Anscheins streite für das Beruhen des gesamten Wasserschadens auf der mangelhaften Muffenabdichtung. Angebliche Alternativursachen zur begünstigenden Schadensausbreitung tangierten die vollständige Haftung der Beklagten nicht. Sie benenne weder eine andere Ursache, die zu dem streitgegenständlichen Schaden geführt habe, noch grenze sie den angeblichen nur von ihr zu vertretenen Anteil von den Anteilen ab, die sie gern Dritten zuweisen möchte. Unabhängig davon habe er (der Kläger) nachgewiesen, dass die Dampfsperre entgegen der These der Beklagten regelgerecht ausgeführt worden sei, und das Aufgeschnittensein der Dampfsperre mit Nichtwissen bestritten. Gegen die Zurückweisung irgendeines Mitverschuldensanteils wende sich die Berufung nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zu den Akten gelangten Schriftsätzen samt den Anlagen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
A. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht dem Kläger aus § 13 Abs. 7 Nr. 3 VOB/B, § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem die Parteien verbindenden VOB/B-Vertrag vom 27./28.11.2018 den geltend gemachten Restschadensbetrag zugesprochen.
1. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst Bezug genommen auf die Ausführungen des Landgerichts in dem angegriffenen Urteil.
2. Die Berufung gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass, im Einzelnen:
a) Auch die Beklagte stellt ihre mangelhafte Werkleistung, nämlich an der Regenfallleitung der Hauptdachentwässerung oberhalb der Dachterrasse eine Schweißmuffe mit dem Rohr so verschweißt zu haben, dass ein wasserdurchlässiger Spalt von 5 mm verblieben ist, ebenso wenig in Abrede wie das Vertretenmüssen dieser Pflichtverletzung.
b) Die Beklagte haftet in vollem Umfang für den auf ihre Schlechtleistung zurückgehenden Feuchteschäden. In entsprechender Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie den Umfang der klägerseits geltend gemachten Feuchtebelastung bestritten hat, namentlich, dass deren Umfang gerade auf ihre mangelhafte Leistung zurückgeführt werden kann und infolgedessen der Sachverhalt weiter habe aufgeklärt werden müssen (aa). Den ihr obliegenden Gegenbeweis der fehlenden Ursächlichkeit ihrer Fehlleistung hat sie bereits nicht in hinreichendem Maße angetreten (bb).
aa) Dies trifft nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Nachweis der Kausalität der Haftung mehrerer Beteiligter bei ungewissem Verursachungsbeitrag nach § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2001, Az.: X ZR 69/99). In dieser Entscheidung hatte der BGH über eine fehlerhafte Klempnerleistung an Wasserleitungen zu befinden, bei der zwei Löcher in dem Küchenboden unverschlossen blieben und in dem unter der Küche liegenden Kellerraum verschiedene wertvolle Gegenstände des Auftraggebers in Mitleidenschaft gezogen wurden. Dabei konnte nicht festgestellt werden, ob das Wasser durch ei-nes der beiden Löcher oder durch eine vorher von dritter Seite erstellte Wand, die ebenfalls einen Wasserdurchlass enthielt, eingedrungen war, also bei dem Wasserschaden Flüssigkeit auch auf anderem Wege als durch das vom dortigen Kläger zu verantwortende Loch im Küchenboden in den Keller hat eindringen können. Nachdem der Bundesgerichtshof zunächst nur solche Schäden, die auf dem pflichtwidrigen Verhalten beruhen, als ersatzfähig angesehen und die Anwendbarkeit des im Deliktsrecht angesiedelten § 830 BGB auch auf eine vertragliche Haftung klargestellt hatte (vgl. a.a.O., Rdn. 16), führte er zu den Voraussetzungen der Einbeziehung in eine Haftung aus (Rdn. 17):
„Voraussetzung der Einbeziehung in die Haftung nach § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB ist, dass zum einen bei dem in Anspruch Genommenen wie bei den übrigen Beteiligten ein anspruchsbegründendes Verhalten vorliegt, wenn man vom Nachweis der Ursächlichkeit dieser haftungsbegründenden Tatsache für den eingetretenen Schaden absieht, zum anderen eine der unter den Begriff der Beteiligung zusammengefassten Personen den Schaden verursacht haben muss und schließlich nicht festzustellen ist, welcher von ihnen den Schaden tatsächlich ganz oder teilweise verursacht hat.“
Hier steht fest, dass die Wasserschäden am Gebäude durch das aus der Fallrohrmuffe ausgetretene Wasser verursacht worden sind; offen ist lediglich, ob das Wasser dorthin seinen Weg gerade über den von der Beklagten fehlerhaft geschweißten Spalt etwa entlang dem Fallrohr genommen hat oder auf eine andere, vom Kläger nicht zu verantwortende Weise über die Dachterrassenabdichtungen in die Räumlichkeiten gelangt ist. Zugleich steht fest, dass das den Schaden auslösende Wasser auf einem der beiden Wege eingedrungen sein muss, wobei nicht zu klären ist, ob der Schaden jeweils ausschließlich direkt vom Fallrohr aus verlaufenden Wasser oder über die Dachabdichtung bzw. den Aufzugsschacht verursacht wurde.
Damit liegt bei dem Kläger eine Lage vor, zu deren Vermeidung Maßnahmen von ihm nicht zu erwarten waren. Der Kläger war – nach Aktenlage – weder bei den Dachabdichtungen noch bei dem Verschweißen der Muffe anwesend. Er hat die jeweiligen Schadensquellen weder beherrscht noch den zu seiner Schädigung führenden Geschehensablauf im Einzelnen übersehen. Dies ist im Termin auch unbestritten geblieben.
bb) Gerade dieser Beweisnot trägt (vgl. BGH, a.a.O., Rdn. 16) § 830 Abs. 1 BGB Rechnung und überträgt die Beweislast demjenigen, der für diese Schadensquelle verantwortlich ist und von dem deshalb ihre Kontrolle erwartet werden kann. Das ist jedenfalls – neben den genannten Dritten – auch die Beklagte. Zwar vermag sich jeder der Beteiligten – so auch die Beklagte –
durch den Nachweis zu entlasten, dass ihr Verhalten für den Verletzungserfolg nicht ursächlich war (ganz herrschende Meinung, vgl. u.a. BGHZ 33, 286, 292; Staudinger/Eberl-Borges, BGB 2022; § 830 Rdn. 120), wobei für einen solchen Beweis des Gegenteils keine erleichternden Beweisregeln gelten. Der Beweis ist nur geführt, wenn das Gericht die Überzeugung gewonnen hat, dass der in Anspruch Genommene als Verursacher nicht in Betracht gezogen werden kann (BGH, VersR 1962, 430, 431; Staudinger, a.a.O.).
Gemessen hieran reicht es, wie mit den Parteien im Senatstermin erörtert, nicht aus, wenn die Beklagte lediglich bestreitet, nicht für den gesamten Umfang des Schadens verantwortlich gewesen zu sein. Infolgedessen bestand weder für das Landgericht noch für den Senat Anlass zu der in der Berufung verlangten weiteren Aufklärung des Sachverhalts durch Beweisaufnahme. Hierzu hätte es – wie von der Klägerseite auch in der Berufungserwiderung zutreffend ausgeführt – gerade vor dem Hintergrund der Tatsachenfeststellung des Parteigutachtens (dieses spricht durchgehend von „dem ausgetretenen Wasser“; Hervorhebung nicht im Ga) der Behauptung bedurft, der Gesamtschaden sei allein und/oder ganz überwiegend durch einen Wassereinbruch in die Deckendurchdringung (unzureichende Abdichtung der Bitumenbahn auf Betondecke und Aufkantung in alle Wandschlössen) verursacht worden. Anders ausgedrückt: Der muffenbedingte Wassereintritt sei zwar in dem unmittelbaren Fallrohrbereich der Umkofferung wirksam geworden, aber dort auch zum Stillstand gekommen, so dass für den darüberhinausgehenden abgrenzbaren weiteren Schaden ein unabhängig davon stattgefundener Wassereintritt verantwortlich gewesen sei. An einem solchen Vortrag fehlt es. Dass das Wasser überhaupt bis zur Dampfsperre hat vordringen und danach unter diese hat laufen können, beruht allein auf dem Erstschaden (Wasseraustritt aus dem Spalt). Die Beklagte benennt keine andere Ursache. Alles Wasser, das sich im Gebäude verteilen konnte, beruht auf diesem Mangel. Es gibt keinen einzigen Schadensbereich, den der Sachverständige nicht dem Wasseraustritt bzw. -eintritt aus dem Spalt zugeordnet hat.
c) Nach alledem wäre es auch mit Gerechtigkeitserwägungen nicht vereinbar, dem am eigentlichen Mangelgeschehen unbeteiligten Geschädigten zuzumuten, von seinem Vertragspartner nur einen Teil des Gesamtschadens fordern zu können, für den Rest aber weitere am Bau Beteiligte in Anspruch nehmen zu müssen. Der Beklagten wiederum steht die Möglichkeit offen, im Falle einer Gesamtschuld bei den übrigen Beteiligten, hier zumindest der Dachdeckerfirma, einen teilweisen Ausgleich nach §§ 421, 426 BGB zu erlangen. Weiterer Ausführungen dazu bedarf es hier nicht.
d) Die Rechtsfehler nicht erkennen lassende Ausführungen betreffend einen Mitverschuldensanteil nach § 254 BGB hat die Berufung nicht angegriffen. Nicht im Streit steht ferner die Höhe des Restanspruchs.
Angesichts der oben eingenommenen Rechtsauffassung des Senats zu § 830 BGB kann offen bleiben, ob ein vergleichbares Ergebnis unter dem Gesichtspunkt der Doppelkausalität begründet werden könnte.
III.
Was die weiteren Ansprüche des angegriffenen Urteils anbelangt, vgl. Tenor Ziffer 2, 3 des Urteils, so richtet sich die Berufung hiergegen nicht.
IV.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
2. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.