LG Detmold – Az.: 9 O 100/16 – Urteil vom 01.12.2016
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 70.327,05 Euro mit Zinsen in Höhe von fünf Prozesspunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2015 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der Forderung der Klägerin gegen den Insolvenzverwalter der N2 GmbH & Co. KG gem. Auszug aus der Insolvenztabelle lfd. Nr. 274 der Insolvenztabelle in entsprechender Höhe.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Abtretung in Verzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ¼ und der Beklagte ¾.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten, den letzten alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der mittlerweile insolventen Firma N2 GmbH & Co. KG, wegen einer Forderung nach dem Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen in Anspruch.
Die Insolvenzschuldnerin hatte aufgrund eines Bauvertrages mit einer Firma Q GmbH & Co. KG in H einen großen REWE-Einkaufsmarkt mit zwei angeschlossenen Einkaufsmärkten für eine Drogeriefirma und die Firma B erstellt. Die Insolvenzschuldnerin beauftragte ihrerseits die Klägerin mit der Herstellung der benötigten Stahlbetonfertigteile. Grundlage war ein Vertrag gemäß einer Auftragsbestätigung vom 18.10.2013 (Bl. 7-24 d. A.) mit mehreren Nachtragsaufträgen über eine Gesamtsumme von 427.201,19 Euro. Nach mehreren Abschlagsrechnungen erstellte die Klägerin unter dem 02.06.2014 eine Schlussrechnung über 432.804,08 Euro. Unter Berücksichtigung der geleisteten Abschlagszahlungen und einer weiteren Zahlung über 53.545,678 Euro vom 25.06.2014 errechnete die Klägerin einen Restbetrag in Höhe von 95.461,69 Euro.
Nachdem weitere Zahlungen der Insolvenzschuldnerin ausblieben, erging in dem Rechtsstreit 9 O 14/15 Landgericht Detmold unter dem 17.02.2015 gegen die Insolvenzschuldnerin ein Versäumnisurteil über diesen Betrag.
Die Klägerin trägt vor, die Firma Q GmbH & Co. KG, die das Bauvorhaben in siebenstelliger Größenordnung über die Kreissparkasse W finanziert habe, habe unter dem 09.06.2014 noch Zahlungen an die Insolvenzschuldnerin in Höhe von 342.916,81 Euro geleistet. Davon sei am 25.06.2014 nur der Teilbetrag von 53.545,68 Euro an die Klägerin weitergeleitet worden. Die letzten Arbeiten, nämlich das Aufstellen von Lärmschutzwänden, seien Anfang Mai 2014 beendet gewesen.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 95.461,69 Euro mit Zinsen in Höhe von fünf Prozesspunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2015 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der Forderung der Klägerin gegen den Insolvenzverwalter der N2 GmbH & Co. KG gem. Auszug aus der Insolvenztabelle lfd. Nr. 274 der Insolvenztabelle, festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Abtretung in Verzug sei.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, unabhängig von der Frage, ob es sich bei den Zahlungen der Firma Q GmbH & Co. KG um sogenanntes Baugeld handele, habe die Klägerin jedenfalls den ihr zustehenden Teil erhalten. Ihre Schlussrechnung umfasse Arbeiten bis Anfang Juni 2014, die von den letzten Abschlagszahlungen der Firma Q nicht mehr umfasst seien. Im Übrigen werde bestritten, dass der Klägerin eine Forderung in der geltend gemachten Höhe zustehe. Der Bauleiter habe entsprechende Rechnungskürzungen in einem Schlussrechnungsbogen (Bl. 57 d. A.) vorgenommen. Daneben sei es Sache der Klägerin, die von ihr erbrachten Leistungen insgesamt nachzuweisen. Schließlich sei eine Sicherheit in Höhe von 5 % in Abzug zu bringen, weil die Klägerin die vereinbarte Bankbürgschaft nicht gestellt habe.
Die Kammer hat die Parteien nach § 141 ZPO gehört. Auf das Protokoll vom 20.10.2016, Bl. 105-106 d. A. wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1 Bauforderungssicherungsgesetz in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe begründet.
Bei den Zahlungen der Firma Q handelte es sich um Baugeld i. S. v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 Bauforderungssicherungsgesetz. Die Bauherrin hatte das Objekt über ein Darlehen der Kreissparkasse W finanziert und dafür sicherlich entsprechende Grundpfandrechte bestellt. Hiergegen hat der Beklagte keine konkreten Einwendungen vorgebracht.
Die Firma Q hat im Juni 2014 noch Zahlungen an die Insolvenzschuldnerin erbracht, die ausgereicht hätten, die in der Schlussrechnung der Klägerin ausgewiesenen Beträge zu bezahlen. Dass die Arbeiten der Klägerin Anfang Mai 2014 abgeschlossen waren, hat der Beklagte nicht substantiiert bestritten. Er nimmt nur Bezug auf eine Eintragung in der Schlussrechnung, wonach sich der Leistungszeitraum für die Zeit vom 18.10.2013 bis 03.06.2014 belaufen soll. Die hieraus gezogene Schlussfolgerung des Beklagten, es seien auch Anfang Juni noch Leistungen erbracht worden, ersetzt keinen substantiierten Sachvortrag. Die Klägerin hat demgegenüber konkret vorgetragen, dass ihre letzten Leistungen, nämlich die Montage der Lärmschutzwände, Anfang Mai 2014 erfolgt sei. Der Beklagte hat dazu im Termin erklärt, er könne aus seiner Kenntnis nicht sagen, wann die Arbeiten der Klägerin beendet gewesen seien. Der Beklagte müsste jedoch als ehemaliger Geschäftsführer der Insolvenzschuldner angeben können, welche Arbeiten die Klägerin nach dem von ihr angegebenen Fertigstellungszeitraum noch erbracht haben soll.
Das pauschale Bestreiten der Rechnungshöhe ist ebenfalls nicht ausreichend, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass gegen die Insolvenzschuldnerin ein rechtskräftiges Versäumnisurteil ergangen ist.
Aus der Schlussrechnungsprüfung (Bl. 57 d. A.) sind nur die Abzüge für Bauwesenversicherung und Kostenumlage Strom etc. in Höhe von insgesamt 0,85 % nachvollziehbar. Die weiteren Kürzungen sind nicht näher beschrieben und werden auch nicht schriftsätzlich vorgetragen. Von der ursprünglichen Rechnungssumme in Höhe von 432.804,08 Euro sind somit 0,85 % (3.678,35 Euro) abzuziehen sowie weitere 5 % (21.456,29 Euro) für den Sicherheitseinbehalt. Dieser war zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt nicht fällig, weil die Klägerin unstreitig die vereinbarte Gewährleistungsbürgschaft nicht erbracht hat. Es verbleibt somit ein Betrag in Höhe von 407.669,44 Euro, abzüglich der unstreitigen Zahlungen eine fällige Restforderung in Höhe von 70.327,05 Euro.
Demgegenüber hat der Beklagte nicht darlegen können, dass das zur Verfügung stehende Baugeld ordnungsgemäß verwendet worden ist und dass es insgesamt nicht ausgereicht hätte, um alle zu berücksichtigenden Werklohnforderungen zu erfüllen. Hierzu hätte er im Einzelnen substantiiert darlegen und aufschlüsseln müssen, welche Zahlungen auf das Bauwerk geleistet worden sind und in welcher Art und Weise empfangenes Baugeld an die jeweiligen Bauhandwerker weitergeleitet worden ist (vgl. OLG Hamm, NJW 2015, 1391-1393). Solche Darlegungen und Aufstellungen sind auch nur ansatzweise von dem Beklagten nicht erfolgt.
Als ehemaliger Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin hat der Beklagte für die Schadenersatzansprüche der Klägerin persönlich einzustehen.
Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges ist wegen der damit verbundenen Vollstreckungserleichterungen zulässig und begründet.
Zinsen: §§ 286, 288 BGB.
Nebenentscheidungen: §§ 92, 709 ZPO.