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Malerarbeiten ein Bauvertrag?

OLG Karlsruhe – Az.: 25 U 342/21 – Beschluss vom 15.12.2021

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 14.07.2021, Az. B 4 O 391/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 10.01.2022.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Leistung einer Sicherheit gemäß § 650 f BGB.

Die Beklagten sind Eigentümer einer Doppelhaushälfte in der … in …. Die Klägerin betreibt ein Malerunternehmen. Auf die Anfrage der Beklagten vom 14.02.2019 (Anlage K 1) unterbreitete die Klägerin am 26.02.2019 unter der Nr. 20943 ein nach Einheitspreisen kalkuliertes Angebot über Arbeiten an der Fassade des Hauses der Beklagten (Anlage K 3). Dieses Angebot über eine kalkulierte Gesamtsumme von 8.093,17 € umfasste neben der Stellung sowie des Auf- und Abbaus eines Fassadengerüstes unter anderem Positionen betreffend die Reinigung des Untergrundes, die Grundierung sowie den Anstrich der Fassade mittels eines Zwischen- und eines Schlussanstrichs. Unter Ziffer 1.04 enthielt das Angebot ferner folgende Position:

„Kleine Schäden des Untergrundes mit zementhaltiger Spachtelmasse beispachteln und nachschleifen“.

Weiter sah das Angebot Arbeiten an einem vorhandenen Holzuntergrund vor, welche das Schleifen, das Ausbessern von Schäden am Holz, das Grundieren, das Vorlackieren sowie das anschließende Anstreichen des Holzes beinhalteten.

Am 04./06.04.2019 unterzeichneten die Parteien unter Bezugnahme auf dieses Angebot einen als „Bauvertrag mit Verbrauchern“ bezeichneten Vertrag (Anlage K 2). Baubeginn sollte nach Ziffer 11 der 06.04.2019 sein, wobei sich die Klägerin verpflichtete, ihre vertraglichen Leistungen bis spätestens zum 27.04.2019 fertig zu stellen. Die Parteien vereinbarten weiter unter Ziffer 7.2 dieses Vertrages einen Abschlagszahlungsplan.

Die Klägerin führte vom 06.04.2019 bis zum 16.05.2019 die Arbeiten durch. Nach den Rapportzetteln vom 07.05.2019 und 15.05.2019 (Anlage K 8, K 9) wurden dabei auch Schäden ausgebessert sowie ein Riss an einer Balkondecke geöffnet, grundiert und verspachtelt. Die Abnahme erfolgte am 16.05.2019 vorbehaltlich einzelner in dem von beiden Parteien unterzeichneten Abnahmeprotokoll aufgeführter Mängel (Anlage K 5).

Die Beklagten leisteten am 16.04.2019 eine Zahlung in Höhe von 2.427,60 € und am 28.05.2019 eine Zahlung über 5.818,31 €.

Die Klägerin erstellte am 29.07.2019 eine Schlussrechnung Nr. 51587, welche unter Berücksichtigung der erfolgten Zahlungen einen noch offenen Betrag von 10.730,46 € auswies (Anlage K 6). Eine weitere Schlussrechnung Nr. 51587 erstellte die Klägerin am 23.10.2020 (Anlage K 7). Diese enthielt – in Abweichung zu der vorangegangenen Schlussrechnung – unter Position 4.01 einen Nachtrag „Grundanstrich rissüberbrückend bei Rissen der Rissgruppe A und B als Zulage zu dem normalen Anstrich“ sowie unter Position 4.02 eine Zulage für eine dunkle Tönung des Schlussanstrichs. Die Schlussrechnung vom 23.10.2020 ergab unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen einen noch offenen Restbetrag von 11.229,76 €. Die Schlussrechnung mit Zahlungsziel 29.10.2020 wurde den Beklagten zusammen mit Aufmaßberechnungen und Leistungsnachweisen (Anlage K 8 bis K 10) übermittelt.

Mit Schreiben vom 23.10.2020 forderte die Klägerin die Beklagten ferner unter Fristsetzung bis zum 02.11.2020 zur Leistung einer Sicherheit gemäß § 650 f BGB auf (Anlage K 4). Mit Anwaltsschreiben vom 04.11.2020 forderte die Klägerin die Beklagten erneut unter Fristsetzung zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von 12.352,73 € auf. Nachdem die Beklagten dies mit Anwaltsschreiben vom 04.11.2020 abgelehnt hatten, erfolgte eine erneute Aufforderung durch die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 06.11.2020 (Anlage K 11).

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Anspruch aus § 650 f BGB zu, da der geschlossene Vertrag als Bauvertrag gemäß § 650 a Abs. 2 BGB zu qualifizieren sei. Hierfür spreche nicht nur die Dauer der Arbeiten von sechs Wochen, die Notwendigkeit des Einsatzes eines Fassadengerüstes sowie die Höhe der abgerechneten Beträge, sondern auch der Umfang der Arbeiten. Denn die Fassade sei nicht nur „kosmetisch“ überstrichen worden, sondern es sei in die Bausubstanz eingegriffen worden. Es seien sowohl in dem Bereich mit Holzuntergrund zunächst Abschleifarbeiten durchgeführt worden als auch außerhalb des Holzbereichs zunächst eine Grundierung aufgebracht worden, bevor die Anstriche erfolgt seien. Auf etwaige, von Beklagtenseite behaupteten Mängel komme es bei dem Anspruch aus § 650 f BGB nicht an.

Die Klägerin hat beantragt:

1.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin für deren Vergütungsanspruch einschließlich der zugehörigen Nebenforderung für das Bauvorhaben …, eine Bauhandwerkersicherung in Höhe von 12.352,73 € zu leisten.

2.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 805,20 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagten haben beantragt: die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten sind der Ansicht, der geschlossene Vertrag sei als einfacher Werkvertrag zu qualifizieren, weshalb der Klägerin schon kein Anspruch auf Leistung einer Sicherheit gegen die Beklagten zustehe. Denn bei den vertragsgegenständlichen Malerarbeiten habe es sich um reine Kosmetik gehandelt.

Zudem behaupten die Beklagten, die Klägerin habe die vertragsgegenständlichen Arbeiten nicht mangelfrei erbracht. Der Geschäftsführer der Klägerin habe nur diejenigen Mängel in dem Abnahmeprotokoll aufgeführt, die er selbst anerkannt habe. Tatsächlich seien darüber hinaus weitere Mängel vorhanden. So habe die Klägerin Setz- und Spannungsrisse in der Fassade unfachmännisch mittels weißem Acryl befüllt. Auch die Löcher der Verankerungsbohrungen, mit denen das Gerüst an der Fassade befestigt worden sei, seien unfachmännisch mittels Acryl geschlossen und überstrichen worden. Der Geschäftsführer der Klägerin habe auch nicht darauf hingewiesen, dass die ausgeführten Leistungen den Vertragsumfang übersteigen würden. Auch die Abweichungen in den Massen zum Angebot seien nicht erklärlich. Die Rapporte seien maßlos überhöht.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass vom Vorliegen eines Bauvertrages auszugehen sei. Denn Gegenstand der Arbeiten seien nicht nur eine kosmetische Ausbesserung der Fassade gewesen, sondern Putz- und Anstricharbeiten, die mit nicht nur geringfügigen Substanzeingriffen verbunden gewesen seien. Diese seien als Instandhaltungsarbeiten im Sinne von § 650 a Abs. 2 BGB anzusehen. Auch der Umstand, dass sich die Arbeiten über einen längeren Zeitraum von sechs Wochen erstreckt und ein erhebliches wirtschaftliches Risikopotential für die Beteiligten aufgewiesen hätten, spreche für Instandhaltungsarbeiten von wesentlicher Bedeutung und damit für einen Bauvertrag.

Die Klägerin habe ihren restlichen Vergütungsanspruch in Höhe von 11.229,76 € mit Vorlage ihrer Schlussrechnung nebst Aufmaß und Rapporten schlüssig dargelegt, was für einen Anspruch nach § 650 f Abs. 1 BGB ausreiche.

Malerarbeiten ein Bauvertrag?
(Symbolfoto: VanoVasaio/Shutterstock.com)

Eine Abnahme des Werks sei für den Anspruch auf Gewährung einer Bauhandwerkersicherung nicht erforderlich. Auch die behaupteten Mängel stünden dem Sicherungsverlangen nicht entgegen. Da den Beklagten die Berufung auf eine etwaige Mangelhaftigkeit der Werkleistung im Rahmen des Rechtsstreits verwehrt sei, könnten sich diese auch nicht auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung stützen. Da der Vergütung von 11.229,76 € noch 10 % für dazugehörige Nebenforderungen zuzuschlagen seien, sei der Anspruch auf Gewährung einer Bauhandwerkersicherung in der geltend gemachten Höhe vollumfänglich begründet.

Der Klägerin stehe gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf die geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280, 286 BGB zu. Denn die Beklagten seien spätestens mit Ablauf der von der Klägerin selbst bis zum 02.11.2020 gesetzten Frist mit der Leistung einer Bauhandwerkersicherung in Verzug gewesen.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer am 26.07.2021 eingelegten und am 09.09.2021 begründeten Berufung.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass die streitgegenständlichen Arbeiten schon nicht als Instandhaltungsarbeiten im Sinne von § 650 a Abs. 2 BGB anzusehen seien. Hierfür sei nach dem Gesetz Voraussetzung, dass die Arbeiten von wesentlicher Bedeutung seien. Dies sei bei Anstricharbeiten, die als reine Kosmetik zu qualifizieren seien, nicht der Fall. Bei Malerarbeiten an einem Gebäude sei bei fachgerechter Ausführung stets davon auszugehen, dass die Beseitigung kleiner Schäden, die Grundierung und der Anstrich der Fassade erfolge. Die Auffassung des Landgerichts habe zur Folge, dass praktisch jede Anstricharbeit als Instandhaltungsarbeit zu qualifizieren sei, was dem Willen des Gesetzgebers jedoch nicht entspreche.

Verfehlt sei auch die Wertung eines Zeitraums von sechs Wochen als längeren Zeitraum im Sinne des Gesetzes. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Vertrag lediglich eine Leistungszeit von drei Wochen vorgesehen habe. Dass die Arbeiten tatsächlich über einen Zeitraum von circa sechs Wochen ausgeführt worden seien, sei darauf zurückzuführen, dass tageweise nur ein einziger Maler vor Ort gewesen sei, an manchen Tagen nur für zwei Stunden, und an anderen Tagen auch gar nicht gearbeitet worden sei.

Ferner habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass aufgrund der Mangelhaftigkeit der Arbeiten und des Umstandes, dass die Mängelbeseitigungskosten die Vergütungsforderung der Klägerin übersteigen würden, die Beklagten sich auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs stützen könnten.

Auch die Rechtsanwaltskosten seien zu Unrecht zugesprochen worden. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hätten nämlich mit einem per beA übermittelten Schreiben vom 04.11.2020 eine Fristverlängerung gewährt und seien damit schon vor einer verzugsbegründenden Mahnung tätig geworden. Das Schreiben der Klägerin vom 23.10.2020 mit einer ersten Leistungsanforderung sei nicht verzugsbegründend gewesen.

Die Beklagten beantragen: Unter Abänderung des am 14.07.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Konstanz, Az: B 4 O 391/20, wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt: Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Es seien nicht bloß kosmetische Malerarbeiten durchgeführt worden, sondern eine Komplettsanierung der Außenfassade unter Einsatz eines Gerüstes. Die Beklagten hätten den Auftrag aufgrund des Instandsetzungsbedarfs infolge der Risse und des Alters des Objekts erteilt.

Mängeleinwendungen seien in einem Prozess über die Bauhandwerkersicherung nicht zu berücksichtigen, da ansonsten das Verlangen einer Sicherheit nach § 650 f BGB ins Leere laufen würde.

Auch die Rechtsanwaltskosten seien zu erstatten, da die Prozessbevollmächtigten der Klägerin erst nach Ablauf der von Klägerseite gesetzten Frist mandatiert worden sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nach vorläufiger Rechtsauffassung des Senats offensichtlich unbegründet.

A.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch aus § 650 f Abs. 1 BGB auf Leistung einer Sicherheit zu.

1.

Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist als Bauvertrag nach § 650 a Abs. 2 BGB zu qualifizieren mit der Folge, dass § 650 f BGB Anwendung findet.

a)

Ein Anspruch aus § 650 f BGB besteht bei allen Bauverträgen nach § 650 a BGB. Den Verträgen betreffend die Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon (§ 650 a Abs. 1 BGB) sind nach § 650 a Abs. 2 BGB Verträge über bestimmte Instandhaltungsarbeiten gleichgestellt. Ein Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks ist danach als Bauvertrag einzuordnen, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist.

Der Begriff der Instandhaltung orientiert sich dabei ausweislich der Gesetzesbegründung an § 2 Abs. 9 HOAI und erfasst mithin Maßnahmen zur Erhaltung des Soll-Zustands eines Objekts (vgl. BT-Drucksache 18/8486, S. 53; von Rintelen in: Messerschmidt / Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650 a BGB Rn. 102). Darunter fallen in erster Linie vorbeugende und konservierende Maßnahmen (vgl. Wirth/Galda in: Korbion / Mantscheff / Vygen, HOAI, 9. Auflage 2016 § 2 HOAI Rn. 26). Sie dienen in Abgrenzung zu Instandsetzungsmaßnahmen dem Erhalt und setzen nicht das Vorhandensein von Schäden voraus (vgl. Schwenker/Wessel in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 2 HOAI Rn. 11).

Da nach der Intention des Gesetzgebers nur Arbeiten, welche eine gewisse Erheblichkeit aufweisen, den Regelungen des Bauvertragsrechts unterfallen sollen, werden nicht alle Verträge über Instandhaltung von § 650 a Abs. 2 BGB erfasst. Zur Präzisierung des Anwendungsbereichs hat der Gesetzgeber in § 650 a Abs. 2 BGB die Begrifflichkeiten der Rechtsprechung zu § 638 Abs. 1 BGB a.F. zur Frage der Abgrenzung bloßer Pflege- und Renovierungsarbeiten zu Arbeiten an Bauwerken übernommen (vgl. von Rintelen in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650 a BGB Rn. 155). Nach dieser Rechtsprechung ist von Arbeiten an Bauwerken dann auszugehen, wenn die Arbeiten für die Erneuerung oder den Bestand von wesentlicher Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 1973 – VII ZR 217/71 -, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 15. Februar 1990 – VII ZR 175/19 -, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 16. Mai 1991 – VII ZR 296/90 -, juris Rn. 16). Daher bedarf es zur Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 650 a Abs. 2 BGB einer wertenden Betrachtung unter Rückgriff auf die bisherige Rechtsprechung zu § 638 Abs. 1 BGB a.F. (vgl. Lührmann in: Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, 4. Auflage 2021, § 650 a BGB Rn. 36; Reiter, Das neue Bauvertragsrecht, JA 2018, 161 ff.). Dienen die Instandhaltungsarbeiten nach diesem Maßstab der Erhaltung und / oder der Funktionsfähigkeit des Bauwerks, sind sie von wesentlicher Bedeutung (vgl. Merkle in: Gsell / Krüger / Lorenz / Reymann, Beck`scher Online-Großkommentar BGB, § 650 a BGB Rn. 88; Kniffka in: Kniffka / Koeble / Jurgeleit / Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 2 Rn. 31). Es ist dann nach der Gesetzesbegründung regelmäßig von einem auf längerfristige Zusammenarbeit angelegten Vertrag auszugehen, der die Anwendung der Regeln über den Bauvertrag rechtfertigt (vgl. BT-Drucksache 18/8486, S. 53; Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 650 a BGB Rn. 10).

b)

Ausgehend hiervon ist der streitgegenständliche Vertrag als Bauvertrag einzuordnen.

aa)

Die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten umfassten unstreitig den Anstrich der Außenfassade sowie die Oberflächenbehandlung von Hölzern im Außenbereich. Hierbei handelt es sich um Erhaltungsmaßnahmen, welche gemäß § 2 Abs. 9 HOAI als Instandhaltungsmaßnahmen einzustufen sind (vgl. Berger/Seifert in: Fuchs / Berger / Seifert, Beck`scher HOAI- und Architektenrechtskommentar, 2. Auflage 2020, § 2 HOAI Rn. 38).

bb)

Diese Arbeiten waren auch von wesentlicher Bedeutung für den Bestand und für den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Bauwerks.

Eine Außenwand bzw. Fassade prägt nicht nur das optische Erscheinungsbild des Gebäudes. Ihr kommen auch technische Funktionen, etwa der Schutz der Wandkonstruktion vor Durchfeuchtung zu (vgl. Bogusch in: Ganten / Kindereit, Typische Baumängel, 3. Auflage 2019, Teil D. Rn. 1 ff.). Es handelt sich mithin um ein für den Bestand des Bauwerks wichtiges Bauteil.

Soweit die Berufung ausführt, es habe sich um rein kosmetische Arbeiten gehandelt, welche nicht als wesentlich einzustufen seien, kann dem nicht gefolgt werden. Denn es lässt sich schon dem Angebot vom 26.02.2019 (Anlage K 3) entnehmen, dass sich die vor Vertragsschluss vorgesehenen Arbeiten nicht auf einen einfachen Anstrich beschränkten, sondern auch die Reparatur von Schäden des Untergrundes beinhalteten. Die Klägerin führte im Rahmen der Ausführung vor dem Anstrich auch unstreitig Reparaturarbeiten aus. Denn die Beklagten tragen im Rahmen ihrer Mängelrügen selbst vor, dass vor dem Anstrich von der Klägerin Setz- und Spannungsrisse in der Fassade verschlossen worden seien.

Die Arbeiten der Klägerin dienten mithin der Wiederherstellung der Funktion der Fassade, die Substanz des Hauses zu schützen (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1993 – VII ZR 180/92 –, juris Rn. 15). Entsprechende Arbeiten wurden schon unter der Geltung des § 638 Abs. 1 BGB a.F. als Leistungen an Bauwerken eingestuft (vgl. BGH, Urteil vom 08. Januar 1970 – VII ZR 35/68 –, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 16. September 1993 – VII ZR 180/92 –, juris Rn. 15). Anhaltspunkte dafür, dass derartige Instandhaltungsarbeiten nach Inkrafttreten des § 650 a Abs. 2 BGB nicht mehr von „wesentlicher Bedeutung“ sein sollen, gibt es nicht. Vielmehr führt die Gesetzesbegründung explizit aus, dass Verträge zur Wartung von tragenden oder sonst für den Bestand eines Bauwerks wichtigen Teilen von § 650 a Abs. 2 BGB erfasst werden (vgl. BT-Drucksache 18/8486, S. 53).

Nicht entscheidend ist dagegen die konkrete Dauer der Leistungserbringung. Der Wortlaut des § 650 a Abs. 2 BGB knüpft – wie dargelegt – nur an die Bedeutung des Werks an, nicht an die Dauer der Leistungserbringung. Ein einschränkendes Verständnis lässt sich auch nicht der Gesetzesbegründung entnehmen. Zwar führt diese aus, dass mit den speziellen Regelungen dem „auf eine längere Erfüllungszeit angelegten“ Bauvertrag Rechnung getragen werden solle (vgl. BT-Drucksache 18/8486, S. 2). Die Gesetzesbegründung definiert jedoch weder, ab welchem Zeitraum von einer „längeren Erfüllungszeit“ ausgegangen werden soll, noch macht sie den Ablauf einer „längeren Erfüllungszeit“ zur Voraussetzung für die Anwendung des § 650 a Abs. 2 BGB. Vielmehr ist die Anwendung der speziellen bauvertragsrechtlichen Regelungen nach der Gesetzesbegründung immer dann gerechtfertigt, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist, da dann davon auszugehen ist, dass es sich nach Vertragsdauer und -umfang um einen auf längerfristige Zusammenarbeit angelegten Vertrag handelt (vgl. BT-Drucksache 18/8486, S. 53). Eine Anknüpfung des Anwendungsbereichs des § 650 a Abs. 2 BGB an die konkrete Dauer der Leistungserbringung würde zudem in der Praxis zu kaum lösbaren Abgrenzungsproblemen führen, wie nicht zuletzt die Argumentation der Beklagten zeigt: Ist bei Vertragsabschluss eine Fertigstellung des Werks innerhalb eines kürzeren Zeitraumes vorgesehen, kommt es jedoch – sei es aufgrund von Nachtragsaufträgen, witterungsbedingter Ursachen oder vom Unternehmer zu vertretender Umstände – zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Fertigstellung, hinge die rechtliche Qualifikation des Vertrages als Bau- oder Werkvertrag letztendlich von Zufälligkeiten und nicht von der Bedeutung der Arbeiten für das Bauwerk ab.

Die bei Vertragsschluss vorgesehenen und durchgeführten Arbeiten der Klägerin waren mithin von wesentlicher Bedeutung und fallen unter § 650 a Abs. 2 BGB. Ob darüber hinaus – wie von Beklagtenseite behauptet – von der Klägerin bei Ausführung der Arbeiten weitere Putzschäden verursacht worden sein sollen, ist für die rechtliche Qualifikation folglich unerheblich.

2.

Der Klägerin steht aus § 650 f Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Sicherheitsleistung i.H.v. 12.352,73 € gegen die Beklagten zu.

a)

Ein entsprechender Anspruch ist nicht nach § 650 f Abs. 6 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Denn es liegt ungeachtet der Bezeichnung der Anlage K 1 kein Verbraucherbauvertrag im Sinne von § 650 i Abs. 1 BGB vor. Die Klägerin wurde weder zum Bau eines Gebäudes noch zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet. Erhebliche Umbaumaßnahmen müssen dem Bau eines neuen Gebäudes gleichkommen; da dieser stets mehrere Gewerke erfasst, fallen Verträge eines Verbrauchers mit einem Unternehmer über ein einzelnes Gewerk daher schon nicht unter § 650 i Abs. 1 BGB (vgl. Retzlaff in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 650 i BGB Rn. 4; Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 650 i BGB Rn. 7).

b)

Nach § 650 f Abs. 1 BGB bemisst sich die Sicherheit nach der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung einschließlich der Nebenforderungen, die mit 10 % des zu sichernden Anspruchs anzusetzen sind.

Bei der Klage auf Bauhandwerkersicherung kommt es nur darauf an, dass noch eine Forderung in Höhe des Sicherungsbetrages entstehen kann und diese Vergütung nicht bezahlt ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 26. Juni 2017 – 10 U 122/16 -, juris Rn. 61). Dabei genügt im Rahmen des § 650 f Abs. 1 BGB die schlüssige Darlegung der Vergütung (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. Juni 2018 – 8 U 102/16 -, juris Rn. 20). Sind die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Anspruchs streitig, ist dem Unternehmer für seine schlüssig dargelegte Vergütung eine Sicherheit ohne Klärung der Streitfragen zu gewähren, es sei denn, die Klärung der Streitfragen führt nicht zu einer Verzögerung des Rechtsstreits (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2014 – VII ZR 349/12 -, juris Rn. 26).

Die Klägerin hat ihren Vergütungsanspruch, einschließlich der Vergütung aufgrund von Zusatzaufträgen, in der Schlussrechnung vom 23.10.2020 schlüssig dargelegt. Ausgangspunkt ist die vertraglich vereinbarte Vergütung, wobei bei Einheitspreisen die tatsächlichen Mengen maßgebend sind (vgl. Retzlaff in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 650 f BGB Rn. 7). Diese sind hier von der Klägerin mit Aufmaß schlüssig dargelegt worden. Soweit die Beklagten in der Klageerwiderung die abgerechneten Massen und Mengen sowie die abgerechneten Stunden in Zweifel ziehen, vermag dies aus den genannten Gründen nichts an dem Anspruch auf Sicherheitsleistung zu ändern. Dass die in der Schlussrechnung vom 23.10.2020 abgerechneten Zusatzaufträge erteilt wurden, haben die Beklagten nicht substantiiert bestritten.

Unter Berücksichtigung der geleisteten Abschlagszahlungen besteht noch ein Vergütungsanspruch in Höhe von 11.229,76 €, so dass sich unter Berücksichtigung der Nebenforderungen mit 10 % des zu sichernden Anspruchs der zuerkannte Betrag von 12.352,73 € errechnet.

c)

Die Beklagten können diesem Anspruch der Klägerin weder eine angeblich fehlende Abnahme noch die behaupteten Mängel am Werk entgegenhalten.

Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Vergütungsanspruchs sind, wie sich aus § 650 f Abs. 1 S. 2 BGB ableiten lässt, keine Voraussetzungen für den Anspruch aus § 650 f Abs. 1 BGB. Es kommt daher weder auf die Abnahme noch darauf an, ob der Anspruch mit Einreden behaftet ist. Mängel des Werks stehen dem Sicherungsverlangen daher nicht entgegen, solange der Unternehmer noch zur Nachbesserung berechtigt und verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 09. November 2000 – VII ZR 82/99 -, juris Rn. 34; BGH, Urteil vom 27. September 2007 – VII ZR 80/05 -, juris Rn. 46; Mundt in: Gsell / Krüger / Lorenz / Reymann, Beck`scher Online-Großkommentar BGB, § 650 f BGB Rn. 93; Cramer in: Messerschmidt / Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650 f BGB Rn. 56).

d)

Die Beklagten können dem Anspruch der Klägerin auch nicht den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten.

Der Bundesgerichtshof hat zu § 648a BGB a.F., der bis 31.12.2017 den Anspruch des Unternehmers auf Leistung einer Sicherheit regelte, offengelassen, ob der Anwendungsbereich in Fällen des offensichtlichen Rechtsmissbrauchs zu begrenzen ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2017 – VII ZR 34/15 -, juris Rn. 30). Diese Frage bedarf hier indes keiner Entscheidung, da auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten schon kein Fall des offensichtlichen Rechtsmissbrauchs vorliegt; denn selbst wenn die Leistungen der Klägerin mangelhaft sein sollten, wäre diese verpflichtet, die Mängel im Wege der Nacherfüllung zu beseitigen, wobei die hierfür erforderlichen Aufwendungen nach § 635 Abs. 2 BGB von der Klägerin zu tragen wären. Der Vergütungsanspruch wäre dann – nach Mängelbeseitigung – in voller Höhe durchsetzbar. Die Klägerin hat daher ungeachtet etwaiger Mängel ein schützenswertes Interesse an der Absicherung ihres Vergütungsanspruches (vgl. BGH, Urteil vom 09. November 2000 – VII ZR 82/99 -, juris Rn. 34).

3.

Die Beklagten können die ausgeurteilte Sicherheit entweder in Form der in §§ 232 ff. BGB genannten Sicherheitsarten oder in Form einer Garantie oder eines sonstigen Zahlungsversprechens eines Kreditinstituts nach § 650 f Abs. 2 BGB leisten. Insoweit steht den Beklagten als Bestellern ein Wahlrecht zu (vgl. Cramer in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650 f BGB Rn. 61).

Dieses Wahlrecht wird zwar durch den Tenor der angefochtenen Entscheidung, welche – offenbar orientiert an die Überschrift des § 650 f BGB – die Beklagten zur Leistung einer „Bauhandwerkersicherung“ anstatt zur Leistung einer Sicherheit verurteilt hat, inhaltlich nicht eingeschränkt. Es kommt jedoch im Tenor nicht hinreichend zum Ausdruck, dass den Beklagten ein Wahlrecht zusteht (vgl. Mundt in: Gsell / Krüger / Lorenz /Reymann, Beck`scher Online-Großkommentar, § 650 f BGB Rn. 160.1).

Der Senat beabsichtigt daher, den Tenor der angefochtenen Entscheidung gem. § 319 ZPO dahingehend zu berichtigen, dass die Beklagten anstatt zur Leistung einer Bauhandwerkersicherung zur Leistung einer Sicherheit, die nach Wahl der Beklagten in Form der in §§ 232 ff. BGB oder in § 650 f Abs. 2 BGB genannten Sicherheitsarten erfolgen kann, verurteilt werden. Es handelt sich insoweit lediglich um eine offenbare Ungenauigkeit im Ausdruck (vgl. Feskorn in: Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, § 319 ZPO Rn. 13), welche vom Senat als Rechtsmittelgericht jederzeit von Amts wegen berichtigt werden kann (vgl. Feskorn in: Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, § 319 ZPO Rn. 34).

B.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus §§ 280, 286 Abs. 1, 249 BGB zu.

Die hier geltend gemachte Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG setzt das Betreiben eines Geschäfts auf der Grundlage eines Auftrags des Mandanten voraus, der auf eine Tätigkeit des Rechtsanwalts nach außen gerichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – IX ZR 115/17 -, juris Rn. 9). Sie entsteht mit der ersten Tätigkeit des Rechtsanwalts nach Erhalt des Auftrags (vgl. Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 25. Auflage 2021, VV 2300 Rn. 17).

Die erste Tätigkeit erfolgte hier mit der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 04.11.2020 gewährten Fristverlängerung. Es handelt sich unzweifelhaft um eine die Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslösende Tätigkeit.

Aufgrund des Aufforderungsschreibens vom 23.10.2020 (Anlage K 4) mit Fristsetzung bis zum 02.11.2020 befanden sich die Beklagten zum Zeitpunkt dieses Tätigwerdens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin jedoch schon in Verzug. Der Unternehmer kann die Sicherheit jederzeit nach Vertragsschluss beanspruchen (vgl. Cramer in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650 f BGB Rn. 39; Retzlaff in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2021, § 650 f BGB Rn. 12). Dies ist hier mit Schreiben vom 23.10.2020, mit dem die Beklagten unter Fristsetzung zur Leistung aufgefordert wurden, erfolgt. Der Wirksamkeit der Mahnung steht dabei nicht entgegen, dass die fälligkeitsbegründende Handlung mit der Mahnung verbunden wurde (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1970 – VIII ZR 12/69 -, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 – X ZR 157/05 -, juris Rn. 10).

Ausgehend von einem Gegenstandswert von 12.352,73 € beträgt eine 1,3 – Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG 785,20 €. Addiert mit der Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG ergibt dies bei der vorsteuerabzugsberechtigten Klägerin einen Schaden von 805,20 €.

III.

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe.

Die Beklagten werden darauf hingewiesen, dass bei einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss mit vier Gerichtsgebühren die gleichen Kosten entstehen wie bei einem Urteil mit Begründung (§ 3 Abs. 2 GKG, KV Nr. 1220). Wird jedoch die Berufung zurückgenommen, bevor ein Beschluss gemäß § 522 ZPO ergeht, ermäßigen sich die Kosten für die Berufungsinstanz auf zwei Gerichtsgebühren (§ 3 Abs. 2 GKG KV Nr. 1222).

Falls die Berufung zurückgenommen werden sollte, würde der Senat den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 12.352,73 € festsetzen.

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