OLG Hamburg – Az.: 4 U 21/20 – Urteil vom 30.12.2020
In der Sache erkennt das Hanseatische Oberlandesgericht – 4. Zivilsenat – auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2020 für Recht:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 09.03.2020, Az. 313 O 313/16 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten der Nebenintervention hat die Klägerin zu tragen.
3. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil des Landgerichts Hamburg sind wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Kostenbetrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Heizung in der Wohnung der Klägerin und ihres Ehemannes nachzubessern, so dass bestimmte Raumtemperaturen erreicht und bestimmte Heizleistungen hergestellt werden. Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben von der Beklagten eine noch zu errichtende Eigentumswohnung. Die Wohnung sollte die Anforderungen eines KfW-Effizienzhauses 70 – Standard nach der EnEV 2009 erfüllen, die Zentralheizungsanlage sollte als zentrale Geothermische Anlage ausgeführt werden und sämtliche Wohnräume sollten mit Fußbodenheizung mit separater Raumsteuerung ausgestattet werden. Die Klägerin und ihr Ehemann traten in den bereits von der Beklagten abgeschlossenen Wärmeliefervertrag ein, in dessen Anlage 7 unter der Überschrift „Technische Anschlussbedingungen“ darauf hingewiesen wird, dass die Auslegung des Fußbodenheizkreises und Planung der Flächenheizung mit Sorgfalt durchzuführen sei, damit sie den Wärmebedarf ausreichend abdeckten (maximal 22°C Innentemperatur im Wohnbereich und max. 24°C im Bad).
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, die Wohnung sei nicht ausreichend beheizbar, die gewünschten Raumtemperaturen seien nicht erreicht worden. Die Heizungstechnik sei nicht fachgerecht geplant. Die Beklagte ist der Meinung gewesen, der Heizlastberechnung sei eine Normvorgabe von 20°C für die Wohnräume und 24°C für das Bad zu Grunde zu legen. Diese Temperaturen würden auch erreicht.
Dem streitigen Verfahren vor dem Landgericht ist ein selbständiges Beweisverfahren vorangegangen (Landgericht Hamburg 313 OH 11/13). Im streitigen Verfahren hat das Landgericht den Sachverständigen aus dem selbständigen Beweisverfahren angehört, ein Gutachten eines weiteren Sachverständigen eingeholt und auch diesen Sachverständigen angehört.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der -von Klägerseite mehrfach geänderten- Anträge vor dem Landgericht wird auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Gewährleistungsanspruch der Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes bestehe nicht, weil ein Mangel hinsichtlich der Raumtemperatur nicht vorliege. Das Erreichen konkreter Raumlufttemperaturen, insbesondere 22°C in den Wohnräumen und 24°C im Bad sei zwischen den Parteien nicht vereinbart. Soweit derartige Temperaturen in den technischen Anschlussbedingungen zum Wärmelieferungsvertrag genannt seien, begründe dies keine Beschaffenheitsvereinbarung für die streitgegenständliche Wohnung. Es handele sich insoweit lediglich um einen Vorbehalt des Wärmeversorgers, der lediglich eine Vorlauftemperatur (hier 35°C) zusichern, aber bestimmte Raumtemperaturen nicht garantieren könne, weil hierfür die Auslegung der Heizung entscheidend sei. Mit diesem Vorbehalt des Wärmeversorgers habe die Beklagte, die gar nicht (mehr) Partei des Wärmeliefervertrages sei, mit der Klägerin nicht das Erreichen bestimmter Temperaturen in der Wohnung vereinbart.
Auch die Vereinbarung der Anforderungen des KfW-Effizienzhauses 70 – Standards beinhalte nicht die Vereinbarung bestimmter Mindestraumtemperaturen.
Welche Temperaturen in der Wohnung konkret herrschten und inwieweit der Gebrauch der Wohnung hierdurch eingeschränkt sei, habe die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen. Vielmehr habe sie auf entsprechende Nachfrage angegeben, es gehe ihr nicht um die Rüge der zu geringen Raumlufttemperatur, sondern um die Rüge, der unzureichenden Planung und Auslegung der Heizungsanlage.
Die Klägerin habe gegen die Beklagte aber keinen Anspruch auf „Lieferung“ und „Nachweis“ einer Heizleistung von 2.845 oder 2.641 Watt statt der unstreitig installierten 2.253 Watt. Die vom Sachverständigen G. berechnete Heizlast von 2263 Watt werde nur um 10 Watt unterschritten. Ein Anspruch auf eine bestimmte, bezifferte Leistung der Heizung in Watt ergebe sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag nicht. Nach der Erläuterung des Sachverständigen G. handele es sich bei der Heizlastberechnung auch lediglich um eine theoretische Berechnung, die von festen definierten Rahmenbedingungen ausgehe in der die tatsächlichen Umstände einer Wohnung nicht berücksichtigt würden. Aus einer geringfügigen Unterschreitung der Heizlastberechnung ergebe sich daher eine Gebrauchsbeeinträchtigung der Eigentumswohnung nicht.
Soweit die Klägerin erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung Messwerte für die Temperaturen in den einzelnen Räumen vorgetragen habe, sei dieser Vortrag von Beklagtenseite bestritten worden und damit verspätet. Die Verspätung dieses Vortrages sei nicht entschuldigt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer fristgemäß eingegangen und begründeten Berufung. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hätten die Parteien konkrete Raumlufttemperaturen vereinbart. Im notariellen Kaufvertrag sei der Wärmeliefervertrag explizit in Bezug genommen und damit Gegenstand des Kaufvertrages geworden. Zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung habe die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen, dass die gewünschten Raumtemperaturen nicht erreicht würden, die Temperaturen merklich zu niedrig seien und die Mieterin sich beschwert hätte, dass die Räume nicht ausreichend warm würden. Zudem habe eine Messung in der 4. Kalenderwoche 2020 ergeben, dass im Wohnzimmer nur 21,2°C in der Küche 21,5°C, im Schlafzimmer nur 19,2°C im Badezimmer 21,5°C und im Arbeitszimmer 21,7°C erreicht würden. Diese bereits erstinstanzlich vorgetragenen Werte hätte das Landgericht berücksichtigen müssen, weil erst in der letzten mündlichen Verhandlung die Klägerin zu den Temperaturen in der Wohnung befragt worden sei. Im Übrigen sei die Auffassung des Landgerichts falsch, wonach eine unzureichende Planung und Auslegung der Heizungsanlage keinen Mangel darstelle. Nach den Angaben des Sachverständigen S. betrage die Leistung der tatsächlich installierten Heizung lediglich 2.216 Watt. Entscheidend sei insoweit auch nicht die Unterschreitung des Gesamtwärmebedarfs, sondern die Unterschreitung in einzelnen Räumen, die zum Teil erheblich sei.
Nachdem die Klägerin auch in der Berufungsinstanz ihre angekündigten Anträge geändert hat beantragt sie nunmehr, das Urteil des Landgerichts Hamburg (313 O 313/16) aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, in der Wohnung Nr. 7, …weg 10, …. Hamburg, die Raumlufttemperatur in den Wohnräumen von 20 Grad Celsius und im Bad von 24 Grad Celsius vertragsgemäß herzustellen, indem die dafür erforderliche Heizleistung von
- Berechnung HSGP 20 GradC
- Wohnzimmer 789 W
- Küche 304 W
- Schlafzimmer 434 W
- Bad (24 Grad C) 340 W
- Zimmer 237 W
- WC 122 W
- Diele/Flur 38 W (auf Wohnräume zu verteilen)
- Summe 2.263 W
über die Fußbodenheizung geliefert und nachgewiesen wird.
hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, die fehlende Heizlast von 291 W im Badezimmer, 80 W im Flur und WC der Wohnung Nr. 7, …weg 10, … Hamburg, über eine Flächenheizung herzustellen.
Die Beklagte sowie die Nebenintervenientin beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie stimmen der Klagänderung in der Berufungsinstanz nicht zu und halten diese auch für nicht sachdienlich. In der Sache verteidigen sie das erstinstanzliche Urteil und bestreiten die von der Klägerin behaupteten gemessenen Temperaturen in den einzelnen Räumen der Wohnung.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Nachbesserung der in der von der Beklagten erworbenen Wohnung installierten Heizung nicht zu.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht Hamburg eine Vereinbarung der Parteien, dass sich die Wohnräume (mit Ausnahme des Bades) jederzeit auf 22°C Raumtemperatur erwärmen lassen müssten, nicht feststellen können. Insbesondere die Erwähnung entsprechender Temperaturen im von der Beklagten abgeschlossenen Wämelieferungsvertrag, in den die Klägerin und ihr Ehemann anstelle der Beklagten eingetreten sind, vermittelt der Klägerin keinen entsprechenden Anspruch. Insoweit kann auf die zutreffende Begründung des Landgerichts Hamburg verwiesen werden. Nachdem die Klägerin ihren Hauptantrag aus der Berufungsbegründung nicht mehr stellt, sondern nur noch auf die Herstellung einer Raumtemperatur von 20°C in den Wohnräumen (ohne Bad) abstellt, erübrigen sich insoweit weitere Ausführungen.
Zutreffend ist ferner die Ansicht des Landgerichts, die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine fehlerfreie Planung und Berechnung der zu installierenden Heizlast bzw. auf eine bestimmte Heizleistung, sei es in einzelnen Räumen oder in der Wohnung insgesamt. Die von den Bauunternehmen durchzuführende Heizlastberechnung dient dazu, im Vorhinein zu berechnen, welche Heizleistung in einzelnen Räumen erforderlich ist, um bestimmte Raumtemperaturen sicher jederzeit erreichen zu können. Dies dient dem Schutz des Unternehmers vor Erstellung eines möglicherweise mangelhaften Werkes. Sofern nichts anderes vereinbart ist, hat aber der Käufer oder Bauherr einer Wohnung lediglich Anspruch darauf, dass die vereinbarten oder die Normtemperaturen in den Räumlichkeiten erreicht werden, weil nur diese Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung hat. Ein Anspruch auf eine bestimmte Heizleistung unabhängig davon, ob die vereinbarten oder üblichen Raumtemperaturen erreicht werden oder nicht, besteht daher nur, wenn dies gesondert vereinbart ist. Das ist nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag nicht der Fall.
Allerdings hat die Klägerin einen Anspruch darauf, dass die Wohnung für den üblichen Gebrauch geeignet ist. Dazu gehört auch, dass übliche Raumtemperaturen erreicht werden. Nach Anhang D der EN 12831:2003(D) ist für den üblichen Gebrauch einer Wohnung von einer erreichbaren Raumtemperatur von 20°C für Wohnräume und 24°C für das Bad auszugehen (S. 9 / Anhang 6 Gutachten vom 05.05.2014 des Sachverständigen S. im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Hamburg Az. 313 OH 11/13). Soweit die Klägerin zu den in der streitgegenständlichen Wohnung erreichbaren Raumtemperaturen überhaupt vorgetragen hat, ergibt sich insoweit allenfalls für das Bad eine heizungsbedingte Unterschreitung dieses Sollzustandes. Selbst wenn der nach der mündlichen Verhandlung in erster Instanz erst erfolgte Vortrag der Klägerin über tatsächlich erreichte Temperaturen in der Wohnung berücksichtigt wird, werden die üblichen Temperaturen lediglich im Schlafzimmer und im Bad nicht erreicht.
Dass die Unterschreitung im Schlafzimmer auf eine nicht ausreichend dimensionierte Heizung zurückzuführen ist, behauptet aber die Klägerin selbst nicht. Denn auch die Klägerin geht davon aus, dass im Schlafzimmer eine Heizleistung von 436 Watt vorhanden ist, nach der Heizlastberechnung aber lediglich 434 Watt erforderlich sind (Berufungsbegründung S. 11, Bl. 694 d.A.). Was auch immer die Ursache dafür war, dass nach Vortrag der Klägerin am 20.01.2020 im Schlafzimmer nur eine Raumtemperatur von 19,2°C erreicht werden konnte, ein baubedingter Mangel ist jedenfalls nicht ersichtlich. Zu Recht beantragt die Klägerin dementsprechend eine Mangelbeseitigung im Schlafzimmer nicht.
Demgegenüber liegt es zwar nahe, dass im Bad die übliche Temperatur von 24°C aufgrund einer zu gering dimensionierten Heizung nicht immer erreicht werden kann und damit ein Baumangel vorliegt. Die nach der Heizlastberechnung des Sachverständigen G. mit 99 Watt zu gering ausgelegte Beheizbarkeit des Bades ist so eklatant, dass an einen Anscheinsbeweis dahingehend gedacht werden könnte, dass bei derart gravierender Unterschreitung der berechneten Heizlast davon ausgegangen werden kann, dass die Temperatur von 24°C nicht immer erreicht werden kann. Dies alles kann indes offen bleiben, denn einen Anspruch, wie ihn die Klägerin mit ihrem Haupt- bzw. ihrem Hilfsantrag im Hinblick auf das Bad geltend macht, hat sie nicht.
Für den Hauptantrag gilt dies auf das Bad bezogen aus zwei Gründen. Zum einen hat die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte eine bestimmte Heizleistung (die verlangten 340 Watt) im Bad installiert s.o.. Zum anderen hat die Klägerin auch keinen Anspruch darauf, dass die erforderliche Heizleistung durch die Fußbodenheizung erbracht wird. Nach den vertraglichen Vereinbarungen sind sämtliche Wohnräume zwar mit Fußbodenheizung auszustatten, das ist durch die vorhandene Fußbodenheizung im Bad aber bereits geschehen. Im Übrigen ist lediglich vorgesehen, dass die Beheizung durch eine geothermische Zentralheizungsanlage zu erfolgen hat, so dass auch die nachträgliche Installation einer zusätzlichen Wandflächenheizung o.ä. in Betracht käme. Trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts hat die Klägerin ihren nunmehr gestellten Hauptantrag nicht umgestellt.
Mit dem Hilfsantrag kann die Klägerin auch im Hinblick auf das Bad keinen Erfolg haben, weil sie wiederum die Herstellung einer bestimmten Heizleistung begehrt, auf die sie keinen Anspruch hat. Wie oben dargelegt hat die Klägerin gegen die Beklagte lediglich einen Anspruch darauf, dass 24°C im Bad jederzeit erreicht werden können, wie dies erreicht wird, ist -im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen- der Beklagten überlassen.
Abgesehen davon, dass die Klägerin für die erreichbaren Raumtemperaturen in WC und Diele/Flur auch mit der Berufungsbegründung nichts vorgetragen hat und die Berufung schon deshalb zurückzuweisen war, gilt auch insoweit, dass der geltend gemachte Anspruch auf Herstellung einer bestimmten Heizleistung nicht besteht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.