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Bauabzugssteuer – nicht angefallene Umsatzsteuer ist zurückzuzahlen

Ein Bauherr aus Brandenburg zog vor Gericht, weil er für den Bau seines Hauses zu Unrecht Umsatzsteuer zahlen sollte – und bekam Recht! Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied, dass der Kläger die rund 37.450 Euro vom Bauunternehmen zurückfordern kann, da Grundstückskauf und Hausbau als einheitliches Geschäft zu werten seien und somit die Umsatzsteuer befreit sei. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexe Rechtslage bei der Verquickung von Grundstückskauf und Bauleistungen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Brandenburg
  • Datum: 10.10.2024
  • Aktenzeichen: 10 U 102/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Zivilrecht, Steuerrecht, Bereicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Käufer eines Grundstücks und Auftraggeber für den Bau eines Einfamilienhauses, der die Rückzahlung eines als Umsatzsteuer ausgewiesenen Betrags verlangt. Er argumentiert, dass ihm die Rückzahlung zustehe, da die Umsatzsteuer nicht angefallen sei, weil der Bauvertrag zusammen mit dem Grundstückskauf ein umsatzsteuerfreier Vorgang gemäß § 4 Nr. 9a UStG sei.
  • Beklagte: Die Bauunternehmung, die das Einfamilienhaus errichtet hat. Sie ist der Auffassung, dass die Umsatzsteuer auch bei der Nichtanwendbarkeit des UStG vertraglich geschuldet sei und beruft sich zudem auf eine vermeintlich eingetretene Verjährung des Rückforderungsanspruchs.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger hatte mit der Beklagten einen Bauvertrag zur Errichtung eines Einfamilienhauses abgeschlossen. In der Endabrechnung wurden Beträge als Umsatzsteuer ausgewiesen und vom Kläger bezahlt. Später stellte sich durch die Entscheidung des Finanzamtes heraus, dass Bauvertrag und Grundstückskauf einen einheitlichen Erwerbsvorgang darstellen, der umsatzsteuerfrei ist. Der Kläger verlangt die Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Rückzahlung eines als Mehrwertsteuer ausgewiesenen Betrags verlangt werden kann, wenn festgestellt wird, dass der ursprüngliche Geschäftsvorgang nicht der Umsatzsteuerpflicht unterlag.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf Rückzahlung der als Umsatzsteuer gezahlten Beträge in Höhe von 37.453,59 Euro nebst Zinsen.
  • Begründung: Das Gericht bestätigte, dass der Bauvertrag zusammen mit dem Grundstückskaufvertrag als ein einheitlicher Erwerbsvorgang zu behandeln ist, der umsatzsteuerfrei bleibt. Eine solche Konstellation fällt gemäß § 4 Nr. 9a UStG unter die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht. Da dies der Fall war, bestand kein Rechtsgrund für die Zahlung der Umsatzsteuer, sodass ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch des Klägers besteht.
  • Folgen: Die Beklagte muss den Betrag von 37.453,59 Euro an den Kläger zurückzahlen. Die Klage des Klägers war erfolgreich, und die Entscheidung stärkt die Bedeutung der korrekten steuerlichen Einordnung von Bau- und Grundstücksverträgen als einheitliche Erwerbsvorgänge. Die Streitigkeiten über die Verjährung und die Natur der Preisvereinbarung (Netto- oder Bruttopreis) wurden ebenfalls zugunsten des Klägers entschieden. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Revisionszulassung wurde verweigert.

Bauabzugssteuer: Auswirkungen und Rückzahlungsmöglichkeiten im Fokus

Die Bauabzugssteuer ist ein entscheidendes Element im deutschen Steuerrecht, das speziell Bauunternehmer und deren Aufträge betrifft. Sie regelt die Abführung von steuerlichen Beträgen, die bei der Zahlung von Bauleistungen einbehalten werden müssen. Dies betrifft vor allem die Umsatzsteuer und die Vorsteuer, die im Rahmen von Bauleistungen anfallen. So kann es vorkommen, dass das Finanzamt von Unternehmen Vorauszahlungen verlangt, um sicherzustellen, dass die Steuerpflicht ordnungsgemäß erfüllt wird.

Ein bedeutendes Thema in diesem Zusammenhang ist die Rückzahlung nicht angefallener Umsatzsteuer, die Bauunternehmer unter bestimmten Umständen beantragen können. Eine sorgfältige Steueranmeldung und -erklärung sind dabei unerlässlich, um möglichen Steuererstattungen oder -rückforderungen gerecht zu werden. Im weiteren Verlauf betrachten wir einen konkreten Fall, der die Auswirkungen dieser steuerlichen Regelungen verdeutlicht und analysiert.

Der Fall vor Gericht


Rückforderung einer umsatzsteuerfreien Bauleistung erfolgreich

Bauherr und Bauunternehmer prüfen Vertragsunterlagen an Schreibtisch
(Symbolfoto: Ideogram gen.)

Grundstückserwerber kann zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer von Bauunternehmen zurückfordern. Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte ein Urteil des Landgerichts Neuruppin zur Rückzahlung von rund 37.450 Euro fälschlich berechneter Mehrwertsteuer.

Verquickung von Grundstückskauf und Hauserrichtung

Der Kläger erwarb 2017 ein Grundstück von einem Geschäftsführer und Alleingesellschafter eines Bauunternehmens für rund 68.400 Euro. Wenige Wochen zuvor hatte er mit dessen Firma einen Bauvertrag über die Errichtung eines schlüsselfertigen Einfamilienhauses zum Preis von etwa 254.500 Euro abgeschlossen. Der Geschäftsführer veräußerte in unmittelbarer Nähe 27 weitere Grundstücke an Käufer, die ebenfalls Häuser durch sein Unternehmen errichten ließen.

Streit um Umsatzsteuerbefreiung der Bauleistung

Nach Fertigstellung des Hauses stellte das Finanzamt fest, dass Grundstückskauf und Bauvertrag als einheitliches Geschäft zu bewerten seien. Es bezog daher die Baukosten in die Grunderwerbsteuerberechnung ein. Der Kläger forderte daraufhin die bereits gezahlte Umsatzsteuer in Höhe von 37.453,59 Euro vom Bauunternehmen zurück, da die Bauleistung gemäß § 4 Nr. 9a UStG umsatzsteuerfrei sei.

Nettopreisvereinbarung und Organschaft bestätigt

Das OLG Brandenburg bestätigte den Anspruch des Klägers. Die vertraglichen Formulierungen, insbesondere die Trennung von Nettosumme und Mehrwertsteuer sowie eine Klausel zur Anpassung bei Steuersatzänderungen, sprächen für eine Nettopreisvereinbarung. Zudem bestehe zwischen dem Grundstücksverkäufer und dem Bauunternehmen eine umsatzsteuerliche Organschaft. Der Geschäftsführer sei durch seine Tätigkeit als Grundstückshändler Unternehmer und das Bauunternehmen finanziell, wirtschaftlich sowie organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert.

Verjährungseinrede ohne Erfolg

Die Verjährungseinrede des Bauunternehmens wies das Gericht zurück. Die Verjährungsfrist habe erst mit dem Änderungsbescheid des Finanzamts im November 2020 zu laufen begonnen, da dem Kläger die Fehlerhaftigkeit der ursprünglichen Steuerfestsetzung vorher nicht bekannt sein musste. Die Ende 2022 eingereichte Klage sei daher rechtzeitig erfolgt.

Rückzahlungsanspruch bestätigt

Das Bauunternehmen muss dem Kläger die zu Unrecht berechnete Umsatzsteuer nebst Zinsen erstatten. Eine Entreicherung durch bereits erfolgte Steuerzahlungen konnte das Unternehmen nicht einwenden, da ihm ein Rückerstattungsanspruch gegen das Finanzamt zustehe.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stellt klar, dass Bauherren zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer zurückfordern können, wenn Grundstückskauf und Bauvertrag als einheitliches Geschäft zu bewerten sind. Eine Verjährung beginnt erst, wenn der Bauherr durch einen geänderten Steuerbescheid von der Fehlerhaftigkeit erfährt. Entscheidend ist die vertragliche Gestaltung als Nettopreisvereinbarung sowie die enge Verbindung zwischen Grundstücksverkäufer und Bauunternehmen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Bauherr sollten Sie bei kombinierten Grundstückskäufen und Bauverträgen genau prüfen, ob eine Umsatzsteuerbefreiung vorliegt. Wenn der Verkäufer des Grundstücks eng mit dem Bauunternehmen verbunden ist, etwa als Geschäftsführer oder Gesellschafter, können Sie zu viel gezahlte Umsatzsteuer zurückfordern. Wichtig dabei: Ihr Rückforderungsanspruch verjährt nicht schon mit der Zahlung, sondern erst wenn Sie durch einen geänderten Steuerbescheid von der fehlerhaften Berechnung erfahren. Achten Sie bei der Vertragsgestaltung besonders darauf, ob Netto- oder Bruttopreise vereinbart werden – dies hat entscheidende Auswirkungen auf Ihre Rechte.


Benötigen Sie Hilfe?

Als erfahrene Experten im Baurecht unterstützen wir Sie bei der Prüfung Ihrer vertraglichen Situation und möglicher Rückforderungsansprüche. Ihre individuelle Konstellation aus Grundstückskauf und Bauvertrag erfordert eine sorgfältige rechtliche Analyse, um das volle Potential möglicher Steuerrückforderungen auszuschöpfen. Lassen Sie uns gemeinsam Ihre Vertragsunterlagen prüfen – möglicherweise stehen auch Ihnen erhebliche Rückzahlungsansprüche zu. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie erkenne ich, ob meine Bauleistung umsatzsteuerfrei sein müsste?

Reverse-Charge bei Bauleistungen

Eine Bauleistung ist dann umsatzsteuerfrei zu stellen, wenn Sie als Leistungsempfänger selbst ein Unternehmer sind, der nachhaltig Bauleistungen erbringt. Die Nachhaltigkeit wird anhand der 10%-Regel bemessen: Wenn Sie mindestens zehn Prozent Ihres Weltumsatzes durch Bauleistungen erwirtschaften, gilt diese Voraussetzung als erfüllt.

Nachweis der Unternehmereigenschaft

Ihre Unternehmereigenschaft können Sie dem leistenden Unternehmer durch zwei Möglichkeiten nachweisen:

  • Eine gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG
  • Eine USt 1 TG-Bescheinigung Ihres Finanzamts, die maximal drei Jahre gültig ist

Rechnungsstellung

Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, darf der leistende Unternehmer keine Umsatzsteuer in der Rechnung ausweisen. Stattdessen muss er einen Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (Sie) nach § 13b UStG anbringen.

Sonderfall Reparatur- und Wartungsarbeiten

Bei Reparatur- und Wartungsarbeiten an Bauwerken gilt eine Bagatellgrenze von 500 Euro netto. Unterhalb dieser Grenze findet keine Umkehr der Steuerschuldnerschaft statt. Oberhalb dieser Grenze sind Wartungsarbeiten nur dann als Bauleistungen zu behandeln, wenn dabei Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden.

Vertrauensschutz in Zweifelsfällen

In Zweifelsfällen gilt eine besondere Vertrauensschutzregelung: Wenn beide Unternehmer übereinstimmend von einer Steuerschuldumkehr ausgegangen sind und dadurch keine Steuerausfälle entstehen, wird der Leistungsempfänger auch dann als Steuerschuldner angesehen, wenn sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen objektiv nicht vorlagen.


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Welche Fristen gelten für die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Umsatzsteuer bei Bauleistungen?

Die regelmäßige Verjährungsfrist für die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Umsatzsteuer beträgt drei Jahre gemäß § 195 BGB.

Beginn der Verjährungsfrist

Der Fristbeginn richtet sich nach dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung. Die Verjährung beginnt erst mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt. Wenn Sie als Bauleistender einen Erstattungsantrag des Bauträgers erhalten, beginnt die Verjährungsfrist frühestens mit Ablauf des Jahres, in dem Sie über diesen Antrag – meist durch ein Schreiben des Finanzamts – informiert werden.

Besonderheiten bei Baumängeln

Bei bestehenden Baumängeln kann der Umsatzsteuernachforderungsanspruch nicht ohne weiteres geltend gemacht werden. Wenn ein Bauträger das Bestehen der Forderung wegen Mängelgewährleistungsansprüchen bestreitet, muss das Finanzamt dies bei der Annahme einer Abtretung prüfen.

Zeitliche Abgrenzung der Regelungen

Für die steuerliche Behandlung sind folgende Zeiträume maßgeblich:

  • Für Umsätze vor dem 15. Februar 2014 gilt die Abtretungsregelung nach § 27 Abs. 19 UStG rückwirkend.
  • Für Umsätze zwischen dem 15. Februar und dem 30. September 2014 sind die Neuregelungen bei Bau- und Gebäudereinigungsleistungen anzuwenden.

Der Bauträger kann eine Rechnungskorrektur nicht mit der Begründung der Verjährung ablehnen, da die Verjährungsfrist erst mit der Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen zu laufen beginnt.


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Was sind die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Rückforderungsanspruch der Umsatzsteuer?

Grundlegende Voraussetzungen

Ein Rückforderungsanspruch für zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer setzt voraus, dass die Umsatzsteuer nicht gesetzlich geschuldet wurde. Wenn Sie als Unternehmer eine Rechnung mit einem zu hohen Steuerbetrag erhalten haben, können Sie diese Steuer zurückfordern.

Nachweis und Dokumentation

Der Anspruch auf Rückerstattung muss durch entsprechende Unterlagen belegt werden. Sie benötigen:

  • Eine ordnungsgemäße Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer
  • Den Nachweis der tatsächlichen Zahlung
  • Dokumentation über die geschäftliche Verwendung der Leistung

Direktanspruch gegenüber dem Finanzamt

In bestimmten Fällen können Sie einen direkten Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt geltend machen. Dies ist möglich, wenn:

  • Die Rückforderung vom Rechnungsaussteller unmöglich oder übermäßig erschwert ist
  • Der Rechnungsaussteller zahlungsunfähig ist
  • Keine Betrugsabsicht oder Fahrlässigkeit vorliegt

Besonderheiten bei Insolvenz

Bei Insolvenz des Leistenden gelten besondere Regelungen. Die wirksame Berichtigung eines Steuerbetrags setzt grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat. Dies gilt auch dann, wenn strafbewehrte insolvenzrechtliche Vorschriften einer Rückzahlung entgegenstehen.

Zeitliche Aspekte

Die Antragstellung für die Rückerstattung muss innerhalb bestimmter Fristen erfolgen. Der Vergütungszeitraum beträgt mindestens drei aufeinanderfolgende Kalendermonate und höchstens ein Kalenderjahr. Bei einem kürzeren Zeitraum muss es sich um den Rest des Kalenderjahres handeln.


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Welche Rolle spielt das Finanzamt bei der Rückforderung der Umsatzsteuer?

Das Finanzamt nimmt bei der Rückforderung der Umsatzsteuer eine zentrale Position ein und muss mehrere wichtige Prüfschritte durchführen.

Prüfung der Rückforderungsansprüche

Bei einer Rückforderung der Umsatzsteuer durch einen Bauträger muss das Finanzamt zunächst prüfen, ob ein abtretbarer Anspruch des leistenden Unternehmers gegen den Leistungsempfänger besteht. Dies beinhaltet auch die Überprüfung möglicher Einwände wie Baumängel oder andere Gewährleistungsansprüche.

Abtretungsverfahren

Wenn ein abtretbarer Anspruch vorliegt, ist das Finanzamt verpflichtet, die Abtretung anzunehmen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus den Grundsätzen der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes sowie von Treu und Glauben.

Erstattungsverfahren

Das Finanzamt darf die Rückerstattung der Umsatzsteuer an den Bauträger nicht von einer Nachzahlung an den leistenden Bauunternehmer abhängig machen. Auch eine mögliche Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger darf keine Rolle spielen.

Verjährungsaspekte

Die Verjährung der Umsatzsteuer-Forderung beginnt erst mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der leistende Unternehmer von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt. Dies geschieht in der Regel durch ein entsprechendes Schreiben des Finanzamts über den Erstattungsantrag des Bauträgers.

Die reguläre Verjährungsfrist für diese Ansprüche beträgt drei Jahre. Ein Bauträger kann einer Rechnungskorrektur nicht mit dem Argument der Verjährung widersprechen, da die Verjährungsfrist erst mit der Kenntnis des Anspruchs zu laufen beginnt.


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Wie gehe ich vor, wenn das Bauunternehmen die Rückzahlung der Umsatzsteuer verweigert?

Wenn ein Bauunternehmen die Rückzahlung der Umsatzsteuer verweigert, steht Ihnen als Bauträger ein uneingeschränkter Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht abgeführten Umsatzsteuer zu. Sie können diesen Anspruch direkt beim Finanzamt geltend machen, ohne dass Sie zuvor die Rückzahlung vom Bauunternehmen erwirken müssen.

Rechtliche Grundlage

Der Bundesfinanzhof hat eindeutig festgestellt, dass das Finanzamt die Erstattung nicht von einer vorherigen Zahlung an das Bauunternehmen abhängig machen darf. Ein solches Verhalten des Bauträgers gilt auch nicht als treuwidrig, da die ursprüngliche Fehlbeurteilung durch die Finanzverwaltung verursacht wurde.

Praktische Vorgehensweise

Sie können folgendermaßen vorgehen:

Der erste Schritt ist die Beantragung der Erstattung beim zuständigen Finanzamt. Das Finanzamt ist dann verpflichtet, die Umsatzsteuerfestsetzung zu ändern und die zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer zu erstatten.

Besondere Hinweise

Bei der Durchsetzung Ihres Anspruchs ist zu beachten:

Die Finanzverwaltung kann die Erstattung nicht davon abhängig machen, dass Sie die Umsatzsteuer nachträglich an den Bauunternehmer zahlen. Der Erstattungsanspruch besteht auch dann, wenn das Bauunternehmen zwischenzeitlich insolvent geworden ist.

Für die Geltendmachung des Anspruchs benötigen Sie eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 14 UStG. Diese Rechnung dient als Nachweis für die ursprünglich gezahlte Umsatzsteuer.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Organschaft

Eine Organschaft bezeichnet im Steuerrecht eine enge wirtschaftliche und organisatorische Verbindung zwischen rechtlich selbstständigen Unternehmen. Dabei ist ein Unternehmen (Organträger) so dominant, dass ein anderes Unternehmen (Organgesellschaft) quasi nur als unselbstständige Abteilung erscheint. Dies ist relevant für die steuerliche Behandlung beider Unternehmen. Geregelt ist dies in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Beispiel: Ein Geschäftsführer betreibt sowohl Grundstückshandel als auch ein Bauunternehmen, wobei das Bauunternehmen vollständig von seinen Entscheidungen abhängig ist.


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Nettopreisvereinbarung

Eine vertragliche Vereinbarung, bei der der Preis ohne Umsatzsteuer (netto) festgelegt wird. Die Umsatzsteuer wird dann zusätzlich zum vereinbarten Nettopreis berechnet. Dies ist besonders wichtig bei der späteren Änderung von Steuersätzen oder wenn sich die steuerliche Behandlung des Geschäfts ändert. Rechtliche Grundlage ist § 14 Abs. 4 UStG. Beispiel: Ein Hauspreis wird mit 200.000 Euro netto vereinbart, die Umsatzsteuer wird separat ausgewiesen und kann bei Änderungen angepasst werden.


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Entreicherung

Ein rechtlicher Einwand, bei dem sich jemand darauf beruft, dass er einen erhaltenen Vorteil nicht mehr hat und deshalb nicht zur Rückzahlung verpflichtet sein soll. Im Steuerrecht wird dieser Einwand häufig verwendet, wenn bereits gezahlte Steuern zurückgefordert werden. Geregelt in § 818 Abs. 3 BGB. Beispiel: Ein Bauunternehmen argumentiert, es müsse zu Unrecht erhaltene Umsatzsteuer nicht zurückzahlen, weil es diese bereits ans Finanzamt abgeführt hat.


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Grunderwerbsteuer

Eine Steuer, die beim Kauf von Grundstücken und Immobilien anfällt. Sie wird auf den Kaufpreis sowie auf damit verbundene Leistungen erhoben, wenn diese ein einheitliches Geschäft darstellen. Die Höhe variiert je nach Bundesland (3,5% bis 6,5%). Grundlage ist das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG). Beispiel: Beim Kauf eines Grundstücks mit gleichzeitigem Bauvertrag wird die Steuer nicht nur auf den Grundstückspreis, sondern auch auf die Baukosten berechnet.


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Vorsteuer

Umsatzsteuer, die einem Unternehmer für bezogene Leistungen in Rechnung gestellt wurde und die er von seiner eigenen Umsatzsteuerschuld abziehen kann. Dies ist ein wichtiges Element des Umsatzsteuersystems zur Vermeidung von Mehrfachbesteuerungen. Geregelt in § 15 UStG. Beispiel: Ein Bauunternehmen kann die Umsatzsteuer, die es für gekaufte Baumaterialien zahlt, von seiner eigenen Umsatzsteuerschuld abziehen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 4 Nr. 9a UStG: Dieser Paragraph regelt Ausnahmen von der Umsatzsteuerpflicht für bestimmte Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken. Insbesondere sind Bauleistungen, die im Rahmen von Grundstücksverkäufen erbracht werden, häufig von der Umsatzsteuer befreit. Die Rückforderung des Klägers stützt sich auf die Annahme, dass der unterzeichnete Bauvertrag nicht umsatzsteuerpflichtig ist, weil die Bauleistungen in die Grunderwerbsteuer integriert wurden und somit nicht separat versteuert werden können.
  • Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG): Das GrEStG regelt die Erhebung der Grunderwerbsteuer bei dem Erwerb von Grundstücken. In diesem Fall wird die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer durch die Zusammenfassung des Kaufpreises und der Baukosten zu einem einheit Vertragswerk maßgeblich beeinflusst. Die Entscheidung des Finanzamts, die Baukosten in die Bemessungsgrundlage aufzunehmen, führt zur Erhöhung der Grunderwerbsteuer und ist zentral für die Argumentation des Klägers, dass die Umsatzsteuer nicht korrekt erhoben wurde.
  • § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG: Dieser Paragraph stipuliert, dass der Erwerb von Grundbesitz der Grunderwerbsteuer unterliegt. Hierbei ist es entscheidend, wie der Erwerb gestaltet und dokumentiert wird. In diesem Fall haben die Einbeziehung der Baukosten und die Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer zu einer Neuinterpretation des gesamten Geschäfts geführt, was den Kläger in seiner Auffassung unterstützt, dass die Umsatzsteuer nicht fällig war.
  • AGB-rechtliche Regelungen: In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bauvertrags wird festgelegt, dass bei Änderungen der Mehrwertsteuer die (noch) offenen Ratenzahlungen an den neuen Mehrwertsteuersatz angepasst werden. Diese Bestimmung ist für den Fall von Bedeutung, da sie dem Kläger möglicherweise nicht den rechtlichen Rahmen bietet, den er zum Zeitpunkt der Zahlung der Umsatzsteuer erwartet hat. Die formale Bindung an diese AGB könnte die Rückforderung komplizieren.
  • § 12 Abs. 1 UStG: Dieser Paragraph beschreibt, unter welchen Umständen und in welchem Umfang Umsatzsteuer zu erheben ist. Die Einsicht des Klägers, dass die Umsatzsteuer in seinem konkreten Fall nicht angefallen sein sollte, geht auf die Anwendung dieser Norm zurück. Die richtige Zuordnung der Steuerpflichtigkeit der Leistungen in Verbindung mit dem Grundstückserwerb steht im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung.

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Das vorliegende Urteil

OLG Brandenburg – Az.: 10 U 102/23 – Urteil vom 10.10.2024


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