OLG Frankfurt – Az.: 21 U 64/18 – Beschluss vom 26.03.2019
1. wird die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Senat nach Beratung beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten ist.
2. Es besteht Gelegenheit, zu dem Hinweisbeschluss bis zum 26.04.2019 Stellung zu nehmen.
Gründe
I.
Die Klägerin interessierte sich im Jahr 2010 für die Durchführung einer fachgerechten Wärmedämmung ihres Wohnhauses in der Straße1 in Stadt1. Unter dem 8. Juli 2010 unterbreitete die Beklagte der Klägerin ein Angebot für Außenputzarbeiten die verbunden waren mit einer Wärmedämmung des Hauses im Rahmen eines Wärmedämmverbundsystems unter Einschluss der Erneuerung der Fensterbänke und Fenstergitter (Bl. 7 f. der Akte …/15). Die Beklagte führte die Arbeiten aus, wobei eine im Zuge der Arbeiten vorgenommene Vergrößerung der Attika durch den Dachdecker X vorgenommen wurde und zwischen den Parteien streitig ist, wer den Auftrag hierzu erteilte. Die Beklagte stellte am 3. Januar 2011 eine Schlussrechnung, die von der Klägerin ebenso wie die gesondert gestellte Rechnung des Dachdeckers beglichen wurde.
Mit einem am 5. Mai 2015 beim Landgericht eingegangenen und am 23. Mai 2015 der Beklagten zugestellten Schriftsatz beantragte die Klägerin die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens und trug hierzu vor, die Fassadendämmung weise an allen vier Hauswänden großflächige Verfleckungen auf. Ferner würden die neu angebrachten Fensterbänke eine zu große Tiefe aufweisen und nicht über das nötige Gefälle verfügen. Schließlich sei die Außendämmung an der Nordostecke des Hauses nicht vollständig ausgeführt worden. Das Landgericht holte ein Gutachten des Sachverständigen SV1 sowie ein Ergänzungsgutachten ein. Das Gutachten erläuterte der Sachverständige in der Verhandlung am 19. Mai 2017. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 66 ff, Bl. 124 ff. und Bl. 214 ff. der Akte …/15 verwiesen.
Mit einer am 17. November 2017 beim Landgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin nach entsprechender Klageumstellung die Zahlung eines Vorschusses zur Beseitigung der im Beweissicherungsverfahren ihrer Auffassung nach vom Sachverständigen festgestellten Mängel in Höhe von insgesamt 27.194,39 € zuzüglich Zinsen sowie Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 597,74 € verlangt.
Mit der am 28. September 2018 verkündeten Entscheidung hat das Landgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Zur Begründung der Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus § 637 Abs. 3 BGB, da das von der Beklagten erstellte Werk auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen im Beweissicherungsverfahren als mangelhaft einzustufen sei.
Soweit es die Verfleckungen betreffe, würden diese selbst bei einer technisch einwandfreien Dämmleistung als Mangel einzustufen sein, da auch die optische Gestaltung für den Bauherrn von Bedeutung sei. Die Mangelhaftigkeit finde ihren Ursprung in dem Gewerk der Beklagten, auch wenn der Sachverständige es als die zielführendste Lösung der Mangelbeseitigung ansehe, den Dachüberstand zu verbreitern. Denn hierbei habe es sich nur um eine von mehreren Lösungsmöglichkeiten gehandelt. Daher hätte die Beklagte der Klägerin entweder ein anderes System (Dickputz, Ziegelstein) empfehlen müssen oder aber zumindest auf die bei Verputzern seinerzeit bekannte Problematik des zu geringen Dachüberstandes hinweisen müssen. Daher könne auch dahingestellt bleiben, wer den Dachdecker beauftragt und unterwiesen habe. Ohne einen entsprechenden Hinweis seitens der Beklagten an die Klägerin und deren Bereitschaft, bei der Gestaltung der Attika gegebenenfalls hierauf Rücksicht zu nehmen, könnten die Folgen der ungünstigen Wahl des Verputzmaterials für die Fassadengestaltung nicht auf die Klägerin oder den Dachdecker abgewälzt werden.
Mangelhaft sei ferner – wie der Sachverständige SV2 festgestellt habe – die unvollständige Erstellung der Nordost – Ecke der Fassade. Der Anspruch auf Vorschusszahlung zur Beseitigung des Mangels sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verjährt. Aufgrund des Beweissicherungsverfahrens sei die Verjährung bis zum Ende des gesamten Beweissicherungsverfahrens gehemmt gewesen, auch wenn die Beklagte gegen diesen Mangel nach der Erstellung des Ergänzungsgutachtens keine weiteren Einwände erhoben habe.
Schließlich seien auch die Fensterbänke mangelhaft, da nach den Feststellungen des Sachverständigen diese ein unzureichendes Gefälle und einen zu hohen Überstand aufweisen würden. Der Einwand der Beklagten, der Sachverständige habe den Mangel nur bei einer Fensterbank festgestellt, sei bereits in Anbetracht der Bilddokumentation des Gutachtens nicht haltbar.
Gegen dieses der Beklagten am 15. Oktober 2018 zugestellte Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe bezüglich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO analog Bezug genommen wird, richtet sich die nach Durchführung eines mit Beschluss vom 5. Dezember 2018 (Bl. 191 f. d. A.) beendeten Tatbestandsberichtigungsverfahrens am 9. November 2018 beim Gericht eingegangene Berufung der Beklagten.
Die Beklagte macht vornehmlich geltend, das Landgericht habe zu Unrecht einen Anspruch aus § 637 Abs. 3 BGB bejaht. Denn das Landgericht habe nicht festgestellt, dass die Dämmung der Fassade zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abnahme mangelhaft gewesen sei, obschon der Mangel Tatbestandsvoraussetzung für den Nacherfüllungsanspruch und damit auch für den geltend gemachten Anspruch auf Vorschusszahlung sei. Das Gewerk habe die nach dem Vertrag vereinbarte Beschaffenheit gehabt. Inhalt der Vereinbarung sei die Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems mit einem ganz bestimmten Putzaufbau samt Anstrich gewesen. Dem habe ihre Werkleistung entsprochen. Das von ihr ausgeführte Gewerk sei zum Zeitpunkt der Abnahme auch für die nach dem Vertrag vorausgesetzte und nach der Verkehrsauffassung anzunehmende gewöhnliche Verwendung als Außenputz geeignet gewesen. Feststellungen, dass dies zum Zeitpunkt der Abnahme nicht der Fall gewesen sei, habe der Sachverständige nicht getroffen. Im Gegenteil habe er nur festgestellt, dass die Verfleckungen nachträglich eingetreten seien. Diese nachträgliche Änderung sei aber nur darauf zurückzuführen, dass der Putz am Standort mit der im Nachgang ausgeführten neuen Dachkonfiguration des Hauses aufgrund des hiermit verbundenen zu geringen Dachüberstandes einer zu hohen Feuchtebelastung ausgesetzt gewesen sei. Nur durch die veränderte neue Attika mit zu geringen Dachüberständen sei es an den Wänden zu einer Verfleckung gekommen. Anderweitige, für den gewöhnlichen Gebrauch gegebene defizitäre Feststellungen zu Materialeigenschaften und Aufbau des Wärmedämmverbundsystems, des Oberputzes und des Anstrichs habe das Landgericht zur Frage der Materialeigenschaften des von der Beklagten verwendeten Oberputzes in seinem Urteil nicht getroffen. Soweit das Landgericht, das in seiner Entscheidung ausdrücklich offen gelassen habe, wer den Dachdecker beauftragt habe, das Urteil auf die Verletzung einer Hinweispflicht der Beklagten gegenüber dem Dachdecker bzw. der Klägerin hinsichtlich des erforderlichen Dachüberstandes gestützt habe, gehe auch dieser Ansatz fehl. Denn auf die Verletzung einer Hinweispflicht könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der streitgegenständliche Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses wegen Mängeln nicht gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 – VII ZR 210/12, Juris).
Zu Unrecht habe das Landgericht ferner die Verjährung des Anspruchs mit Blick auf die Lücke in der Außendämmung an der Nordost – Ecke des Hauses verneint. Hierbei habe das Landgericht nicht beachtet, dass die Dauer der Hemmungswirkung für die in einem selbständigen Beweissicherungsverfahren untersuchten Mängel jeweils eigenständig für jede Mangelbehauptung zu beurteilen sei, wobei sich die Beklagte insoweit unter anderem auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. Dezember 1992 (- VII ZR 86/92, Juris) beruft. Nach der Zusendung des Ergänzungsgutachtens am 8. September 2016 habe sie, die Beklagte, hinsichtlich dieses Mangels keine Einwände mehr erhoben. Entsprechend sei das Ende der durch die Einleitung des Beweissicherungsverfahrens eingetretenen Hemmung der Verjährung mit Blick auf diesen Mangel bereits sechs Monate später mit Ablauf des 8. März 2017 erreicht gewesen und nicht erst – wie das Landgericht angenommen habe – erst 6 Monate nach der Durchführung der mündlichen Anhörung des Sachverständigen am 19. Mai 2017. Hierdurch bedingt sei die Verjährungsfrist in Bezug auf diesen Mangel bereits vor der Erhebung der Klage am 17. November 2018 abgelaufen gewesen.
Schließlich sei das angefochtene Urteil auch mit Blick auf den angeblichen Mangel fehlerhaft eingebauter Fensterbänke unzutreffend. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, der Sachverständige habe alle Fensterbänke untersucht. Dies ergebe sich insbesondere nicht aus den von dem Sachverständigen vorgelegten Lichtbildern. Somit habe die Feststellung des Landgerichts aus dem angefochtenen Urteil, dass alle von der Beklagten eingebauten Fensterbänke ein nach den Regeln der Technik unzureichendes Gefälle und einen zu hohen Überstand gegenüber der Fassade aufweisen würden, keine Grundlage in Nachweisen durch sachverständige Feststellungen. Zudem habe der Sachverständige selbst bei dem einzig von ihm untersuchten Fenster nur eine Überschreitung des Überstandes um einen Zentimeter festgestellt. Das Spritzwasserproblem der Fenster werde aber ebenfalls nicht durch diesen einen Zentimeter erklärt, sondern durch die fehlerhafte Attikakonstruktion mit einem zu kurzen Überstand gegenüber der Fassade. Hierfür sei sie aber nicht verantwortlich, da sie den Dachdecker nicht beauftragt habe und dieser seine Arbeiten erst nach der Fertigstellung ihres Gewerks beendet habe.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beklagten im Berufungsverfahren wird ergänzend Bezug genommen auf die Berufungsbegründungsschrift vom 12. Dezember 2018 (Bl. 241 ff. d. A.).
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 28. September 2018 verkündeten Grundurteils des Landgerichts Wiesbaden, Az. 5 O 208/17 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der Einzelheiten ihres Vortrags im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderung vom 11. März 2019 (Bl. 285 ff. d. A.) Bezug genommen.
II.
Nach dem derzeitigen Sachstand hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat nach den §§ 529, 531 ZPO seiner Beurteilung zugrunde zu legen hat, eine der Beklagten rechtlich vorteilhaftere Entscheidung (§ 513 ZPO).
1. Das Landgericht hat zu Recht die geltend gemachten Klageansprüche dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die gegen das Urteil mit der Berufung vorgetragenen Angriffe der Beklagten greifen nicht durch. Vielmehr ist das Landgericht zutreffend und mit richtigen Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 iVm § 635 BGB sowie der damit verbundenen Nebenforderungen dem Grunde nach hat. Insbesondere hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass das Werk die im Beweissicherungsverfahren thematisierten Mängel zum Zeitpunkt der Abnahme aufweist und der Anspruch insgesamt auch nicht verjährt ist. Dabei findet auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung Anwendung, die für ab dem 1. Januar 2002 und bis zum 31. Dezember 2017 geschlossene Verträge gilt, Art. 229 § 5 Satz 1, § 39 EGBGB.
a) Zu Unrecht geht die Beklagte davon aus, das Landgericht habe eine mangelhafte Werkleistung der Beklagten mit Blick auf die Verfärbungen des Außenputzes zum relevanten Zeitpunkt der Abnahme nicht festgestellt.
aa) Ein Sachmangel ist jede Abweichung der Istbeschaffenheit eines Werks von seiner Sollbeschaffenheit. Die Istbeschaffenheit ist der tatsächliche Zustand des Werks im maßgeblichen Zeitpunkt der Abnahme. Die Sollbeschaffenheit richtet sich danach, was die Parteien vereinbart oder bei Abschluss des Vertrags gemeinsam – auch stillschweigend – vorausgesetzt haben (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 633 Rn. 5). Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören alle Eigenschaften des Werks, die den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen (vgl. BGH, NJW 2017, 3590 Rn. 22; Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 633 Rn. 6). Dieser bestimmt sich in der Regel nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das vom Unternehmer herzustellende Werk auf der Grundlage der Vorgaben des Bestellers bei Vertragsschluss nach dem Willen der Parteien erfüllen soll (vgl. BGH, NJW 2008, 511; Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 633 Rn. 6).
bb) Nach den vorstehenden Grundsätzen liegt ein Mangel vor. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass ihr Werk den vereinbarten Leistungen sowie der von den Parteien vorgesehenen Ausführungsart entsprochen hat. Unzureichend war jedoch die nach dem Willen der Vertragsparteien zu erfüllende Funktionalität des Gewerks. So hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass neben den technischen Dämmeigenschaften auch die optisch einwandfreie Erscheinung des Werks eine zu erfüllende Funktion des von der Beklagten herzustellenden Werks darstellt. Diese Funktion wiesen die Verputzarbeiten der Beklagten bereits im Zeitpunkt der Abnahme nicht auf, da – wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat – die späteren Verfleckungen an den Hauswänden auf die ortsbedingte relativ hohe Feuchtigkeit und damit die vermehrte Ansiedlung von Mikroorganismen zurückzuführen ist, der der von der Beklagten verwendete Putz nicht genügend entgegenzusetzen hatte und diese Entwicklung absehbar war. Das von der Beklagten verwendete WDVS-System wäre zwar – wie auch der Sachverständige ausgeführt hat – in einer anderen Umgebung geeignet gewesen, auch in optischer Hinsicht die erforderliche Funktionalität aufzuweisen, nicht jedoch bei den konkret vorliegenden Ortsverhältnissen. Soweit der Sachverständige darauf hingewiesen hat, dass eine weiter herausgezogene Attika die zu beobachtende Verfleckung des Putzes vermeiden hätte können, handelt es sich – wie das Landgericht zu Recht dargelegt hat – lediglich um eine denkbare Maßnahme zur Beseitigung des aufgetretenen Mangels, nicht hingegen um eine Umgebungskomponente, die die Beklagte bei der Planung und Anbringung ihres WDVS-Systems zugrunde legen durfte. Auszugehen war vielmehr von den bei Errichtung des Gewerks vorhandenen Verhältnissen und diese wurden bestimmt von einem relativ dichten Baum- und Strauchbewuchs sowie einem Dachüberstand von nur wenigen Zentimetern. Unter Zugrundelegung dieser örtlichen Verhältnisse war – wie der Sachverständige überzeugend dargetan hat – der von der Beklagten verwendete Putz ungeeignet, um die später aufgetretenen, großflächigen Verfleckungen zu vermeiden. Hätte die Beklagte gleichwohl ihr Gewerk in der Art und Weise ausführen wollen, wie sie es realisiert hat, hätte sie, um eine Mangelhaftigkeit ihrer Arbeit zu vermeiden, – wie vom Sachverständigen vorgeschlagen – einen Dachüberstand von 10 bis 15 cm sicherstellen müssen. Dass sie dies unstreitig nicht getan ist, begründet nicht die Verletzung einer Hinweispflicht, sondern eine unterlassene Anpassung der örtlichen Gegebenheit, um ein bei den vorgefundenen Verhältnissen ungeeignetes WDVS-System gleichwohl zum Einsatz bringen zu können. Daher ist auch der Hinweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Verletzung einer Hinweispflicht keinen Anspruch nach § 634 Abs. 3 BGB begründen kann (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 – VII ZR 210/12, Juris), zwar im Grundsatz zutreffend, aber zur Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs nicht zielführend.
b) Nicht zu beanstanden ist ferner die Annahme des Landgerichts, der Anspruch sei, auch soweit er sich auf die Lücke des Dämmsystems an der Nordost-Ecke des Hauses beziehe, nicht verjährt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob, wie das Landgericht angenommen hat, die Hemmung der Verjährung hinsichtlich aller geltend gemachten Mängel einheitlich erst sechs Monate nach der Anhörung des Sachverständigen am 19. Mai 2017 geendet habe. Hierfür mag sprechen, dass die Mängel inhaltlich zusammenhängend waren und entsprechend in einem Gutachten von einem einzigen Sachverständigen untersucht worden sind. Doch auch wenn man mit der obergerichtlichen Rechtsprechung selbst in einem solchen Fall von einer differenzierten Hemmungsfrist ausgeht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 16. Dezember 2008 – 21 U 117/08, Juris), ändert dies an einer rechtzeitigen, vor Ablauf der Verjährungsfrist erhobenen Klage nichts. Insoweit zieht die Beklagten nämlich nicht hinreichend in Betracht, dass das Gericht den Parteien des Beweissicherungsverfahrens nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme zu dem Ergänzungsgutachten von 4 Wochen gesetzt hat. Diese Frist hat das Gericht auf jeweils rechtzeitigen Antrag der Klägerin bis zum 6. Dezember 2016 verlängert (Bl. 144 der Akte …/15). Wird aber eine gerichtliche Frist nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO gesetzt, endet die Hemmung nicht bereits mit der Übersendung des Gutachtens an die Parteien, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2002 – VIII ZR 228/00, Juris). Das Beweissicherungsverfahren dauert in diesen Fällen jedenfalls bis zum Ablauf der Frist an (vgl. Greger/Frommwald, EWiR 2002, 559, 560; Laumen, BGH – Report 2002, 572). Dies ist konsequent, da der Bundesgerichtshof seine Auffassung zur Beendigung des Beweissicherungsverfahrens mit Übersendung des Gutachtens an die Parteien im Fall nach § 411 Abs. 4 Satz 1 ZPO nicht erhobener Einwände mit dem Aspekt der Rechtssicherheit begründet hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2002 – VIII ZR 228/00, Juris Rn. 14), im Fall einer gerichtlichen Fristsetzung jedoch Unsicherheiten bezüglich des zeitlichen Endes der Möglichkeit, das Beweissicherungsverfahren noch fortzuführen, gerade nicht bestehen. Folglich lief die Hemmung der Verjährung auch mit Blick auf den hier in Rede stehenden Mangel einer Lücke im Wärmedämmverbundsystem nicht vor dem 6. Juni 2017 ab, so dass die am 17. November 2017 beim Landgericht eingegangene Klage noch vor Ablauf der gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB fünfjährigen Verjährungsfrist Anfang des Jahres 2018 erhoben wurde. Denn die Verjährungsfrist fing mit dem Abnahme des Gewerks zu laufen an. Die Abnahme erfolgte weder vermittels der Duldung des Gerüstabbaus, noch durch die Zahlung eines Trinkgeldes an die ausführenden Arbeiter, sondern erst mit der Begleichung der Schlussrechnung vom 3. Januar 2011. Mithin waren zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweissicherungsverfahrens am 5. Mai 2015 (Bl. 2 der Akte OH 5 28/15) erst 4 Jahre und 4 Monate vergangen. Spätestens hiernach war die Verjährung gemäß § 204 Nr. 7 BGB gehemmt. Zwischen dem Ende der Hemmung und der durch die Klageerhebung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB erneut bewirkten Hemmung lagen aber weniger als 8 Monate, wobei es, da die Zustellung jeweils „demnächst“ erfolgte, wie bei der Zustellung des Beweissicherungsantrags gemäß § 167 ZPO jeweils auf den Zeitpunkt der Einreichung und nicht der Zustellung ankommt.
c) Schließlich ist auch entgegen der Auffassung der Beklagten die Feststellung des Landgerichts nicht zu beanstanden, alle Fensterbänke seien aufgrund ihrer zu geringen Neigung und des zu hohen Überstandes mangelhaft. Vielmehr steht der Mangel nach den Feststellungen des Landgerichts mit Bindungswirkung für den Senat fest (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
aa) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich aus Fehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Dies gilt grundsätzlich auch für Tatsachenfeststellungen, die auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen worden sind (BGH, Urteil vom 08. Juni 2004 – VI ZR 199/03 -, BGHZ 159, 245-254, zitiert nach Juris Rn. 13). In diesem Fall können Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen begründet werden, wenn das Gutachten in sich widersprüchlich oder unvollständig ist, wenn der Sachverständige erkennbar nicht sachkundig war, sich die Tatsachengrundlage durch zulässigen neuen Vortrag geändert hat, wenn es neue wissenschaftliche Erkenntnismöglichkeiten gibt oder sich das Erstgericht nicht mit Einwendungen aus einem Privatgutachten auseinandergesetzt hat (vgl. Heßler in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 529 ZPO, Rn. 9 m.w.N.).
bb) Konkrete Anhaltspunkte, die nach den vorstehenden Grundsätzen geeignet wären, Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des Erstgerichts zu erwecken, zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Soweit die Beklagte meint, der Sachverständige habe nur eine Fensterbank untersucht und entsprechend auch nur die Mangelhaftigkeit einer Fensterbank festgestellt, ist die Ansicht bereits aufgrund der klaren Aussage des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 15. April 2016 nicht nachvollziehbar. So hat der Sachverständige als Ergebnis seiner Untersuchungen ausdrücklich festgehalten: „Ja die Behauptung der Antragstellerin, die neu angebrachten Fensterbänke sind mangelhaft. Sie weisen eine zu große Tiefe auf und verfügen nicht über das nötige Gefälle trifft zu“ (Bl. 89 der Akte …/15). Die zusammenfassende Feststellung bezieht sich nach ihrem Wortlaut ausdrücklich auf alle 14 von der Beklagten eingebauten Fensterbänke. Anhaltspunkte, der Sachverständige könne zwischen verschiedenen Fensterbänken differenziert haben oder er könne die Feststellung ohne eine Untersuchung aller Fensterbänke getroffen haben, können dem Gutachten wie auch dem Ergänzungsgutachten, das sich erneut auf alle Fensterbänke bezog (vgl. Bl. 130 der Akte …/15), nicht entnommen werden. Sie ergeben sich insbesondere auch nicht daraus, dass der Sachverständige auf Bl. 19 f. seines Gutachtens (Bl. 84 f. der Akte …/15) nur eine Fensterbank fotografiert hat. Es bestehen keine Bedenken, einen gleichartigen Mangel nur ein einziges Mal bildlich zu dokumentieren. Sofern gleichwohl die Beklagte Bedenken an dem Umfang der Untersuchungen des Sachverständigen gehabt hätte, hätte sie dies spätestens in der mündlichen Anhörung des Sachverständigen thematisieren müssen. Dass sie dies versäumt hat, geht zu ihren Lasten.
2. Ein Grund, durch Urteil statt durch Beschluss zu entscheiden, besteht für den Senat nicht. Insbesondere ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht im Sinne von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO zum Schutz der Beklagten als Berufungsführerin erforderlich. Weder ist erkennbar, dass die Rechtsverfolgung für die Beklagte existenzielle Bedeutung haben könnte, noch ist das angefochtene Urteil nur im Ergebnis richtig, hingegen unzutreffend begründet worden (vgl. zu diesen denkbaren Fällen RegBegr BT Drucks17/5334, S. 7). Im Gegenteil folgt der Senat der angegriffenen Entscheidung auch in seiner tragenden Begründung. Gleichfalls sind weitere Umstände, die eine mündliche Verhandlung zum Schutz des Beklagten erforderlich machen könnten, obgleich ein Revisionszulassungsgrund nicht vorliegt, nicht ersichtlich.
Der Senat regt im Kosteninteresse die Prüfung an, ob die Berufung zurückzunehmen ist.
3. Gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO war dem Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer zu bestimmenden Frist zu geben.