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Kündigung Bauvertrag – Vorlage Schlussrechnung

OLG Dresden – Az.: 6 U 1246/17 – Urteil vom 27.02.2018

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 23.08.2017, Az.: 02 HKO  184/17, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor unter Ziffern 1 wie folgt gefasst wird:

1. Das Versäumnisurteil vom 14.03.2017 wird aufgehoben und die Klage

a) abgewiesen, soweit die Klägerin ihren Anspruch auf die sog. Teilrechnung vom 30.09.2016 (Anlage K 2) stützt sowie

b) als im Urkundsprozess unstatthaft abgewiesen, soweit  die Klägerin ihren Anspruch hilfsweise auf die Schlussrechnung vom 29.05./11.07.2017 (Anlage K 11) stützt.

II. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte weitere 4.397,69 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.157,69 € seit dem 29.06.2017 sowie aus 240,00 € seit dem 03.08.2017 zu zahlen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.131,79 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Urkundenprozess um Entgelt für Gerüstbauleistungen.

Die Klägerin unterbreitete der Beklagten auf Grundlage einer Angebotsaufforderung (Anlage B2) mit Schreiben vom 01.07.2016 (Anlage K1) ein Angebot über die Erbringung von Gerüstbauarbeiten am Bauvorhaben … in … . Die Gesamtsumme des auf Einheitspreisbasis unterbreiteten Angebotes betrug insgesamt 84.777,86 € zuzüglich Mehrwertsteuer, wobei zu den Zahlungsmodalitäten Folgendes vorgesehen war:

„Zahlung 80 % Aufbau,

20 % Abbau

10 Tage     2 % Skonto

Nachlaß     5 %“.

Mit Schreiben vom 20.07.2016 übersandte die Klägerin eine sogenannte „Auftragsbestätigung“, die erneut auf Einheitspreisbasis ein Angebot über 92 Einzelpositionen und eine Gesamtsumme von 80.496,50 € brutto/ 67.644,12 € netto unter Berücksichtigung eines 5 %igen Nachlasses vorsah. Zu den Zahlungsmodalitäten enthielt das Schreiben folgende Ausführungen:

„Rechnungsstellung:

80 % nach Beendigung der Montage

20 % nach Beendigung der Demontage

Miete jeweils nach Ablauf eines Verlängerungsmonats bzw. nach der Demontage.

2 % Skonto innerhalb 10 Tagen

Zahlung ohne Abzug innerhalb 18 Tagen nach Rechnungserhalt bei uns eingehend.“

Weiter enthielt das Schreiben folgende Ausführungen:

„Die VOB (Verdingungsordnung für Bauleistungen) Teil A und B, sowie Teil C – Allgemeine technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) Gerüstbauarbeiten – DIN 18 451 und Euro-Norm DIN 12811-1 der neusten Fassung (vom 24.02.2016).

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (einzusehen im Internet unter www……..de) der Firma H. …  GmbH, welche bei der Auftragsverteilung/Auftragsbestätigung durch den Auftraggeber anerkannt werden.

Die Abrechnung erfolgt nach Aufmaß.

Wir halten uns an dieses Angebot ab Versanddatum 3 Monate gebunden.

…“

Die AGB der Klägerin (Anlage K5) enthalten u.a. folgende Regelungen:

„8. Zahlungsbedingungen

8.1 Soweit nichts anderes vereinbart ist, hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer Abschlagszahlungen auf Antrag in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsmäßigen Leistungen einschließlich des ausgewiesenen, darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrages zu gewähren. Der Auftragnehmer hat die Leistungen durch eine prüfbare Aufstellung nachzuweisen.

8.2 Abschlagszahlungen hat der Auftraggeber binnen 18 Tagen ab Rechnungsdatum der jeweiligen Aufstellung, Schlusszahlungen binnen 18 Tagen ab Rechnungsdatum der vom Auftragnehmer übermittelten Schlussrechnung zu leisten. Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung ist der Zahlungseingang beim Auftragnehmer entscheidend.“

Entgegen der Bitte der Klägerin zeichnete die Beklagte diese „Auftragsbestätigung“ nicht gegen. Vielmehr haben die Parteien am 22.07.2016 folgende Vereinbarung getroffen (Anlagen K1/B3):

„bezugnehmend auf das Angebot, Eingang per Fax, vom 20.07.2016 für die Gerüstbauarbeiten der o.g. Baustelle, sind die Arbeiten für die Summe von:

71.204,34 EUR zzgl. MwSt.

laut unserem LV, auszuführen. Die Gesamtsumme bezieht sich auf die gesamte Standzeit des Gerüstes. Bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen 2 % Skonto.

Vertragsbestandteil ist, wie schon eingerechnet, ein Nachlass von 5 %. Der Auftragswert darf nicht überschritten werden.

Die Rechnungslegung erfolgt in folgenden Schritten:

1. Die erste Rechnungslegung (1. Abschlagszahlung) erfolgt nach kompletten Aufbau des Gerüstes. Abrechnungssumme sind 80 % der Auftragssumme. Grundlage der Abschlagsrechnung sind die im Leistungsverzeichnis aufgeführten Positionen und deren wahrhaftiger Abarbeitung.

2. Die zweite Rechnungslegung (Schlussrechnung) erfolgt nach dem kompletten Abbau des Gerüstes. Abrechnungssumme sind die verbleibenden 20 % der Auftragssumme. Grundlage der Schlussrechnung sind die im Leistungsverzeichnis aufgeführten Positionen und deren wahrhaftiger Abarbeitung.

3. Sollten Leistungen anfallen, die nicht Bestandteil des LVs sind, sind diese mit der M. … GmbH – Bauleitung abzusprechen.

4. Anlage 1

…“

Die Klägerin begann anschließend mit der Leistungsausführung. Am 30.09.2016 legte sie eine sogenannte „1. Teilrechnung“ in Höhe von 24.687,29 € brutto/ 20.745,62 € netto (Anlage K2). Diesen Betrag errechnete sie – jeweils auf Grundlage der vereinbarten Einheitspreise, jedoch unter Abweichung von den im Angebot zugrunde gelegten Mengen – aus fünf Einzelpositionen (Ziffern 14, 53, 59, 62 und 68) sowie zwei Nachträgen, wobei sie für alle Positionen mit Ausnahme des zweiten Nachtrages jeweils 80 % der Gesamtsumme in Ansatz brachte. Die fünf erstgenannten Positionen beinhalteten neben dem Aufbau auch die Gebrauchsüberlassung für die Grundeinsatzzeit von 17 Wochen im vorgesehenen Zeitraum 15.08. bis 14.12.2016. Die Beklagte beglich die Rechnung nicht. Die Klägerin baute daraufhin einen Teil des Gerüstes zurück und sperrte es. Es folgten Behinderungsanzeigen der Beklagten und mit Schreiben vom 02.02.2017 eine Mahnung mit Kündigungsandrohung (Anlage B9). Mit Schreiben vom 10.03. 2017 (Anlage B10) kündigte die Beklagte den Vertrag.

Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht Leipzig im schriftlichen Vorverfahren am 14.03.2017 ein Versäumnisurteil erlassen, mit dem die Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin 24.687,29 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit dem 21.12.2016 sowie weitere 40,00 € pauschalen gesetzlichen Verzugsschaden zu zahlen. Gegen das am 17.03.2017 der Beklagten zugestellte Versäumnisurteil hat diese am 21.03.2017 Einspruch eingelegt.

Die Klägerin hat ihren Anspruch erstinstanzlich auf die sog. 1. Teilrechnung gestützt, wobei der Anspruch ihrer Auffassung nach von der Beklagten anerkannt worden war. Sie hat dazu einen vom Geschäftsführer der Beklagten unterschriebenen Überweisungsauftrag über 24.687,29 € (Anlage K3) vorgelegt und hierzu vorgetragen, entweder sei dieser nie bei der Hausbank der Beklagten eingereicht oder mangels Kontodeckung nicht ausgeführt worden. Die Klägerin hat argumentiert, nachdem die 1. Teilrechnung vom 30.09.2016 entweder sofort oder spätestens am 18.10.2016 fällig geworden sei, habe sie aufgrund des Verzuges der Beklagten von ihrem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen dürfen. Da sie Eigentümerin ihrer auf Baustellen aufgestellten Gerüste geblieben sei, habe sie diese auch sperren können.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, das Versäumnisurteil vom 14.03.2017 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, das Versäumnisurteil vom 14.03.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, der Beklagten die Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.

Die Beklagte hat dazu ausgeführt, die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts sei nicht gegeben. Der Vertrag sei auf der Grundlage des Angebotes vom 01.07.2016 zustande gekommen. Die in der „Auftragsbestätigung“ der Klägerin enthaltenen Regelungen seien nicht in den Vertrag einbezogen worden.

Die Beklagte hat weiter vorgebracht, der Zahlungsanspruch sei nicht fällig. Die Klägerin habe die vertraglich geschuldete Leistung nicht nur nicht ausgeführt. Aufgrund des eigenmächtigen Rückbaus und der Sperrung des Gerüstes habe die Leistung keinerlei wirtschaftlichen Wert aufgewiesen.

Sie verweise auf die Rechtsprechung, wonach nach Kündigung des Vertrages Forderungen aus Abschlagsrechnungen nicht mehr gesondert verfolgt werden könnten.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klägerin sei verpflichtet, den aus der Vollstreckung des Versäumnisurteils entstandenen Schaden in Höhe der im Zuge der klägerseits ausgebrachten Kontopfändung erlangten Beträge von 20.000,00 € und 1.734,10 € zu ersetzen.

Die Beklagte hat daher gemäß § 717 Abs. 2 ZPO beantragt, die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 21.734,10 € zuzüglich Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 20.000,00 € seit dem 09.05.2017, sowie aus 1.734,10 € seit dem 17.05.2017 zu zahlen.

Die Klägerin hat dagegen beantragt, die Widerklage als unzulässig zurückzuweisen, im Übrigen als unbegründet abzuweisen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 23.08.2017 das Versäumnisurteil vom 14.03.2017 aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Klägerin auf den Antrag der Beklagten verurteilt, an diese 21.734,10 € nebst Zinsen zu zahlen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs, da das Landgericht nicht darauf hingewiesen habe, dass die Rechnung der Klägerin vom 30.09.2016 nicht als Teilschlussrechnung betrachtet werden könne. Die Klägerin führt weiter aus, dass das Landgericht bei seiner Auffassung, es handele sich bei dieser Rechnung um eine Abschlagsrechnung und nicht um eine Teilschlussrechnung, übersehen habe, dass bei den genannten fünf Positionen zwar Auf- und Abbau sowie Transport und Gebrauchsüberlassung für 17 Wochen beinhaltet gewesen seien, nicht aber die über die Grundeinsatzzeit hinausgehende weitere Überlassung, für die ein gesonderter Vergütungsanspruch bestehe. Der Verkehrssitte im Gerüstbaugewerbe entspreche es, dass vor Rechnungslegung die Grundeinsatzzeit nicht abgewartet werden müsse. Überdies habe die Beklagte mit ihrer E-Mail vom 05.12.2016 (Anlage K3) und dem damit übersandten unterzeichneten Überweisungsträger den geltend gemachten Anspruch anerkannt. Im Übrigen bezieht sie sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Mit Schriftsatz vom 08.01.2018 hat die Klägerin ihren Anspruch erstmals hilfsweise auf eine Schlussrechnung vom 29.05./11.07.2017 (Anlage K 11, Bl. 127) gestützt und dazu im Termin zur Berufungsverhandlung ausgeführt, dass zunächst unter dem 29.05.2017 eine Schlussrechnung unter Berücksichtigung der Zahlungen bis zum 10.03.2017 und erneut am 11.07.2017 unter Berücksichtigung der bis dahin getätigten Zahlungen gelegt worden sei. Mit Schriftsatz vom 24.01.2018 (Bl. 149) hat die Klägerin – auf den Hinweis des Senats auf eine möglicherweise unzulässige Teilklage – ihren Zahlungsantrag insofern erläutert.

Die Klägerin beantragt daher:

1. Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichtes Leipzig vom 23.08.2017 (02 HK O 184/17) wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 24.687,29 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247  BGB hieraus seit dem 21.12.2016 sowie weiter 40,00 € pauschalen gesetzlichen Verzugsschaden zu zahlen und der Antrag der Beklagten gemäß § 717 II 1 ZPO abgewiesen.

2. hilfsweise: Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichtes Leipzig vom 23.08.2017 wird das Versäumnisurteil vom 14.03.2017 aufrechterhalten und der Antrag der Beklagten gem. § 717 II 1 ZPO abgewiesen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt dazu aus, das Landgericht habe in der mündlichen Verhandlung sehr wohl auf die Frage hingewiesen, ob die Klägerin nach der Kündigung durch die Beklagte aus dieser Rechnung vorgehen könne; ohnehin habe die Klägerin nicht dargelegt, was bei Gewährung weiteren rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre. Die sogenannte „1. Teilrechnung“ (Anlage K2) genüge nicht den Anforderungen an eine Schlussabrechnung eines Werkvertrages nach Kündigung. Unabhängig davon, dass die Klägerin nach der Kündigung nicht mehr aus der Abschlagsrechnung vorgehen könne, sei diese mangels zugrunde liegender Leistungserbringung auch nicht fällig gewesen. Auch aus diesem Grund könne die Rechnung nicht als Teilschlussrechnung betrachtet werden, weil insbesondere die Gebrauchsüberlassung während der Grundüberlassungsdauer (von 17 Wochen) bei Rechnungslegung noch nicht abgelaufen gewesen sei.

Mit der E-Mail vom 05.12.2016 habe die Beklagte die Zahlung der Rechnung zunächst zwar angekündigt, darin liege aber kein Anerkenntnis.

Überdies macht die Beklagte im Sinne eines Inzidentantrages nach § 717 Abs. 2 ZPO die Rückzahlung weiterer Beträge in Höhe von 4.157,69 € (Anlage B15) sowie 240,00 € (Anlage B17) geltend. Dass die Klägerin diese Beträge erhalten habe, habe sie in ihrem Schreiben vom 07.08.2017 an die Gerichtsvollzieherin selbst dargelegt (Anlage B16).

Die Beklagte trägt vor, die Schlussrechnung vom 11.07.2017 erstmals mit Schriftsatz der Klägerin vom 08.01.2018 erhalten zu haben und erklärt, eine Schlussrechnung vom 29.05.2017 sei nicht bekannt.

Ergänzend wird auf das Parteivorbringen in den gewechselten Schriftsätzen sowie in den mündlichen Verhandlungen vor dem Landgericht am 28.06.2017 sowie vor dem Senat am 16.01.2018 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

1.

Die Beklagte kann allerdings in der Berufungsinstanz die örtliche Zuständigkeit, die das Landgericht im Übrigen zu Recht angenommen hat, nicht mehr rügen (§ 513 Abs. 2 ZPO).

2.

Die Klägerin kann keinen Anspruch mehr aus der Abschlagsrechnung vom 30.09.2016 (Anlage K2) geltend machen.

a)

Zwar hat die Klägerin ihren Anspruch in zulässiger Weise im Wege des Urkundsprozesses geltend gemacht (§ 592 ZPO). Denn sie unterbreitet für alle anspruchsbegründenden Voraussetzungen Urkundsbeweis (Anlagen K1 bis K10). Ob die von der Klägerin vorgelegten E-Mail-Ausdrucke (Anlage K3) bzw. von der Beklagten vorgelegten E-Mail-Ausdrucke zur Beweisführung im Urkundsprozess nach §§ 592, 595 Abs. 2 ZPO geeignet sind (Wieczorek/Schütze-Olzen, ZPO, 4. Aufl., § 592 Rn. 39 m.w.N.) kann dahingestellt bleiben, nachdem der Inhalt der E-Mails nicht streitig ist.

b)

Der geltend gemachte Anspruch erweist sich jedoch als nicht begründet.

aa)

Bei der streitgegenständlichen sogenannten „1. Teilrechnung“ (Anlage K2) handelt es sich um eine Abschlagsrechnung.

(1)

Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der abschließend getroffenen Zahlungsvereinbarung vom 22.07.2016 (Anlagen K1/B3, s. dort Ziffer 1. der von beiden Seiten unterzeichneten Auftragserteilung), in der die Parteien die erste Rechnungslegung ausdrücklich als „1. Abschlagszahlung“ bezeichnet haben.

Es ist nichts dafür ersichtlich, dass beide, als in der Baubranche erfahrene Parteien, die Bedeutung dieses Begriffes verkannt hätten.

(2)

Für dieses Verständnis spricht auch der weitere Vertragsinhalt. Denn Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung vom 22.07.2016 sind die AGB der Klägerin, nach denen dem Auftragnehmer Abschlagszahlungen auf Antrag zu gewähren sind (Ziffer 8 der AGB). Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung ist überdies die VOB. Nach § 16 Abs. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer unabhängig von einer vertraglichen Vereinbarung einen Anspruch auf Abschlagszahlung auf seinen Antrag.

(3)

Bereits diese Umstände stehen einer Einordnung als (Teil-)Schlussrechnung entgegen. Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, die Vereinbarung unterscheide 3 Phasen: Aufbau=Werkvertrag, Vorhaltung=Mietvertrag und Abbau=Werkvertrag. Eine solche – strikte – Trennung sieht die Vereinbarung der Parteien nicht vor. Bereits die geltend gemachten Positionen weisen werk- und mietvertragliche Elemente auf. Es handelt sich daher – wie regelmäßig bei Gerüstbauarbeiten (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 19. Aufl., § 1 VOB/A Rn. 26 ff.) – um einen einheitlichen Werkvertrag mit mietvertraglichen Elementen. Dazu kommt, dass die Klägerin nicht etwa die vollständige Zahlung für die genannten Positionen als Teil der Gesamtvergütung beansprucht, sondern auch insoweit für fünf Positionen  (Positionen 14, 53, 59, 62, 68) nebst einem Nachtrag jeweils nur 80 % des Einzelpreises, was wiederum dem Charakter einer Abschlagszahlung entspricht.

bb)

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 10.03.2017 (Anlage B10) den Vertrag wirksam gekündigt. Für die Wirksamkeit der Kündigung kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 VOB/B für eine außerordentliche Kündigung vorlagen. Denn nach § 8 Abs. 1 VOB/B hat der Auftraggeber jederzeit das Recht, den Vertrag zu kündigen. Selbst wenn eine unwirksame außerordentliche Kündigung vorläge, kann diese in eine ordentliche Kündigung im Sinne dieser Vorschrift umgedeutet werden, wenn – wie vorliegend – der Wille des Auftraggebers eindeutig zum Ausdruck kommt, dass er den Vertrag nicht mehr fortsetzen will (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 8 VOB/B Rn. 8).

cc)

Nach Ausspruch der Kündigung kann die Klägerin aber, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, nicht mehr aus der Abschlagsrechnung vorgehen, sondern muss eine prüffähige Schlussrechnung vorlegen (BGH, NJW 1991, 565; Kapellmann/Messerschmidt, VOB/B, 6. Aufl., § 16 Rn. 99; Ingenstau/ Korbion, VOB, 20. Auflage, § 16 Abs. 1 VOB/B, Rn 48; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rn. 1607 mwN.).

(1)

Das gilt auch für den Fall, dass – wie vorliegend – die Schlussrechnungsreife durch Kündigung erst nach Klageerhebung, die auf eine Abschlagsrechnung gestützt war, eingetreten ist. Der Werkunternehmer hat dann nicht etwa die Wahl, aus der Abschlags- oder einer Schlussrechnung vorzugehen, sondern muss seine Klage auf die Forderung aus einer Schlussrechnung umstellen (BGH BauR 1985, 456; Beck’scher VOB Kommentar-Kandel, 3. Aufl., § 16 Rn. 15; Kapellmann/Messerschmidt a.a.O. § 16 Rn. 98).

(2)

Nichts anders gilt im Urkundsprozess. Entgegen der wiederholt, zuletzt mit Schriftsatz vom 24.01.2018 dargelegten Auffassung der Klägerin war es der Beklagten nach § 595 Abs. 2 ZPO nicht verwehrt, sich auf ihre mit Schreiben vom 10.03.2017 (Anlage B 10) erklärte Kündigung zu berufen. Unabhängig davon ist die Tatsache der Kündigung zwischen den Parteien unstreitig. An diese Tatsache knüpft die rechtliche Folge an, dass der Werkunternehmer dann nicht mehr aus einer Abschlagsrechnung vorgehen kann.

(3)

Soweit von diesen Grundsätzen in Einzelfällen Ausnahmen gemacht werden, liegen deren Voraussetzungen nicht vor.

(a)

Bei der Forderung aus der Abschlagsrechnung handelt es sich nicht um ein unbestrittenes Guthaben der Klägerin (vgl. OLG Naumburg BauR 2004, 522). Zwar hat die Beklagte zunächst mit E-Mail vom 05.12.2016 eine Zahlung angekündigt (Anlage K3), eine Zahlung geleistet oder die Forderung sonst akzeptiert hat sie aber nicht.

(b)

Auch verlangt der überschaubare Umfang des Bauvorhabens oder verlangen Schwierigkeiten bei der Schlussrechnungserstellung, die von der Klägerin nicht dargelegt werden,  nicht ein Vorgehen aus einer Abschlagsrechnung aus Billigkeitsgründen (vgl. OLG Köln BauR 2006, 1143).

dd)

Die Beklagte hat die Forderung auch nicht anerkannt. Die Ankündigung einer Zahlung bzw. die Vorlage eines entsprechenden Überweisungsträgers (Anlage K3) stellt für sich gesehen noch kein Anerkenntnis dar (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl. , § 781 Rn. 8). Trotz ihrer mit Schriftsatz vom 24.01.2018 nochmals geäußerten abweichenden rechtlichen Auffassung ist es der Klägerin nicht gelungen, weitere Tatsachen vorzutragen, die eine Einordnung der Zahlungsankündigung als Schuldanerkenntnis erlaubt hätten.

3.

Der Klägerin kann ihren Zahlungsanspruch aber auch nicht auf die Schlussrechnung vom 29.05./11.07.2017 (Anlage K 11 Bl. 127) stützen.

a)

Zwar war die Klägerin aus o. g. Gründen gehalten, ihren Zahlungsanspruch auf die Schlussrechnung umzustellen. Ihr gelingt es aber nicht, sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden zu beweisen (§ 592 ZPO). So ist nach Kündigung des Werkvertrages die Abnahme Voraussetzung für die Fälligkeit des Anspruchs (BGH Urteil vom 11.05.2006 Az.: VII ZR 146/04 = BGHZ 167, 345 ff.). Die Klägerin kann aber weder eine Abnahme noch sonstige Umstände, die eine Abnahme ersetzen könnten, urkundlich belegen. Auch sind weder eine Abnahme noch abnahmeersetzende Umstände unstreitig.

b)

Es kann daher dahingestellt bleiben, dass die Klägerin ihren Anspruch nach Hinweis des Senats auf eine möglicherweise unzulässige Teilklage mit Schriftsatz vom 24.01.2018 näher erläutert hat.

4.

Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, durch Anlegung der vorbenannten Maßstäbe ihrer Rechte beraubt oder in der Rechtsverfolgung beschränkt zu sein. Eine Schlussrechnung vom 29.05.2017 hätte sie bereits erstinstanzlich vorlegen und ihre Klage daraufhin umstellen können. Nachdem sie einen Anspruch aus der Schlussrechnung im Urkundsprozess nicht durchsetzen kann, konnte sie nach § 596 ZPO davon abstehen. Das hat sie aber auch im Berufungsverfahren (vgl. BGH NJW 2011, 2796) trotz Hinweis des Senats auf den nicht ausreichenden Beweisantritt durch Urkunden nicht getan. Auf eine Gehörsverletzung kann die Klägerin ihre Berufung nicht stützen, nachdem ihr mit der Berufungsbegründung jedenfalls kein weiteres entscheidungserhebliches Vorbringen gelingt.

5.

Die Beklagte hat daher einen Anspruch auf Rückerstattung der von ihr auf das Versäumnisurteil vom 14.03.2017 geleisteten Zahlungen.

a)

Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich insofern nicht um eine nach § 595 Abs. 1 ZPO unstatthafte Widerklage, sondern um einen Inzidentanspruch, auf den diese Vorschrift gerade nicht anwendbar ist (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 595 Rn. 3 und Zöller/Herget, a.a.O., § 717 Rn. 13 jeweils m.w.N.). Die Beklagte hat die von ihr geleisteten Zahlungen durch Urkundenvorlage untersetzt (§ 595 Abs. 2 ZPO); die Zahlungen sind im Übrigen nicht bestritten.

b)

Die Beklagte hat daher, wie von ihr geltend gemacht, einen Anspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO. Dies gilt zum einen für den bereits durch das Landgericht zugesprochenen Betrag, zum anderen für den mit der Berufungserwiderung begehrten weiteren Betrag, den die Beklagte auch noch im Berufungsverfahren geltend machen konnte (Zöller/Herget, a.a.O., § 717 Rn. 13).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionsgründe nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Folgen einer Kündigung eines Werkvertrages für den Anspruch des Werkunternehmers auf eine Abschlagszahlung sind ebenso höchstrichterlich geklärt wie die Notwendigkeit der Vorlage von Urkunden zur Anspruchsbegründung bzw. Anspruchsvernichtung im Urkundsprozess unter Berücksichtigung streitigen wie unstreitigen Vorbringens.

 

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