Probleme bei der Errichtung eines Zweifamilienhauses: Höhenabsteckung und Planerhaftung
Ein Fall von baurechtlicher Planerhaftung hat in jüngster Zeit die Aufmerksamkeit der Juristen- und Baubranche auf sich gezogen. Im Kern des Streits steht ein Bauherr, der die Verantwortlichen für angeblich mangelhafte Absteckarbeiten an einem Zweifamilienwohnhaus verklagt hat. Dabei wurde insbesondere die Frage der Haftung in Fällen, in denen die Höhenabsteckung bei der Errichtung des Gebäudes nicht durchgeführt wurde, kontrovers diskutiert.
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Übersicht
Dienstleistungsvertrag und Absteckarbeiten
Zurück im Jahr 2009 schloss der Bauherr einen Dienstleistungsvertrag mit einer Baufirma ab, deren Gesellschafter ebenfalls Beklagte in diesem Fall sind. Der Vertrag legte fest, dass das Unternehmen verschiedene Planungsleistungen sowie Absteckarbeiten ausführen sollte. Diese Arbeiten umfassten die Erstellung eines Lage- und Höhenplans sowie die Absteckung der äußeren Gebäudepunkte und Gebäudelinien.
Die Debatte um Planerhaftung
Die Angelegenheit wurde komplizierter, als der Bauherr behauptete, die Beklagten hätten ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Höhenabsteckung verletzt. Dabei spielte die Genehmigungsplanung eine entscheidende Rolle, in der die Höhe des Einfamilienhauses auf 123,00 m.ü.N.N. festgelegt wurde. Die Streitigkeit führte schließlich zur Einreichung einer Klage, in der der Bauherr einen Kostenvorschussanspruch geltend machte.
Ein Richtungsweisendes Urteil
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln, unter dem Aktenzeichen I-19 U 103/20, fällte am 9. Juli 2021 ein richtungsweisendes Urteil. Es wies die Klage des Bauherren ab und ordnete an, dass dieser die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass das Urteil vorläufig vollstreckbar ist, wobei dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden.
Dieser Fall hebt die Bedeutung einer gründlichen und ordnungsgemäßen Planung bei Bauprojekten hervor, insbesondere in Bezug auf Aspekte wie die Höhenabsteckung. Darüber hinaus unterstreicht er die Relevanz des Baurechts und der Planerhaftung in solchen Situationen.
Das vorliegende Urteil
OLG Köln – Az.: I-19 U 103/20 – Urteil vom 09.07.2021
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.08.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn (13 O 147/16) wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagten einen Kostenvorschussanspruch wegen behaupteter mangelhafter Absteckarbeiten eines Bauvorhabens geltend.
Der Kläger ist Bauherr des Zweifamilienwohnhauses mit Garage in der A-Straße 23, B. Mit Datum vom 25.01.2009 schloss er mit der Beklagten zu 1), deren Gesellschafter die Beklagten zu 2) und 3) sind, einen „Dienstleistungsvertrag“, ausweislich dessen die Beklagte zu 1) verschiedene Planungsleistungen sowie auch Absteckungsarbeiten auszuführen hatte. Der Vertrag enthält u.a. folgende Regelungen:
„1.1 – Beauftragung einer genehmigungsfähigen Planung
Lageplan, sowie gesondert geforderte Unterlagen, werden separat berechnet!
Die o.g. Leistungen umfassen keine Ausführungsplanung sowie Bauleitung!
(…).
Ziffer 2.1 – Lageplan
Erstellung des Lage- und Höhenplans zum Baugesuch (…).
Ziffer 2.2 – Absteckungsarbeiten
Absteckung der bestimmten äußeren Gebäudepunkte sowie der äußeren Gebäudelinien mit Nägeln auf das bauseits zu erstellende Schnurgerüst, Anfertigung und Übergabe eines Absteckprotokolls (…).
Die Position 2.2 kann nur in Verbindung mit einer Beauftragung von Pos. 2.1 erfolgen!“
Mit Auftragsschreiben vom 26.01.2009, das mit „Auftrag Erstellung Lageplan und Vermessungsarbeiten“ überschrieben ist, beauftragte die Beklagte zu 1) den Vermesser C – zwischenzeitlich Streithelfer zu 1) der Beklagten – mit der Grob- und Feinabsteckung, der Lageplanvorbereitung sowie der Übersendung des Absteckungsprotokolls. Dieser rechnete seine erbrachten Leistungen auf dem Briefkopf der Firma C Ingenieurgesellschaft mbH, der zwischenzeitlichen Streithelferin zu 2), ab.
Die Beklagte erstellte die Genehmigungsplanung und legte im Rahmen der Planung die EFH-Höhe mit 123,00 m.ü.N.N. fest. Die Firma D GmbH erstellte als Rohbauunternehmen die Bodenplatte, dies jedoch um 0,355 m zu tief, was sich allerdings erst nach Fertigstellung des Gebäudes herausstellte.
Der Kläger hat behauptet, durch den Zeugen C sei die EFH-Höhe fehlerhaft mit 122,75 m.ü.N.N. erstellt und an die Baustelle weitergegeben worden. Auf Grundlage dieser fehlerhaft festgelegten Höhenpunkte sei durch das Rohbauunternehmen D GmbH die Bodenplatte erstellt und dementsprechend das Gebäude errichtet worden.
Er hat die Auffassung vertreten, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen F im vom Kläger gegen die Beklagten im Jahr 2014 vor dem Landgericht Bonn eingeleiteten selbstständiges Beweisverfahren (Landgericht Bonn, Aktenzeichen 13 OH 4/14) den dort für erforderlich erachteten Betrag als Kostenvorschuss verlangen zu können.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 42.350,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2.676,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.706,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, nach dem Leistungstext sei lediglich eine Flächenabsteckung geschuldet gewesen, nicht aber eine Absteckung der Höhe. Vertragspartner sei auch nicht der Kläger, sondern die „Familie E“. Die Leistungen der Beklagten zu 1) seien nach Fertigstellung im Juli 2009 durch vorbehaltslose Zahlung der Rechnungen vom 08.05.2009 und 10.07.2013 zumindest konkludent abgenommen worden. Ein Kostenvorschussanspruch bestehe bereits dem Grunde nach nicht.
Sie haben behauptet, das Gebäude sei deshalb abweichend von der Planung zu tief erstellt worden, weil der Kläger eigenmächtig mit dem Rohbauunternehmer die Geländehöhe und die Höhe des Planums abweichend von den Vorgaben der Absteckung des Vermessers für die Bodenplatte festgelegt und umgesetzt habe.
Das Landgericht hat die Akte LG Bonn – 13 OH 4/14 – beigezogen und Beweis erhoben durch Einholung eines ergänzenden schriftlichen Gutachtens des im selbständigen Beweisverfahren tätigen Sachverständigen Architekt F sowie eines weiteren schriftlichen Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen G. Zudem hat es Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C, H und D.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Beklagten zur Zahlung von 38.316,20 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten an den Kläger verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es bestehe ein Anspruch auf einen Kostenvorschuss aus §§ 631, 633, 634 Nr. 4, 280, 421 BGB. Der Kläger sei als Alleinunterzeichner des mit der Beklagten zu 1) geschlossenen Vertrages Vertragspartner geworden und daher aktivlegitimiert. Es sei ein Werkvertrag anzunehmen. Die Erstellung eines Lage- und Höhenplanes sowie diesbezügliche Absteckungsarbeiten seien geschuldet gewesen. Die Frage, ob eine konkludente Abnahme durch vorbehaltlose Zahlung anzunehmen sei, könne dahinstehen, da unbeschadet der Frage der Abnahme ein Übergang in das Abrechnungsverhältnis erfolgt sei. Der Werkmangel bestehe darin, dass eine Höhenabsteckung nicht vorgenommen worden sei. Es sei erwiesen, dass eine Höhenabsteckung durch den von der Beklagten zu 1) beauftragten Vermesser (den Zeugen C) nicht vorgenommen worden sei. Für die Kausalität zwischen nicht ausgeführter Höhenabsteckung und zu tiefer Errichtung des Gebäudes (nebst der Garage) streite ein Anscheinsbeweis. Eine fehlerhaft vorgenommene Höhenabsteckung ziehe nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise die Gefahr einer höhenmäßig fehlerhaften Errichtung des Gebäudes nach sich. Diese tatsächliche Vermutung sei nicht entkräftet worden. Insbesondere hätten die Beklagten nicht zu beweisen vermocht, der Kläger sei eigenmächtig von den Vorgaben der Absteckung durch den Vermesser abgewichen. Auch sei die tatsächliche Vermutung nicht dadurch widerlegt worden, dass die Beklagten unter Vorlage von Fotoprints (Bl. 258 der Akte) behauptet hätten, das Gebäude sei auch tiefer errichtet worden als die aus den Fotos ersichtliche Höhenmarkierung, und bei Einhaltung dieser Markierung sei es nicht zu der nun aufgetretenen Problematik gekommen, dies unabhängig davon, wer die auf den Fotos erkennbare Markierung vorgenommen habe. Zur Höhe hat sich das Landgericht im Wesentlichen auf die eingeholten Sachverständigengutachten gestützt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen im Urteil vom 12.08.2020 Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagten rügen, das Landgericht habe verkannt, dass die ihnen vorgeworfene Pflichtverletzung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für den geltend gemachten Schaden nicht ursächlich geworden sei.
Man könne nicht zweifelsfrei davon ausgehen, dass die Beklagten eine Höhenabsteckung schuldeten. Selbst wenn jedoch die Beklagten eine Höhenabsteckung geschuldet hätten, könne deren Unterbleiben nicht für die um 0,355 m zu niedrige Errichtung von Gebäude und Garage ursächlich geworden sein, da der Kläger bzw. seine Familie die Erdarbeiten und sämtliche sonstigen Bauarbeiten in Eigenregie ohne Einbeziehung der Beklagten hätten ausführen lassen. Der Zeuge C sei mit der Höhenabsteckung beauftragt gewesen. Insoweit wenden sich die Beklagten gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts und sind der Ansicht, das Landgericht habe das Eigeninteresse der Zeugen C und H unzureichend berücksichtigt. Es sei widersprüchlich, wenn das Landgericht einerseits davon ausgehe, eine Höhenabsteckung sei entgegen der Vereinbarung mit dem Kläger nicht vorgenommen worden, andererseits dann aber auf Seite 18 unten annehme, es sei „zwischenzeitlich“ durch die Streithelferin eine Höhenfestlegung vorgenommen worden. Eine fehlende Höhenabsteckung könne nicht ohne weiteres ursächlich für eine zu niedrige Gebäudeerrichtung sein, weil sich die Frage stelle, auf welcher Grundlage das Bauvorhaben errichtet wurde, wenn keine Höhenabsteckung vorlag. Es sei dann Sache des Klägers, wenn mit dem Bau ohne Höheneinmessung begonnen werde, weshalb auch für die Annahme eines Anscheinsbeweises es der Grundlage ermangele. Dass ohne Vorgabe zur Höhe oder Einbeziehung des Vermessers oder der Beklagten Bauarbeiten ausgeführt worden seien, führe das Landgericht selbst auf den Seiten 12 und 13 des Urteils aus; dies in Würdigung der Bekundungen der Zeugen C und H, zumal offengeblieben sei, ob eine Rücksprache zwischen dem Zeugen D und dem Kläger zur Höhenfestlegung erfolgt sei.
Die Beklagten richten sich mit ihrer Berufung zudem gegen die etwaige Schadenshöhe. Zum Mitverschulden meinen sie, es gehe es nicht darum, ob sich der Kläger ein Fehlverhalten des Bauunternehmers zurechnen lassen müsse, sondern um den Gesichtspunkt der fehlenden Kausalität der angeblichen Pflichtverletzung der Beklagten. Es fehle bereits an einer Haftung dem Grunde nach, weshalb es auf ein Mitverschulden nicht ankomme. Zu berücksichtigen sei der Einwand des Mitverschuldens dagegen im Rahmen der Schadensminderungspflicht.
Die Beklagten beantragen, das Urteil des Landgerichts Bonn vom 12.08.2020, AZ 13 O 147/16, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung. Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beklagten auch eine Höhenfestlegung geschuldet hätten. Dass dies richtig sei, ergebe sich auch daraus, dass die Beklagten mit Schriftsatz vom 15.02.2017 selbst vortrügen, dass die zutreffende und von den Beklagten geplante Höhe von 123 m als fertige Fußbodenhöhe mit einer Farbkennzeichnung mit Beschriftung auf der Rohbaustelle markiert worden sei, dies mit einem roten Punkt, einem + und der Angabe 54 cm. Dies sei auch durch den Zeugen D bestätigt worden (Seite 2 der Berufungserwiderung, Bl. 670 d. A.). Auch bei Annahme einer nicht vorgenommenen Höhenabsteckung ergebe sich eine Haftung aus den vom Landgericht dargelegten Gründen.
Die Beklagten erwidern, bei einer Würdigung insbesondere der Bekundungen des Zeugen C müsse davon ausgegangen werden, dass keine Höhenfestlegung erfolgt sei (Seite 2 des Klägerschriftsatzes vom 02.02.2021, Bl. 674 d. A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von 38.316,20 EUR zu. Zutreffend hat das Landgericht als Anspruchsgrundlage (letztlich) §§ 631, 633, 634 Nr. 2, 280, 421 BGB angeführt, wobei zum Vorschussanspruch ergänzend auf § 634 Nr. 2 BGB zu verweisen ist, die Klage insoweit als schlüssig angesehen und ebenso umfassend wie sorgfältig Beweis erhoben. Zu Unrecht hat das Landgericht indes angenommen, dass die um ca. 35 cm zu tiefe Errichtung des Gebäudes nebst Garage kausal auf die mangelhafte, weil nicht ausgeführte, Höhenabsteckung zurückzuführen sei und für den Kläger insoweit ein Anscheinsbeweis streite, den die Beklagten nicht widerlegt hätten.
a. Für den Fall, dass die Beklagte zu 1) (oder der von ihr beauftragte Vermesser) die Höhe fehlerhaft abgesteckt, wäre die – vom Landgericht angenommene – tatsächliche Vermutung gerechtfertigt.
Das Landgericht ist insoweit zutreffend davon ausgegangen, dass der Beweis des ersten Anscheins bei typischen Geschehensabläufen eingreift, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist. Dieser Schluss setzt eine Typizität des Geschehensablaufs voraus, was in diesem Zusammenhang allerdings nur bedeutet, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit eines solchen Falles sehr groß ist (BGH, Versäumnisurteil vom 10.04.2014 – VII ZR 254/13 -, Rn. 9, juris, m.w.N.). In solchen Fällen hat, wer einen vom gewöhnlichen Verlauf abweichenden Gang des Geschehens behauptet, Tatsachen substantiiert vorzutragen und ggf. nachzuweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit für einen anderen als den typischen Hergang ergibt.
Ausgehend hiervon ist auch nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass eine im Vorfeld der Errichtung eines Gebäudes – hier in tatsächlicher Hinsicht vom Landgericht indes zutreffend nicht festgestellte (siehe im Folgenden unter II. 1. b.) – nicht ordnungsgemäß vorgenommene Höhenabsteckung nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise auch die Gefahr einer höhenmäßig nicht ordnungsgemäßen Errichtung eines Gebäudes nach sich zieht.
b. Anders ist dies aber für den vom Landgericht beanstandungsfrei als bewiesen erachteten Sachverhalt zu bewerten, wonach keine von den Beklagten zu verantwortende Höhenabsteckung vorgenommen wurde, insbesondere der beauftragte Vermesser gerade keine Höhenabsteckung vorgenommen hat.
Der vom Landgericht angenommene Erfahrungssatz „Eine fehlerhaft vorgenommene Höhenabsteckung zieht nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise die Gefahr einer höhenmäßig fehlerhaften Errichtung des Gebäudes nach sich.“ ist zwar – wie bereits ausgeführt – zustimmungswürdig. Er beruht jedoch auf der Annahme, der Bauunternehmer werde einer vom Vermesser fehlerhaft vorgenommenen Absteckung folgen. Daraus ergibt sich zugleich, dass sich der Erfahrungssatz auf die als bewiesen erachtete Situation einer nicht erfolgten Absteckung nicht übertragen lässt. Vielmehr spricht in dieser Situation ein Erfahrungssatz allenfalls und am ehesten dafür, dass der Bauunternehmer sich an den Bauherrn wendet, damit dieser für eine Absteckung Sorge trägt. Hat der Bauunternehmer keine Vorgabe zur Höhe, streitet gerade kein Erfahrungssatz dahingehend, dass er um 35 cm zu tief baut, auch nicht dafür, er werde um 70 cm zu tief bauen, um 45 cm zu hoch oder am Ende gar richtig.
Der geltend gemachte Schaden infolge einer zu tiefen Errichtung von Gebäude und Garage kann demgemäß nicht ursächlich auf eine unterbliebene Höhenabsteckung zurückgeführt werden. Zurechenbar wäre lediglich ein Schaden, der darin besteht, dass die unterbliebene Höhenabsteckung anderweitig beauftragt werden musste. Derartige Kosten werden indes nicht geltend gemacht.
c. Davon, dass keine Höhenabsteckung durch den von den Beklagten beauftragten Vermesser durchgeführt worden ist und demgemäß dem Kläger der Beweis dafür, dass der Zeuge C die Höhenabsteckung fehlerhaft durchgeführt hat, nicht gelungen ist, ist aufgrund der Tatsachenfeststellung des Landgerichts auszugehen, da gegen deren Vollständigkeit und Richtigkeit Bedenken nicht bestehen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Ungeachtet dessen, dass die Beklagten die Beweiswürdigung letztlich nur halbherzig und nicht bezogen auf die im Ergebnis getroffene Feststellung, eine Höhenabsteckung sei nicht erfolgt, angreifen, ist im Hinblick auf ihr Berufungsvorbringen folgendes anzumerken:
Die Feststellungen des Landgerichts beruhen auf der überaus ausführlichen und sorgfältigen Zeugenvernehmung (siehe Protokoll v. 21.06.2017 betreffend die Zeugen C und H, Bl. 204-212 d. A., und Protokoll vom 08.11.2017 betreffend den Zeugen D, Bl. 249-256 d. A.). Sie sind nicht widersprüchlich. Entgegen der – von den Beklagten mit der Berufung vorgebrachten – Ansicht wird auf Seite 18 unten des angefochtenen Urteils nicht festgehalten, der Zeuge C habe „zwischenzeitlich“ eine Höhenabsteckung vorgenommen. Das Wort zwischenzeitlich wird ersichtlich dazu verwendet, zu beschreiben, dass der Zeuge C nur für einen begrenzten Zeitraum Streithelfer war, er also „zwischenzeitlicher“ Streithelfer war. Im Übrigen wird lediglich ausgeführt, dass eine eigenmächtige Abweichung des Klägers und des Zeugen D nicht habe bewiesen werden können, was eine Wertung dahin, dass es eine Festlegung gab, von der hätte abgewichen werden können, gerade nicht impliziert.
Die für die richterliche Überzeugungsbildung leitenden Gründe (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO) werden auf den Seiten 10-12 des angefochtenen Urteils gründlich, nachvollziehbar und plausibel dargestellt. Zutreffend wird der Schwerpunkt auf die Darstellung von Glaubhaftigkeitsmerkmalen der Aussagen gelegt. Aus den Ausführungen geht auch hervor, dass das Gericht keine Belastungs- oder Begünstigungstendenzen annimmt. Dass das Gericht davon ausgegangen ist, dass die Zeugen unbeschadet ihrer Nähe zur Beklagtenseite um eine authentische Wiedergabe ihrer Erinnerungen bemüht waren, hat es mit der sorgfältigen Darstellung der Glaubhaftigkeitsmerkmale mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Ein Eigeninteresse hat im Übrigen auch der Zeuge D im Hinblick auf seine Nähe zu der ausführenden Baugesellschaft D GmbH und den dieser drohenden Schadensersatzansprüchen.
Soweit der Kläger mit der Berufungserwiderung ausführt, dass entgegen der Ansicht des Landgerichts der Zeuge C eine falsche Höhenabsteckung vorgenommen habe, kann er damit bereits mangels Rechtsmitteleinlegung keinen Erfolg haben. Es mag im Übrigen durchaus auch sein, dass sich in erster Instanz zunächst die Behauptung des Klägers, es sei eine fehlerhafte Absteckung vorgenommen worden, und jene der Beklagten, die Absteckung sei korrekt durchgeführt worden, komplementär gegenüberstanden. Nach dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, der der Beweiskraft des § 314 ZPO unterliegt und zu dem kein Berichtigungsantrag gestellt worden ist, ist jedoch davon auszugehen (Seite 6 des Urteils), dass die Beklagten u. a. jedenfalls auch behauptet haben, im Juli 2009 habe der Vermesser keinen Höhenpunkt festgelegt, weil der Rohbauunternehmer dies bereits getan habe, und es habe sich um ein eigenmächtiges Vorgehen des Klägers und des Bauunternehmers gehandelt. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass das Landgericht über diesen Aspekt Beweis erhoben (vgl. Beweisbeschluss vom 15.03.2017, Bl. 172 f. d. A.) und den Beweis für eine fehlerhafte Absteckung als nicht geführt gesehen hat, den für eine nicht erfolgte Absteckung des Vermessers aber als geführt bewertet.
2. Ein Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen besteht nicht, da ein Anspruch in der Hauptsache nicht gegeben ist.
3. Auch ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht mangels Anspruchs in der Hauptsache nicht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Zu den Kosten der Nebenintervention bedarf es keines Ausspruchs, nachdem die vormaligen Streithelfer den mit Schriftsatz vom 28.10.2016 erklärten Beitritt auf Seiten der Beklagten mit Schriftsatz vom 11.05.2020 zurückgenommen haben (Herget in Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 101 Rn. 3 m.w.N.).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes nicht erfordert (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 38.316,20 EUR