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Werklohnzahlung Werklohn bei Bedenken hinsichtlich der Standfestigkeit einer Stützmauer

Eine Stützmauer aus Jurasteinen sollte ein Grundstück vor Hangrutsch schützen. Doch statt Halt zu geben, wackelte das Bauwerk bedenklich. Der Streit um die einsturzgefährdete Mauer landete vor Gericht.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 13 U 93/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Frankfurt
  • Datum: 17.03.2023
  • Aktenzeichen: 13 U 93/21
  • Verfahrensart: Berufung
  • Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Unternehmen, das Bauarbeiten durchgeführt hat und die Bezahlung offener Rechnungen fordert.
  • Beklagte: Grundstückseigentümer und Bauherren eines Zweifamilienhauses, die von der Klägerin beauftragt wurden und einen Teil der Rechnungen nicht bezahlt haben.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Klägerin führte 2017 und 2018 verschiedene Arbeiten (u.a. Ausheben der Baugrube, Lieferung von Steinen, Abbrucharbeiten, Abtransport von Erde) auf dem Grundstück der Beklagten durch, auf dem diese ein Zweifamilienhaus bauten. Die Rechnungen aus dem Jahr 2017 wurden von den Beklagten bezahlt. Fünf weitere Rechnungen aus dem Jahr 2018 blieben jedoch unbezahlt.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Klägerin verlangte gerichtlich die Bezahlung des noch offenen Betrags (restlicher Werklohn) für die Arbeiten aus dem Jahr 2018.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht änderte ein früheres Urteil teilweise ab. Die Beklagten müssen nun gemeinsam als Gesamtschuldner 25.135,18 € zuzüglich Zinsen seit dem 19. Mai 2018 an die Klägerin zahlen. Der darüber hinausgehende Teil der Forderung wurde abgewiesen.
  • Folgen: Die Beklagten sind zur Zahlung des genannten Betrags verpflichtet. Die Kosten des Gerichtsverfahrens (erste Instanz und Berufung) müssen zu 70% von der Klägerin und zu 30% von den Beklagten (als Gesamtschuldner) getragen werden. Das Urteil kann sofort vollstreckt werden, die Parteien können die Vollstreckung jedoch durch Hinterlegung einer Sicherheit abwenden. Eine Überprüfung des Urteils durch ein höheres Gericht (Revision) ist nicht möglich.

Der Fall vor Gericht


Streit um Werklohn für Bauarbeiten auf Privatgrundstück

Bauarbeiter prüft Stützmauer; Standfestigkeit mangelhaft. Werklohn, Baurecht.
Streit um Werklohn bei Baumängeln | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Ein Bauunternehmen (Klägerin) forderte von privaten Bauherren (Beklagte) die Bezahlung offener Rechnungen für Arbeiten auf deren Grundstück. Die Beklagten hatten dort ein Zweifamilienhaus errichtet. Der Streitwert belief sich auf eine Summe von über 76.000 Euro, verteilt auf fünf Rechnungen aus dem Jahr 2018. Diese Arbeiten umfassten unter anderem Erdarbeiten sowie die Lieferung und das Versetzen von Jurasteinen für eine Stützmauer.

Bereits bezahlte Vorarbeiten

Im Vorjahr 2017 hatte die Klägerin bereits andere Arbeiten für die Beklagten ausgeführt. Dazu gehörten das Ausheben der Baugrube, der Abtransport von Erde sowie der Abbruch einer Garage und Treppe. Die entsprechenden Rechnungen über insgesamt rund 33.320 Euro wurden von den Beklagten anstandslos bezahlt. Dies deutete zunächst auf ein funktionierendes Vertragsverhältnis hin.

Eskalation wegen unbezahlter Rechnungen

Im Frühjahr 2018 stellte die Klägerin fünf weitere Rechnungen für Folgearbeiten aus. Diese umfassten das Laden und Abfahren von Erde, die Lieferung und das Versetzen von Jurasteinen sowie die Lieferung und Verlegung von Rohren. Die Gesamtsumme dieser offenen Posten betrug 76.942,07 Euro. Trotz mehrfacher Mahnungen, unter anderem per E-Mail und anwaltlichem Schreiben mit Fristsetzung, verweigerten die Beklagten die Zahlung.

Zweifel an der Stabilität der Stützmauer

Der Grund für die Zahlungsverweigerung waren schwerwiegende Bedenken der Beklagten hinsichtlich der Standfestigkeit einer von der Klägerin errichteten Stützmauer aus Jurasteinen. Diese Zweifel führten dazu, dass die Beklagten im Oktober 2018 ein selbständiges Beweisverfahren beim Landgericht Darmstadt beantragten. Dieses Verfahren dient dazu, Beweise zu sichern, oft bevor ein Hauptprozess beginnt.

Das vernichtende Gutachten des Sachverständigen

Der im Beweisverfahren bestellte Sachverständige kam in seinem Gutachten vom Januar 2020 zu einem eindeutigen Ergebnis. Er stellte fest, dass die Stützmauer erhebliche Mängel aufwies. Die zulässigen Belastungsgrenzen wurden nicht eingehalten, und keiner der erforderlichen Nachweise zur Standsicherheit war erfüllt. Die Mauer war zudem nicht frostfrei gegründet und verfügte nicht über die notwendige Fundamentierung.

Verstoß gegen anerkannte Bauregeln

Der Sachverständige konstatierte, dass die errichtete Trockenmauer die technischen Anforderungen nicht erfüllte und gegen die allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik verstieß. Diese Feststellungen waren eine zentrale Stütze für die Position der Beklagten, die Zahlung für die mangelhafte Leistung zu verweigern. Bereits im Dezember 2018 hatten die Beklagten den Auftrag zur Errichtung der Stützmauer formell widerrufen.

Der Gang durch die Instanzen

Die Klägerin verfolgte ihre Zahlungsansprüche gerichtlich. Das Landgericht Darmstadt wies die Klage in erster Instanz wohl weitgehend ab (das genaue Urteil liegt nicht vor, ergibt sich aber aus dem Berufungsverfahren). Daraufhin legte die Klägerin Berufung beim Landgericht Frankfurt ein, um doch noch die Bezahlung der offenen Rechnungen zu erreichen.

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt

Das Landgericht Frankfurt änderte das Urteil der Vorinstanz teilweise ab. Es verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 25.135,18 Euro nebst Zinsen an die Klägerin. Dieser Betrag liegt deutlich unter der ursprünglich geforderten Summe von über 76.000 Euro. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen, was bedeutet, dass der Großteil der Forderung der Klägerin keinen Erfolg hatte.

Begründung der Teilverurteilung (Implizit)

Obwohl die detaillierten Urteilsgründe im vorliegenden Auszug fehlen, lässt sich die Entscheidung nachvollziehen. Das Gericht musste den Werklohnanspruch der Klägerin gegen die Mängelansprüche der Beklagten abwägen. Wahrscheinlich wurden nur die Teile der Arbeit als vergütungsfähig angesehen, die nicht direkt die mangelhafte Stützmauer betrafen oder deren Wert trotz der Mängel noch gegeben war.

Abzug wegen erheblicher Mängel

Die erheblichen, durch das Gutachten bestätigten Mängel der Stützmauer berechtigten die Beklagten nach deutschem Werkvertragsrecht (§§ 633 ff. BGB) dazu, die Zahlung zu verweigern oder zumindest erheblich zu kürzen (Minderung). Da die Mauer fundamental mangelhaft war und gegen grundlegende Bauregeln verstieß, dürfte der Wert dieser spezifischen Leistung gegen Null tendiert haben. Der zugesprochene Betrag bezieht sich vermutlich auf andere, nicht oder weniger mangelhafte Arbeiten aus den fünf Rechnungen.

Kostenentscheidung spiegelt Ergebnis wider

Die Kostenverteilung unterstreicht das Ergebnis: Die Klägerin muss 70% der Prozesskosten tragen, die Beklagten nur 30%. Dies spiegelt wider, dass die Klägerin mit ihrer Berufung und der ursprünglichen Klageforderung nur zu einem geringeren Teil erfolgreich war. Die Beklagten konnten sich mit ihrem Einwand der Mangelhaftigkeit weitgehend durchsetzen.

Endgültigkeit der Entscheidung

Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen. Das bedeutet, dass das Urteil des Landgerichts Frankfurt rechtskräftig ist und nicht mehr vor dem Bundesgerichtshof angefochten werden kann, es sei denn, es wird erfolgreich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, was hohe Hürden hat.

Bedeutung für Betroffene

Für Bauherren

Dieser Fall unterstreicht die Wichtigkeit, Bauleistungen genau zu prüfen und bei begründeten Zweifeln an der Qualität schnell zu handeln. Das selbständige Beweisverfahren ist ein effektives Instrument, um Mängel gerichtsfest dokumentieren zu lassen. Bei erheblichen Mangelhaftigkeiten, insbesondere wenn sie die Kernfunktion eines Gewerks wie die Standsicherheit betreffen, besteht ein starkes Recht, die Zahlung zu verweigern oder zu mindern. Eine klare vertragliche Grundlage und Dokumentation sind essenziell.

Für Handwerksbetriebe und Bauunternehmen

Für ausführende Unternehmen zeigt das Urteil die gravierenden Konsequenzen mangelhafter Arbeit. Wer gegen anerkannte Regeln der Technik verstößt, riskiert nicht nur seinen guten Ruf, sondern auch den Verlust seines Werklohnanspruchs, selbst wenn Material und Arbeitszeit investiert wurden. Eine sorgfältige Planung, Ausführung und Qualitätssicherung sind unerlässlich. Bedenken des Auftraggebers sollten ernst genommen und geklärt werden, um kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Fazit des Falls

Das Landgericht Frankfurt hat in diesem Fall eine Abwägung zwischen dem Zahlungsanspruch des Unternehmers und den Rechten des Bauherrn bei mangelhafter Leistung vorgenommen. Die nachgewiesenen, gravierenden Mängel an der Stützmauer führten zu einer erheblichen Reduzierung des ursprünglich geforderten Werklohns. Der Fall verdeutlicht die zentrale Bedeutung einer fachgerechten Ausführung im Baurecht.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass für erfolgreiche Werklohnforderungen konkrete Nachweise zum Vertragsschluss unerlässlich sind – insbesondere welche Leistungen zu welchen Konditionen beauftragt wurden. Bei der Rechnungsstellung müssen die vereinbarten Abrechnungsmethoden (Einheitspreise vs. Pauschalpreise) eingehalten werden, und der Zusammenhang zwischen einzelnen Leistungspositionen und dem Gesamtauftrag muss klar erkennbar sein. Unzureichende Substantiierung des Anspruchs führt zur Klageabweisung, selbst wenn die Leistungen tatsächlich erbracht wurden.

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Unterstützung bei Werklohnstreit und Baumängeln

Bei Streitigkeiten um unbezahlte Rechnungen treffen oft berechtigte Zahlungsansprüche auf schwerwiegende Vorwürfe mangelhafter Bauausführung. Gerade wenn erhebliche Mängel im Raum stehen, hängt die rechtliche Bewertung entscheidend von den Umständen und einer sorgfältigen Prüfung der Bauleistung ab.

In vergleichbaren Situationen beraten wir sowohl Auftraggeber als auch Bauunternehmen zu ihren jeweiligen Rechten und realistischen Handlungsoptionen. Durch eine fundierte Analyse helfen wir, risikoarme Lösungen zu entwickeln und Konflikte zielgerichtet zu klären.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Werklohn und wann habe ich als Handwerker Anspruch darauf?

Der Werklohn ist die Bezahlung, die Sie als Handwerker für Ihre geleistete Arbeit erhalten. Es ist die Gegenleistung Ihres Kunden (des Bestellers) dafür, dass Sie das vereinbarte „Werk“ erfolgreich hergestellt oder verändert haben. Das kann zum Beispiel die Reparatur einer Heizung, das Streichen einer Wand oder der Bau eines Möbelstücks sein.

Die Höhe des Werklohns richtet sich in erster Linie nach der Vereinbarung, die Sie mit Ihrem Kunden getroffen haben. Gibt es keine ausdrückliche Preisabsprache, gilt eine übliche Vergütung als vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes normalerweise nur gegen Bezahlung zu erwarten ist (§ 632 BGB).

Wann wird der Werklohn fällig? Der Grundsatz: Nach der Abnahme

Der entscheidende Zeitpunkt, an dem Sie als Handwerker grundsätzlich die volle Bezahlung Ihres Werklohns verlangen können, ist die Abnahme des Werkes durch Ihren Kunden (§ 641 Abs. 1 BGB).

  • Was bedeutet Abnahme? Abnahme heißt, dass Ihr Kunde Ihre fertiggestellte Arbeit entgegennimmt und sie als im Wesentlichen vertragsgemäß akzeptiert. Er prüft also, ob alles so ausgeführt wurde, wie vereinbart und ob keine gravierenden Mängel vorliegen. Die Abnahme kann ausdrücklich erklärt werden (z.B. durch Unterschrift auf einem Abnahmeprotokoll) oder auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen (z.B. indem der Kunde das Werk ohne Beanstandung in Gebrauch nimmt).
  • Für Sie bedeutet das: Erst wenn Ihr Kunde das Werk abgenommen hat (oder die Abnahme als erfolgt gilt, z.B. durch Fristablauf nach Fertigstellungsanzeige unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 640 Abs. 2 BGB), wird Ihre Rechnung grundsätzlich fällig und der Kunde muss zahlen.

Gibt es Ausnahmen? Wann kann ich früher Geld verlangen?

Ja, es gibt Situationen, in denen Sie schon vor der endgültigen Fertigstellung und Abnahme Geld verlangen können:

  • Abschlagszahlungen: Sie können unter bestimmten Voraussetzungen Zahlungen für bereits erbrachte Teilleistungen fordern (§ 632a BGB). Dies ist möglich, wenn es vertraglich vereinbart wurde oder wenn Sie dem Kunden den Wert der erbrachten Leistungen nachweisen können (z.B. durch eine Aufstellung). Bei Bauverträgen sind Abschlagszahlungen üblich und gesetzlich vorgesehen, oft gekoppelt an den Baufortschritt. Stellen Sie sich vor, Sie bauen ein Haus: Sie erhalten dann typischerweise Zahlungen nach Fertigstellung des Kellers, des Rohbaus usw.
  • Andere vertragliche Vereinbarungen: Sie und Ihr Kunde können im Vertrag auch andere Zahlungszeitpunkte festlegen, zum Beispiel Ratenzahlungen zu bestimmten Terminen oder eine vollständige Vorauszahlung (obwohl letzteres bei Werkverträgen eher unüblich ist). Wenn spezielle Regelwerke wie die VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) vereinbart wurden, können sich daraus ebenfalls abweichende Regelungen zur Fälligkeit ergeben.

Was passiert bei Mängeln?

Der Zusammenhang zwischen Mängeln und der Bezahlung ist wichtig:

  • Wesentliche Mängel: Hat Ihre Arbeit erhebliche Mängel, die den Gebrauch stark beeinträchtigen oder zeigen, dass die Leistung grundlegend nicht wie vereinbart erbracht wurde, kann Ihr Kunde die Abnahme verweigern. Solange die Abnahme berechtigt verweigert wird, wird Ihr Werklohn grundsätzlich nicht fällig. Sie müssen die wesentlichen Mängel zuerst beseitigen.
  • Unwesentliche Mängel: Liegen nur kleinere Mängel vor, die den Wert oder die Nutzung nur unerheblich mindern, darf Ihr Kunde die Abnahme deswegen in der Regel nicht komplett verweigern. Das bedeutet: Der Werklohn wird trotz der kleinen Mängel fällig. Allerdings darf Ihr Kunde einen Teil des Werklohns zurückbehalten, bis Sie die Mängel behoben haben. Dieses Zurückbehaltungsrecht ist meist auf das Doppelte der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten begrenzt (§ 641 Abs. 3 BGB). Sie erhalten also den Großteil des Geldes, aber der Kunde hat ein Druckmittel zur Mängelbeseitigung.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Ihr Anspruch auf den Werklohn entsteht mit Abschluss des Vertrages, fällig und damit einforderbar wird er aber regelmäßig erst nach erfolgreicher Fertigstellung und Abnahme durch den Kunden, es sei denn, es sind Abschlagszahlungen oder andere Zeitpunkte vereinbart. Bei Mängeln hängt die Fälligkeit von deren Wesentlichkeit ab.


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Welche Rechte habe ich als Auftraggeber, wenn die erbrachte Bauleistung Mängel aufweist?

Wenn die von Ihnen beauftragte Bauleistung Mängel hat – also nicht so ist, wie sie vertraglich vereinbart war oder wie Sie es nach den üblichen Standards erwarten dürfen – stehen Ihnen als Auftraggeber verschiedene gesetzliche Rechte gegenüber dem Bauunternehmen zu.

Das wichtigste Recht zuerst: Die Nacherfüllung

Ihr erster und wichtigster Anspruch ist das Recht auf Nacherfüllung. Das bedeutet, Sie können vom Unternehmer verlangen, dass er den Mangel auf seine Kosten beseitigt.

  • Was heißt Nacherfüllung? In den meisten Fällen bedeutet dies die Reparatur der fehlerhaften Leistung (Nachbesserung). Manchmal kann es auch bedeuten, dass ein Bauteil komplett neu hergestellt werden muss, wenn eine Reparatur nicht möglich oder sinnvoll ist.
  • Frist setzen ist entscheidend: Bevor Sie andere Rechte geltend machen können, müssen Sie dem Unternehmer in der Regel eine klare und angemessene Frist setzen, um den Mangel zu beheben. Geben Sie ihm eine realistische Zeitspanne, um die notwendigen Arbeiten durchzuführen.

Was passiert, wenn die Nacherfüllung nicht klappt?

Erst wenn das Unternehmen den Mangel innerhalb der gesetzten Frist nicht beseitigt, die Reparatur ausdrücklich verweigert, diese zweimal fehlschlägt oder Ihnen die Nacherfüllung unzumutbar ist, können Sie weitere Schritte unternehmen:

  • Selbst den Mangel beheben (lassen) und Kostenersatz fordern (Selbstvornahme): Sie dürfen den Mangel dann auf Kosten des ursprünglichen Unternehmers von einer anderen Fachfirma beheben lassen. Die dafür erforderlichen Kosten können Sie vom ursprünglichen Unternehmer zurückverlangen.
  • Den Preis mindern: Sie können den vereinbarten Werklohn um einen Betrag kürzen, der dem geringeren Wert der Bauleistung durch den Mangel entspricht. Der Preis wird also an die tatsächliche (mangelhafte) Qualität angepasst. Für Sie bedeutet das: Bestehende Mängel können ein Grund sein, den vollen Lohn (noch) nicht zu zahlen oder einen Teil zurückzufordern.
  • Schadensersatz verlangen: Hat der Unternehmer den Mangel verschuldet (also mindestens fahrlässig gehandelt), können Sie zusätzlich zur Mängelbeseitigung oder Minderung auch Ersatz für Schäden fordern, die Ihnen direkt durch den Mangel entstanden sind. Das können zum Beispiel Kosten für einen Sachverständigen sein oder auch Schäden an anderen Teilen Ihres Eigentums, die erst durch den Baumangel verursacht wurden (sogenannte Mangelfolgeschäden).
  • Vom Vertrag zurücktreten: Bei erheblichen Mängeln, die auch nach Fristsetzung nicht behoben werden, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen auch komplett vom Bauvertrag zurücktreten. Das bedeutet, der Vertrag wird rückgängig gemacht. Dies ist oft ein schwerwiegender Schritt mit komplexen rechtlichen und praktischen Folgen.

Wie lange habe ich Zeit, Mängel zu beanstanden?

Für Mängelansprüche bei Bauwerken gibt es eine gesetzliche Gewährleistungsfrist von in der Regel 5 Jahren. Diese Frist beginnt ab dem Zeitpunkt der Abnahme der Bauleistung durch Sie.

  • Was ist die Abnahme? Die Abnahme ist ein wichtiger rechtlicher Akt. Sie erklären damit (ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten, z.B. Einzug und Nutzung), dass Sie die Bauleistung im Wesentlichen als vertragsgemäß akzeptieren. Kleinere Mängel stehen einer Abnahme meist nicht entgegen, sollten aber im Abnahmeprotokoll festgehalten werden.
  • Wichtigkeit der Frist: Sie müssen Ihre Ansprüche wegen eines Mangels innerhalb dieser 5-Jahres-Frist geltend machen. Entdecken Sie einen Mangel kurz vor Ablauf der Frist, sollten Sie schnell handeln, um die sogenannte Verjährung Ihrer Ansprüche zu verhindern. Nach Ablauf der Frist können Sie Ihre Rechte in der Regel nicht mehr erfolgreich durchsetzen.

Wer muss was beweisen?

Die Frage, wer das Vorhandensein (oder Nichtvorhandensein) eines Mangels beweisen muss, hängt entscheidend von der Abnahme ab:

  • Vor der Abnahme: Der Bauunternehmer muss beweisen, dass seine Arbeit vollständig und frei von Mängeln ist, um seinen vollen Lohnanspruch durchzusetzen.
  • Nach der Abnahme: Die Situation kehrt sich um. Sie als Auftraggeber müssen dann beweisen, dass ein Mangel vorliegt. Sie müssen auch nachweisen, dass dieser Mangel (oder zumindest seine Ursache) bereits zum Zeitpunkt der Abnahme vorhanden war.

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Was ist ein selbstständiges Beweisverfahren und wann ist es sinnvoll, dieses einzuleiten?

Ein selbstständiges Beweisverfahren ist eine Möglichkeit, Beweise durch ein Gericht sichern zu lassen, noch bevor es zu einem eigentlichen Gerichtsverfahren (einer Klage) kommt. Es dient dazu, bestimmte Tatsachen offiziell feststellen zu lassen, meist durch einen unabhängigen Sachverständigen. Stellen Sie es sich wie eine Art „Beweisaufnahme vorab“ vor.

Was ist das Ziel und wie läuft es (vereinfacht) ab?

Das Hauptziel ist die objektive Klärung von strittigen Punkten, insbesondere wenn Fakten festgestellt werden sollen, die sich später nur schwer oder gar nicht mehr beweisen lassen. Im Kontext von Baumängeln geht es oft um Fragen wie: Liegt tatsächlich ein Mangel vor? Was ist die Ursache? Wer ist verantwortlich? Was kostet die Behebung?

Der Ablauf sieht typischerweise so aus: Eine Partei stellt einen Antrag beim zuständigen Gericht und benennt die strittigen Punkte, die geklärt werden sollen. Das Gericht prüft den Antrag und beauftragt dann in der Regel einen neutralen Sachverständigen (z.B. einen Baugutachter). Dieser Experte untersucht die Sache (z.B. die Baustelle), dokumentiert seine Feststellungen und erstellt einen detaillierten Bericht – das sogenannte Sachverständigengutachten. Beide am Streit beteiligten Seiten erhalten dieses Gutachten und bekommen die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen. Das Ergebnis ist eine gerichtlich eingeholte, fachliche Beurteilung der strittigen Tatsachen.

Wann ist ein selbstständiges Beweisverfahren besonders sinnvoll?

Ein solches Verfahren kann in verschiedenen Situationen überlegt werden:

  • Wenn Beweise verloren gehen könnten: Dies ist ein Hauptanwendungsfall. Stellen Sie sich vor, ein Baumangel (wie ein undichtes Dach) muss dringend repariert werden, um weiteren Schaden abzuwenden. Bevor die Reparatur erfolgt und der ursprüngliche Zustand nicht mehr sichtbar ist, kann das Beweisverfahren den Mangel und seine mögliche Ursache offiziell dokumentieren. Ohne diese Sicherung könnte der Beweis später im Prozess fehlen.
  • Wenn Streit über das Bestehen oder die Ursache von Mängeln herrscht: Gerade bei Bauleistungen gibt es oft Uneinigkeit. Der Auftraggeber sieht einen Mangel, der Handwerker bestreitet ihn oder schiebt die Ursache auf jemand anderen. Ein neutrales Gutachten kann hier Klarheit schaffen und eine objektive Grundlage für die weitere Auseinandersetzung oder eine mögliche Einigung liefern.
  • Zur Vermeidung eines langwierigen Prozesses: Manchmal kann das Ergebnis des Beweisverfahrens dazu führen, dass sich die Parteien einigen, weil die Fakten nun klar auf dem Tisch liegen. Das kann einen aufwendigen und teuren Hauptprozess um den Werklohn oder die Mängelbeseitigung ersparen. Das Gutachten zeigt oft auf, wie ein Gericht die Sachlage wahrscheinlich bewerten würde.

Welche Vorteile bietet das Verfahren speziell bei Baumängeln und Werklohnstreit?

Im Zusammenhang mit Streitigkeiten über Werklohn wegen Baumängeln ist das selbstständige Beweisverfahren ein häufig genutztes Instrument:

  • Objektive Feststellung von Baumängeln und Kosten: Ein gerichtlich bestellter Bausachverständiger kann verbindlich klären, ob die ausgeführten Arbeiten Mängel aufweisen, was die technische Ursache dafür ist und welche Kosten für eine fachgerechte Beseitigung realistisch sind. Dies ist oft entscheidend für die Frage, ob und in welcher Höhe der Werklohn gekürzt werden darf.
  • Starkes Beweismittel für spätere Verfahren: Das im selbstständigen Beweisverfahren erstellte Gutachten hat eine hohe Beweiskraft, falls es doch zu einem Gerichtsverfahren kommt. Es kann dort direkt verwendet werden, um die festgestellten Tatsachen zu beweisen.
  • Unterbrechung der Verjährung: Die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens wegen Mängeln kann unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen dazu führen, dass die Frist für die Geltendmachung von Mängelansprüchen (die sogenannte Verjährungsfrist) unterbrochen wird. Das bedeutet, die Frist beginnt neu zu laufen und verschafft den Beteiligten mehr Zeit, ihre Rechte durchzusetzen oder eine Einigung zu finden.

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Wie wirkt sich ein festgestellter Baumangel auf meinen Anspruch auf Werklohn aus?

Ein festgestellter Baumangel kann erhebliche Auswirkungen auf den Werklohnanspruch des beauftragten Unternehmens haben. Grundsätzlich gilt: Der Unternehmer hat nur dann Anspruch auf den vollen Werklohn, wenn das erstellte Werk frei von Mängeln ist. Liegt ein Mangel vor, stehen Ihnen als Auftraggeber verschiedene Rechte zu, die den Lohnanspruch beeinflussen können.

Minderung des Werklohns bei Mängeln

Ist das Bauwerk mangelhaft, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen den Werklohn mindern. Das bedeutet, Sie zahlen weniger, als ursprünglich vereinbart war.

  • Voraussetzungen: In der Regel müssen Sie dem Unternehmen zunächst die Möglichkeit geben, den Mangel selbst zu beheben (Nacherfüllung) und ihm dafür eine angemessene Frist setzen. Erst wenn die Nacherfüllung fehlschlägt, vom Unternehmen verweigert wird oder für Sie unzumutbar ist, können Sie die Minderung erklären. Voraussetzung ist zudem meist die Abnahme des Werkes, auch wenn diese bei erheblichen Mängeln verweigert werden kann.
  • Wirkung: Durch die Minderung wird der Werklohn herabgesetzt. Sie schulden dann nur noch den geminderten Betrag.

Berechnung der Minderung

Die Minderung berechnet sich danach, wie stark der Wert des Bauwerks durch den Mangel im Vergleich zum mangelfreien Zustand beeinträchtigt ist. Es wird also das Verhältnis des Wertes mit Mangel zum Wert ohne Mangel ermittelt und auf den vereinbarten Werklohn übertragen.

Die juristisch korrekte Formel lautet: Geminderter Werklohn = Ursprünglicher Werklohn × (Wert des Werkes mit Mangel ÷ Wert des Werkes ohne Mangel)

In der Praxis wird zur Vereinfachung oft auf die voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung zurückgegriffen, um den Minderungsbetrag zu schätzen. Dies ist jedoch nicht immer identisch mit dem Betrag, der sich aus der korrekten Berechnung ergibt. Der Minderungsbetrag kann höher oder niedriger als die reinen Beseitigungskosten sein.

Entfall des Werklohnanspruchs bei wesentlichen Mängeln

Bei besonders schwerwiegenden (wesentlichen) Mängeln, die die Nutzung des Bauwerks erheblich beeinträchtigen oder es sogar unbrauchbar machen, kann der Werklohnanspruch unter Umständen auch vollständig entfallen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Sie wegen des Mangels wirksam vom gesamten Vertrag zurücktreten. Ein Rücktritt setzt ebenfalls in der Regel eine erfolglose Fristsetzung zur Nacherfüllung voraus.

Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen

Neben der Minderung können Ihnen wegen des Baumangels auch Schadensersatzansprüche gegen das Unternehmen zustehen. Dies ist der Fall, wenn das Unternehmen den Mangel verschuldet hat. Schadensersatz kann zum Beispiel umfassen:

  • Kosten für die Beseitigung des Mangels durch eine andere Firma (nach Fristablauf).
  • Kosten für einen Gutachter zur Feststellung des Mangels.
  • Entstandene Folgeschäden (z.B. Mietausfall, wenn eine Wohnung wegen des Mangels nicht vermietet werden kann).

Diese Schadensersatzansprüche können Sie mit dem (ggf. bereits geminderten) Werklohnanspruch des Unternehmens verrechnen (Aufrechnung). Das bedeutet: Ihr Schadensersatzanspruch wird vom Werklohn abgezogen. Ist Ihr Schadensersatzanspruch genauso hoch oder höher als der restliche Werklohn, muss das Unternehmen unter Umständen sogar noch etwas an Sie zahlen, obwohl es ursprünglich Lohn gefordert hat.


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Welche Bedeutung haben „anerkannte Regeln der Bautechnik“ im Streitfall?

Die „anerkannten Regeln der Bautechnik“ beschreiben den Qualitätsstandard, der bei Bauarbeiten als allgemein üblich und fachlich korrekt gilt. Es handelt sich dabei um technische Prinzipien und Vorgehensweisen, die sich in der Wissenschaft als richtig erwiesen haben, in der Praxis über einen längeren Zeitraum erprobt und bewährt sind und von der Mehrheit der Fachleute im Baubereich (wie Architekten, Ingenieure, Handwerker) anerkannt werden.

Wo findet man diese Regeln?

Diese Regeln sind nicht in einem einzelnen Gesetzbuch zusammengefasst. Sie ergeben sich vielmehr aus verschiedenen Quellen. Dazu gehören insbesondere:

  • DIN-Normen: Technische Normen des Deutschen Instituts für Normung. Sie haben eine hohe Bedeutung und es wird oft vermutet, dass sie die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben.
  • Richtlinien und Merkblätter von Fachverbänden: Viele Branchenverbände geben detaillierte technische Richtlinien heraus.
  • Fachliteratur und wissenschaftliche Veröffentlichungen: Aktuelle Erkenntnisse und Standards werden hier dokumentiert.
  • Herstellervorschriften: Vorgaben von Herstellern zu ihren Bauprodukten können ebenfalls relevant sein.

Standard für fachgerechte Ausführung und Mängel

Im Baurecht gilt grundsätzlich: Eine Bauleistung ist dann frei von Mängeln, wenn sie die vereinbarte Qualität hat. Wurde nichts Spezielles vereinbart, muss die Leistung so ausgeführt sein, wie es üblich ist und wie der Auftraggeber es erwarten darf. Die anerkannten Regeln der Bautechnik definieren genau diesen üblichen und erwartbaren Standard für eine fachgerechte Bauausführung.

Wird bei der Bauausführung gegen diese Regeln verstoßen, wird rechtlich grundsätzlich vermutet, dass ein Baumangel vorliegt. Das Bauunternehmen müsste dann im Streitfall beweisen, dass trotz der Abweichung von den Regeln kein Nachteil entstanden ist oder eine mindestens gleichwertige technische Lösung gewählt wurde. Umgekehrt gilt: Wurden die anerkannten Regeln der Bautechnik eingehalten, spricht dies in der Regel dafür, dass die Bauleistung fachgerecht und mangelfrei ist.

Bedeutung im Streitfall (z.B. um Werklohn)

Kommt es zu einem Streit über Baumängel, beispielsweise weil der Auftraggeber wegen Mängeln den Werklohn nicht oder nicht vollständig zahlen will, sind die anerkannten Regeln der Bautechnik ein zentraler Maßstab für die Beurteilung durch Gerichte und Sachverständige.

Ein Sachverständiger wird prüfen, ob die Bauausführung diesen Regeln entspricht. Das Ergebnis dieser Prüfung hat großen Einfluss auf die Beweisführung:

  • Kann der Auftraggeber nachweisen, dass eine anerkannte Regel der Bautechnik nicht eingehalten wurde, stärkt dies seine Position erheblich, da ein Mangel vermutet wird.
  • Kann das Bauunternehmen belegen, dass die anerkannten Regeln der Bautechnik eingehalten wurden, spricht dies stark für die Mangelfreiheit der Leistung und stützt seinen Anspruch auf den vollen Werklohn.

Die Einhaltung oder Nichteinhaltung der anerkannten Regeln der Bautechnik ist somit oft entscheidend für den Ausgang eines Rechtsstreits über Baumängel und Werklohnforderungen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

selbständiges Beweisverfahren

Dies ist ein spezielles gerichtliches Verfahren, geregelt in der Zivilprozessordnung (ZPO, §§ 485 ff.), das dazu dient, Beweise zu sichern oder den Zustand einer Sache festzustellen, oft bevor ein Hauptprozess begonnen hat. Es wird häufig genutzt, um durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen schnell Fakten zu klären, insbesondere wenn die Gefahr besteht, dass Beweismittel verloren gehen oder verändert werden (z. B. bei Baumängeln vor der Reparatur). Im vorliegenden Fall beantragten die Bauherren dieses Verfahren, um die behaupteten Mängel an der Stützmauer und deren Ursachen offiziell durch ein Gutachten feststellen zu lassen.
Beispiel: Nach einem Wasserschaden in einer Wohnung beantragt der Mieter ein selbständiges Beweisverfahren, damit ein Gutachter die Ursache klärt, bevor Trocknungs- und Reparaturarbeiten den ursprünglichen Zustand verändern.


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erhebliche Mängel

Ein Mangel ist eine Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit einer Leistung (z. B. eines Bauwerks) von der vereinbarten oder üblichen Beschaffenheit. Ein Mangel ist erheblich, wenn er den Wert oder die Tauglichkeit der Leistung für den vorgesehenen Zweck spürbar mindert. Es handelt sich also nicht nur um geringfügige Schönheitsfehler, sondern um Fehler, die die Funktion oder Nutzung ernsthaft beeinträchtigen (§ 633 BGB). Erhebliche Mängel geben dem Auftraggeber starke Rechte, wie z. B. die Verweigerung der Abnahme, Minderung des Werklohns oder Schadensersatz. Im Fall war die mangelnde Standsicherheit der Mauer ein erheblicher Mangel.
Beispiel: Ein neu gebautes Hausdach ist undicht und lässt bei Regen Wasser durch – dies ist ein erheblicher Mangel. Ein kleiner Kratzer an einer Türklinke wäre hingegen in der Regel kein erheblicher Mangel.


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allgemein anerkannte Regeln der Bautechnik

Dies sind technische Grundsätze und Verfahrensweisen, die sich in der Wissenschaft als richtig erwiesen haben, in der Praxis bei den Ausführenden bekannt sind und sich über längere Zeit bewährt haben. Sie stellen den Mindeststandard dar, den eine Bauleistung üblicherweise erfüllen muss, auch wenn sie nicht ausdrücklich im Vertrag genannt werden (§ 633 BGB). Diese Regeln finden sich oft in DIN-Normen oder Richtlinien von Fachverbänden. Ein Verstoß dagegen begründet in der Regel einen Mangel des Bauwerks. Im Fall verstieß die Stützmauer gegen diese Regeln, z. B. durch fehlende frostfreie Gründung und unzureichende Fundamentierung.
Beispiel: Es ist eine allgemein anerkannte Regel der Bautechnik, dass Außenwände von Kellern gegen Feuchtigkeit abgedichtet werden müssen.


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Minderung

Die Minderung ist ein Recht des Auftraggebers (Bestellers) im Werkvertragsrecht (§ 638 BGB), den vereinbarten Preis (Werklohn) herabzusetzen, wenn die erbrachte Leistung Mängel aufweist. Voraussetzung ist meist, dass der Unternehmer eine gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung hat verstreichen lassen oder die Nachbesserung fehlgeschlagen bzw. unmöglich ist. Der Preis wird dabei in dem Verhältnis reduziert, wie der Wert der mangelhaften Sache zum Wert der mangelfreien Sache steht. Im Text wird erläutert, dass die Bauherren wegen der erheblichen Mängel der Mauer zur Minderung des Werklohns berechtigt waren, was das Gericht bei der Festsetzung des geringeren Zahlbetrags berücksichtigte.
Beispiel: Ein Maler verwendet statt der vereinbarten hochwertigen Farbe eine günstigere. Der Kunde kann, nach erfolgloser Aufforderung zur Nachbesserung, den Preis entsprechend der Wertdifferenz mindern.


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Revision nicht zugelassen

Dies ist eine Entscheidung des Berufungsgerichts (hier des Landgerichts Frankfurt als Berufungsinstanz), mit der ein weiteres Rechtsmittel gegen das Urteil – die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) – ausgeschlossen wird. Eine Revision ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, etwa wenn der Fall grundsätzliche Bedeutung hat oder zur Fortbildung des Rechts beiträgt (§ 543 ZPO). Ist die Revision nicht zugelassen, wird das Urteil des Berufungsgerichts rechtskräftig und ist damit grundsätzlich endgültig. Die unterlegene Partei kann nur noch versuchen, die Zulassung der Revision durch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH zu erreichen, was aber an hohe Hürden geknüpft ist.


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Gesamtschuldner

Wenn mehrere Personen (Schuldner) eine Leistung so schulden, dass jeder von ihnen zur Bewirkung der ganzen Leistung verpflichtet ist, der Gläubiger die Leistung aber nur einmal fordern darf, nennt man sie Gesamtschuldner (§ 421 BGB). Der Gläubiger kann nach seinem Belieben von jedem der Schuldner die gesamte Leistung verlangen, bis die Schuld vollständig erfüllt ist. Hat einer der Gesamtschuldner die gesamte Schuld bezahlt, kann er von den anderen Mitschuldnern anteilig Ersatz verlangen (Regress, § 426 BGB). Im Fall wurden die Bauherren (vermutlich ein Paar) als Gesamtschuldner zur Zahlung der 25.135,18 Euro verurteilt, sodass das Bauunternehmen den vollen Betrag von einem der beiden fordern konnte.
Beispiel: Zwei Personen mieten gemeinsam eine Wohnung. Sie haften dem Vermieter gegenüber als Gesamtschuldner für die Miete. Der Vermieter kann die gesamte Monatsmiete von einer der beiden Personen verlangen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 631 Abs. 1 BGB (Werkvertrag): Dieser Paragraph des Bürgerlichen Gesetzbuches regelt den Werkvertrag. Ein Werkvertrag ist ein Vertrag, bei dem sich ein Unternehmer zur Herstellung eines bestimmten Werkes, wie z.B. eines Bauwerks, und der Besteller zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin und die Beklagten haben einen Werkvertrag geschlossen, in dem es um Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beklagten ging. Die Klägerin fordert auf Basis dieses Vertrages Werklohn für erbrachte Leistungen.
  • § 633 Abs. 2 BGB (Sachmangel): Ein Werk ist mangelhaft, wenn es nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder sich nicht für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch eignet. Auch wenn es sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine übliche Beschaffenheit hat, kann ein Mangel vorliegen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der von einem Sachverständigen festgestellte Mangel an der Stützmauer (mangelnde Standsicherheit, fehlende Frostfreiheit) begründet einen Sachmangel im Sinne des Werkvertragsrechts. Dieser Mangel ist der Grund für die Auseinandersetzung um die Werklohnzahlung.
  • § 634 Nr. 3 BGB (Minderung): Bei Vorliegen eines Mangels hat der Besteller unter anderem das Recht, den Werklohn durch Minderung herabzusetzen. Durch die Minderung wird der Preis im Verhältnis des Wertes des mangelfreien Werkes zum Wert des mangelhaften Werkes reduziert. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Aufgrund der festgestellten Mängel an der Stützmauer könnten die Beklagten berechtigt sein, den Werklohn zu mindern, was die Reduzierung der ursprünglichen Forderung der Klägerin erklären könnte. Das Urteil deutet darauf hin, dass eine Minderung hier eine Rolle gespielt haben könnte, da die Klägerin nicht den vollen geforderten Betrag zugesprochen bekam.
  • § 288 Abs. 1 BGB (Verzugszinsen): Wird eine Geldschuld nicht rechtzeitig gezahlt, so fallen Verzugszinsen an. Diese betragen für Rechtsgeschäfte, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin hat Zinsen auf den Werklohnanspruch ab dem 19.05.2018 zugesprochen bekommen, da die Beklagten mit der Zahlung in Verzug geraten sind. Die Zinsforderung ist ein typischer Begleiteffekt von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Bauherren bei der Zahlung von Werklohn für Bauleistungen

Wenn Sie ein Haus bauen oder umbauen, beauftragen Sie Handwerker und Bauunternehmen. Diese stellen Rechnungen für ihre Arbeit. Manchmal kommt es zu Unstimmigkeiten über die Bezahlung, wie im geschilderten Fall.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Rechnungen sorgfältig prüfen und pünktlich zahlen
Prüfen Sie jede Rechnung genau auf Übereinstimmung mit dem Auftrag und den erbrachten Leistungen. Wenn eine Rechnung korrekt ist, bezahlen Sie sie fristgerecht. So vermeiden Sie Verzugszinsen und das Risiko einer Klage durch das Bauunternehmen.


Tipp 2: Bauleistungen und Absprachen genau dokumentieren
Halten Sie den Baufortschritt, alle Absprachen (auch mündliche!) und eventuelle Mängel schriftlich fest, am besten mit Fotos und Datum. Eine lückenlose Dokumentation ist entscheidend, falls es später zu Meinungsverschiedenheiten über den Leistungsumfang oder die Qualität der Arbeit kommt und Sie Zahlungen begründet zurückhalten wollen.


Tipp 3: Mängel oder Unstimmigkeiten sofort und nachweisbar melden
Wenn Sie mit einer Leistung nicht zufrieden sind oder Mängel feststellen, reklamieren Sie diese sofort schriftlich (z.B. per E-Mail mit Lesebestätigung oder Einschreiben) beim Unternehmen. Beschreiben Sie die Probleme genau. Eine frühzeitige und nachweisbare Mängelrüge ist wichtig, um Ihre Rechte (z.B. auf Nachbesserung oder Minderung des Werklohns) zu wahren.

⚠️ ACHTUNG: Zahlen Sie Rechnungen nicht einfach kommentarlos nicht. Wenn Sie Zahlungen wegen Mängeln zurückhalten wollen, teilen Sie dies dem Unternehmen unter Angabe der Gründe mit. Klären Sie die rechtlichen Voraussetzungen für ein Zurückbehaltungsrecht, ggf. mit anwaltlicher Hilfe.


Tipp 4: Kostenrisiko bei Rechtsstreitigkeiten realistisch einschätzen
Ein Gerichtsverfahren wegen unbezahlter Rechnungen kann teuer werden. Selbst wenn Sie nur teilweise zur Zahlung verurteilt werden, müssen Sie möglicherweise einen erheblichen Teil der Gerichts- und Anwaltskosten tragen, wie der Fall zeigt (hier 30% für die Bauherren). Wägen Sie das Kostenrisiko gegen den strittigen Betrag ab.


Tipp 5: Bei größeren Summen oder Uneinigkeit frühzeitig Rechtsrat einholen
Zögern Sie nicht, bei unklaren Rechnungen, erheblichen Mängeln oder wenn ein Streit zu eskalieren droht, frühzeitig anwaltlichen Rat einzuholen. Eine fachkundige Beratung kann helfen, Fehler zu vermeiden, Ihre Position richtig einzuschätzen und möglicherweise eine teure gerichtliche Auseinandersetzung zu verhindern oder optimal zu führen.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Unklare oder lückenhafte Bauverträge sind eine häufige Quelle für Streit. Achten Sie darauf, dass Leistungen, Preise und Fristen möglichst genau definiert sind. Auch nachträgliche Änderungen oder Zusatzaufträge sollten immer schriftlich festgehalten werden, um spätere Unklarheiten über die Vergütung zu vermeiden. Die Abnahme der Bauleistung ist ein wichtiger rechtlicher Schritt, der oft vernachlässigt wird – lassen Sie sich auch hierzu beraten.

Checkliste: Umgang mit Rechnungen am Bau

  • Liegt ein klarer Auftrag für die abgerechnete Leistung vor?
  • Entspricht die Leistung auf der Rechnung der tatsächlich erbrachten Arbeit?
  • Wurden Mängel oder Probleme bereits dokumentiert und gemeldet?
  • Ist die Zahlungsfrist auf der Rechnung angemessen und noch nicht verstrichen?
  • Bei Einbehalten wegen Mängeln: Wurde dies dem Unternehmen nachweisbar mitgeteilt und ist der Einbehalt rechtlich zulässig und angemessen?

Das vorliegende Urteil


LG Frankfurt – Az.: 13 U 93/21 – Urteil vom 17.03.2023


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