OLG Frankfurt – Az.: 21 U 64/18 – Beschluss vom 10.05.2019
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. September 2019 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert der Berufung wird festgesetzt auf 27.194,39 €.
Gründe
I.
Die Klägerin interessierte sich im Jahr 2010 für die Durchführung einer fachgerechten Wärmedämmung ihres Wohnhauses in der Straße1 in Stadt1. Unter dem 8. Juli 2010 unterbreitete die Beklagte der Klägerin ein Angebot für Außenputzarbeiten, die verbunden waren mit einer Wärmedämmung des Hauses im Rahmen eines Wärmedämmverbundsystems unter Einschluss der Erneuerung der Fensterbänke und Fenstergitter (Bl. 7 f. der Akte …/15). Die Beklagte führte die Arbeiten aus, wobei eine im Zuge der Arbeiten vorgenommene Vergrößerung der Attika durch den Dachdecker X vorgenommen wurde und zwischen den Parteien streitig ist, wer den Auftrag hierzu erteilte. Die Beklagte stellte am 3. Januar 2011 eine Schlussrechnung, die von der Klägerin ebenso wie die gesondert gestellte Rechnung des Dachdeckers beglichen wurde.
Mit einem am 5. Mai 2015 beim Landgericht eingegangenen und am 23. Mai 2015 der Beklagten zugestellten Schriftsatz beantragte die Klägerin die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens und trug hierzu vor, die Fassadendämmung weise an allen vier Hauswänden großflächige Verfleckungen auf. Ferner würden die neu angebrachten Fensterbänke eine zu große Tiefe aufweisen und nicht über das nötige Gefälle verfügen. Schließlich sei die Außendämmung an der Nordost – Ecke des Hauses nicht vollständig ausgeführt worden. Das Landgericht holte ein Gutachten des Sachverständigen SV1 sowie ein Ergänzungsgutachten ein. Das Gutachten erläuterte der Sachverständige in der Verhandlung am 19. Mai 2017. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 66 ff, Bl. 124 ff. und Bl. 214 ff. der Akte …/15 verwiesen.
Mit einer am 17. November 2017 beim Landgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin nach entsprechender Klageumstellung die Zahlung eines Vorschusses zur Beseitigung der im Beweissicherungsverfahren ihrer Auffassung nach vom Sachverständigen festgestellten Mängel in Höhe von insgesamt 27.194,39 € zuzüglich Zinsen sowie Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 597,74 € verlangt. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit der am 28. September 2018 verkündeten Entscheidung hat das Landgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Zur Begründung der Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus § 637 Abs. 3 BGB, da das von der Beklagten erstellte Werk auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen im Beweissicherungsverfahren als mangelhaft einzustufen sei.
Soweit es die Verfleckungen betreffe, würden diese selbst bei einer technisch einwandfreien Dämmleistung als Mangel einzustufen sein, da auch die optische Gestaltung für den Bauherrn von Bedeutung sei. Die Mangelhaftigkeit finde ihren Ursprung in dem Gewerk der Beklagten, auch wenn der Sachverständige es als die zielführendste Lösung der Mangelbeseitigung ansehe, den Dachüberstand zu verbreitern. Denn hierbei habe es sich nur um eine von mehreren Lösungsmöglichkeiten gehandelt. Daher hätte die Beklagte der Klägerin entweder ein anderes System (Dickputz, Ziegelstein) empfehlen müssen oder aber zumindest auf die bei Verputzern seinerzeit bekannte Problematik des zu geringen Dachüberstandes hinweisen müssen. Daher könne auch dahingestellt bleiben, wer den Dachdecker beauftragt und unterwiesen habe. Ohne einen entsprechenden Hinweis seitens der Beklagten an die Klägerin und deren Bereitschaft, bei der Gestaltung der Attika gegebenenfalls hierauf Rücksicht zu nehmen, könnten die Folgen der ungünstigen Wahl des Verputzmaterials für die Fassadengestaltung nicht auf die Klägerin oder den Dachdecker abgewälzt werden.
Mangelhaft sei ferner – wie der Sachverständige SV2 festgestellt habe – die unvollständige Erstellung der Nordost – Ecke der Fassade. Der Anspruch auf Vorschusszahlung zur Beseitigung des Mangels sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verjährt. Aufgrund des Beweissicherungsverfahrens sei die Verjährung bis zum Ende des gesamten Beweissicherungsverfahrens gehemmt, auch wenn die Beklagte gegen diesen Mangel nach der Erstellung des Ergänzungsgutachtens keine weiteren Einwände erhoben habe.
Schließlich seien auch die Fensterbänke mangelhaft, da nach den Feststellungen des Sachverständigen diese ein unzureichendes Gefälle und einen zu hohen Überstand aufweisen würden. Der Einwand der Beklagten, der Sachverständige habe den Mangel nur bei einer Fensterbank festgestellt, sei bereits in Anbetracht der Bilddokumentation des Gutachtens nicht haltbar.
Gegen dieses der Beklagten am 15. Oktober 2018 zugestellte Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe bezüglich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO analog Bezug genommen wird, richtet sich die nach Durchführung eines mit Beschluss vom 5. Dezember 2018 (Bl. 191 f. d. A.) beendeten Tatbestandsberichtigungsverfahrens am 9. November 2018 beim Gericht eingegangene Berufung der Beklagten.
Die Beklagte macht vornehmlich geltend, das Landgericht habe zu Unrecht einen Anspruch aus § 637 Abs. 3 BGB bejaht. Denn das Landgericht habe nicht festgestellt, dass die Dämmung der Fassade zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abnahme mangelhaft gewesen sei, obschon der Mangel Tatbestandsvoraussetzung für den Nacherfüllungsanspruch und damit auch für den geltend gemachten Anspruch auf Vorschusszahlung sei. Das Gewerk habe die nach dem Vertrag vereinbarte Beschaffenheit gehabt. Inhalt der Vereinbarung sei die Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems mit einem ganz bestimmten Putzaufbau samt Anstrich gewesen. Dem habe ihre Werkleistung entsprochen. Das von ihr ausgeführte Gewerk sei zum Zeitpunkt der Abnahme auch für die nach dem Vertrag vorausgesetzte und nach der Verkehrsauffassung anzunehmende gewöhnliche Verwendung als Außenputz geeignet gewesen. Feststellungen, dass dies zum Zeitpunkt der Abnahme nicht der Fall gewesen sei, habe der Sachverständige nicht getroffen. Im Gegenteil habe er nur festgestellt, dass die Verfleckungen nachträglich eingetreten seien. Diese nachträgliche Änderung sei aber nur darauf zurückzuführen, dass der Putz am Standort mit der im Nachgang ausgeführten neuen Dachkonfiguration des Hauses aufgrund des hiermit verbundenen zu geringen Dachüberstandes einer zu hohen Feuchtebelastung ausgesetzt gewesen sei. Nur durch die veränderte neue Attika mit zu geringen Dachüberstanden sei es an den Wänden zu einer Verfleckung gekommen. Anderweitige, für den gewöhnlichen Gebrauch gegebene defizitäre Feststellungen zu Materialeigenschaften und Aufbau des Wärmedämmverbundsystems, des Oberputzes und des Anstrichs habe das Landgericht in seinem Urteil nicht getroffen. Soweit das Landgericht, das in seiner Entscheidung ausdrücklich offen gelassen habe, wer den Dachdecker beauftragt habe, das Urteil auf die Verletzung einer Hinweispflicht der Beklagten gegenüber dem Dachdecker bzw. der Klägerin hinsichtlich des erforderlichen Dachüberstandes gestützt habe, gehe auch dieser Ansatz fehl. Denn auf die Verletzung einer Hinweispflicht könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der streitgegenständliche Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses wegen Mängeln nicht gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 – VII ZR 210/12, Juris).
Zu Unrecht habe das Landgericht ferner die Verjährung des Anspruchs mit Blick auf die Lücke in der Außendämmung an der Nordost – Ecke des Hauses verneint. Hierbei habe das Landgericht nicht beachtet, dass die Dauer der Hemmungswirkung für die in einem selbständigen Beweissicherungsverfahren untersuchten Mängel jeweils eigenständig für jede Mangelbehauptung zu beurteilen sei, wobei sich die Beklagte insoweit unter anderem auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. Dezember 1992 (VII ZR 86/92, Juris) beruft. Nach der Zusendung des Ergänzungsgutachtens am 8. September 2016 habe sie, die Beklagte, hinsichtlich dieses Mangels keine Einwände mehr erhoben. Entsprechend sei das Ende der durch die Einleitung des Beweissicherungsverfahrens eingetretenen Hemmung der Verjährung mit Blick auf diesen Mangel bereits sechs Monate später mit Ablauf des 8. März 2017 erreicht gewesen und nicht erst – wie das Landgericht angenommen habe – erst 6 Monate nach der Durchführung der mündlichen Anhörung des Sachverständigen am 19. Mai 2017. Hierdurch bedingt sei die Verjährungsfrist in Bezug auf diesen Mangel bereits vor der Erhebung der Klage am 17. November 2018 abgelaufen gewesen.
Schließlich sei das angefochtene Urteil auch mit Blick auf den angeblichen Mangel fehlerhaft eingebauter Fensterbänke unzutreffend. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, der Sachverständige habe alle Fensterbänke untersucht. Dies ergebe sich insbesondere nicht aus den von dem Sachverständigen vorgelegten Lichtbildern. Somit habe die Feststellung des Landgerichts aus dem angefochtenen Urteil, dass alle von der Beklagten eingebauten Fensterbänke ein nach den Regeln der Technik unzureichendes Gefälle und einen zu hohen Überstand gegenüber der Fassade aufweisen würden, keine Grundlage in Nachweisen durch sachverständige Feststellungen. Zudem habe der Sachverständige selbst bei dem einzig von ihm untersuchten Fenster nur eine Überschreitung des Überstandes um einen Zentimeter festgestellt. Das Spritzwasserproblem der Fenster werde aber ebenfalls nicht durch diesen einen Zentimeter erklärt, sondern durch die fehlerhafte Attikakonstruktion mit einem zu kurzen Überstand gegenüber der Fassade. Hierfür sei sie aber nicht verantwortlich, da sie den Dachdecker nicht beauftragt habe und dieser seine Arbeiten erst nach der Fertigstellung ihres Gewerks beendet habe.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beklagten im Berufungsverfahren wird ergänzend Bezug genommen auf die Berufungsbegründungsschrift vom 12. Dezember 2018 (Bl. 241 ff. d. A.).
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 28. September 2018 verkündeten Grundurteils des Landgerichts Wiesbaden, Az. 5 O 208/17 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der Einzelheiten ihres Vortrags im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderung vom 11. März 2019 (Bl. 285 ff. d. A.) Bezug genommen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 26. März 2019 auf die Absicht des Senats hingewiesen, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen. Dem ist die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. April 2019 entgegengetreten. Der Senat habe die im Urteil vom 22. Februar 2016 aufgestellten Grundsätze des Bundesgerichtshofs zum Vorliegen einer Verletzung vertraglicher Aufklärungs- und Hinweispflichten des Werkunternehmers und dem Bestehen eines Sachmangels unzutreffend voneinander abgegrenzt. Fehlerhaft sei ferner die Auffassung des Senats, wonach die Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil nicht zu beanstanden seien. So habe der Senat übersehen, dass der Sachverständige weder in seinem Gutachten noch in seinem Ergänzungsgutachten oder im Rahmen seiner Anhörung überhaupt die Anzahl der Fensterbänke angegeben habe. Schließlich überzeuge auch die Auffassung des Berufungsgerichts nicht, eine Verjährung bezogen auf den selbständigen Mangel einer Lücke im Wärmedämmverbundsystem an der Nordost – Seite des Gebäudes könne nicht festgestellt werden. Entgegen der Ansicht des Senats erfolge der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zufolge die Beendigung des Beweissicherungsverfahrens nicht erst mit dem Ablauf der den Beteiligten vom erkennenden Gericht nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO gesetzten Frist, sondern bereits mit der Übersendung des Gutachtens an die Beteiligten, sofern diese – wie vorliegend zum Mangel der Lücke im System – keine weitere Stellung nehmen.
II.
Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten ist.
1. Dies hat der Senat bereits im Einzelnen im Hinweisbeschluss vom 26. März 2019 (Bl. 333 ff. d. A.) – auf dessen Inhalt einschließlich der dort enthaltenen tatsächlichen Feststellungen zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich Bezug genommen wird – dargelegt.
Die Ausführungen der Beklagten in deren Stellungnahme vom 25. April 2019 sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung der Rechtslage zu rechtfertigen.
a) Zu Unrecht vertritt die Beklagte die Auffassung, der Senat habe das Vorliegen eines Mangels von der Verletzung einer Hinweispflicht durch den Unternehmer falsch abgegrenzt.
Wie der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 26. März 2019 bereits ausgeführt hat, liegt ein Mangel vor, sofern der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung des Werks nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt. Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 – VII ZR 183/05, Juris Rn. 15; OLG Düsseldorf BauR 2016, 2097). Zudem ist ohne Bedeutung, ob die mangelnde Funktion nur darauf zurückzuführen ist, dass die vom Besteller zur Verfügung gestellten Leistungen anderer Unternehmer, von denen die Funktionsfähigkeit des Werkes abhängt, unzureichend sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 – VII ZR 183/05, Juris Rn. 19).
Kann in einem solchen Fall die Funktionstauglichkeit der beauftragten Leistung mit der vereinbarten Ausführungsart nicht erreicht werden, haftet der Unternehmer nur dann nicht für die fehlende Funktionstauglichkeit, wenn er den Besteller auf die Bedenken gegen die vereinbarte Ausführungsart hingewiesen hat und der Besteller gleichwohl auf der vorgesehenen Ausführungsart besteht (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 – VII ZR 183/05, Juris Rn. 19; OLG Düsseldorf BauR 2016, 2097). Bei dieser Form der Hinweispflicht handelt es sich mithin um einen Tatbestand, der den Unternehmer von der Sachmängelhaftung befreit und für deren Erfüllung den Unternehmer die Darlegungs- und Beweispflicht trifft (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 – VII ZR 183/05, Juris Rn. 22; OLG Düsseldorf BauR 2016, 2097).
Hiervon abzugrenzen sind (allgemeine) Prüfungs- und Hinweispflichten des Werkunternehmers, die auch im Fall einer mangelfreien Leistungserbringung bestehen und deren Verletzung eine Mangelhaftung nicht begründen können (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 – VII ZR 210/13, Juris). Beispiel hierfür ist etwa der im vorgenannten Urteil des Bundesgerichtshofs fehlende Hinweis des Unternehmers, von ihm verlegte Fliesen dürften nicht mit zu scharfen Reinigungsmitteln behandelt werden.
Entscheidendes Abgrenzungskriterium beider „Arten“ von Hinweispflicht ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, ob sich der erforderliche Hinweis auf eine bereits erbrachte Leistung eines anderen Unternehmers bezieht oder er – wie hier – die zeitlich erst nachfolgend noch zu erbringende Leistung eines anderen Unternehmers betrifft. Entscheidend ist vielmehr, ob die Werkleistung auch ohne die Befolgung des Hinweises die im Vertrag vorausgesetzte Funktionstauglichkeit aufweist oder nicht.
Letzteres ist vorliegend im Gegensatz zu dem im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Februar 2016 thematisierten Reinigungshinweis von mangelfrei verlegten Fliesen der Fall. Ohne die erforderliche, aber nicht durchgeführte Ausdehnung der Attika auf einen Dachüberstand von 10 bis 15 cm erwies sich nämlich der von der Beklagten aufgetragene Oberputz den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen zufolge als ungeeignet, um die geschuldete Funktion einer auch in optischer Hinsicht ansprechenden Fassade zu erfüllen. Vielmehr konnte die lediglich durchgeführte Anpassung der Attika um circa 12 cm mit einem fortbestehenden Dachüberstand von nur wenigen Zentimeter, die allein der Verbreiterung des Gebäudes aufgrund der aufgetragenen Dämmung Rechnung trug, eine im Verlauf der Zeit aufgetretene großflächige Verfleckung der Fassade nicht verhindern. Insoweit erwies sich der von der Beklagten verwendete Dünnschichtputz mit einem hydrophoben Anstrich aufgrund des relativ dichten Baum- und Strauchbewuchs in der näheren Umgebung des Gebäudes und einem beibehaltenen Dachüberstand von nur wenigen Zentimetern als funktionsuntauglich und damit mangelhaft.
Dieser Mangelhaftigkeit der Werkleistung steht nach der bereits dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weder entgegen, dass in dem von der Klägerin angenommenen Angebot der Beklagten vom 8. Juli 2010 eine Putzdicke von 2 mm erwähnt war und ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik vom Sachverständigen nicht festgestellt wurde, noch der Umstand, dass die Verfleckung neben den örtlichen Begebenheiten des dichten Baumbestandes auch auf die gegebenenfalls von der Klägerin beauftragte Veränderung der Attika zurückzuführen ist, die lediglich der Verbreiterung des Gebäudes durch das WDVS System Rechnung getragen hat.
Vielmehr hätte sich die Beklagte, die den Angaben des Sachverständigen zufolge die Problematik hätte kennen müssen (Bl. 209 d. A.), einer Haftung wegen der Mangelhaftigkeit ihres Gewerks nur dadurch entziehen können, dass sie entweder die Funktionstauglichkeit des von ihr verwendeten Putzes sichergestellt bzw. stattdessen einen geeigneten Dickputz verwendet hätte oder dass sie die Klägerin auf die fehlende Funktionstauglichkeit hingewiesen und die Klägerin gleichwohl auf den im Angebot erwähnten Putz bestanden hätte.
Unzweifelhaft hat die Beklagte eine Vergrößerung des Dachüberstandes auf 10 bis 15 cm nicht sichergestellt. Zudem kann von einem Hinweis der Beklagten auf eine mangelnde Funktionstauglichkeit des von ihr verwendeten Putzes bei Beibehaltung des vorgefundenen Dachüberstandes auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts sowie des Vortrags der Parteien ebenfalls keine Rede sein. Ein solcher Hinweis lässt sich insbesondere nicht der Feststellung des Landgerichts entnehmen, die Beklagte habe darauf hingewiesen, die bisherige Dachausführung könne nach dem Aufbau der Wärmedämmung nicht so bleiben. Dieser Hinweis macht zunächst nur auf die notwendige Anpassung der Dachausführung an die Verbreiterung des Gebäudes aufmerksam, enthält aber keinerlei Aussage über die Ungeeignetheit des vorgesehenen Dünnputzes und war noch viel weniger mit einem Beharren der Klägerin auf den von der Beklagten angebotenen Putz verbunden. Folglich hat sich die Beklagte, die ihre Verpflichtung, ein mangelfreies Werk abzuliefern, nicht erfüllt hat, nicht durch einen Hinweis auf die fehlende Funktionstauglichkeit ihres Gewerks im Fall der fehlenden Ausdehnung der Attika auf 10 bis 15 cm entlastet.
Dass die Anpassung der Attika dem bestrittenen Vortrag der Beklagten folgend nicht in den vertraglich übernommenen Pflichtenbereich der Beklagten fiel, ist ohne Belang. Denn ihr oblag jedenfalls die Auftragung eines funktionsgerechten WDVS Systems und damit der Verwendung eines geeigneten Putzes. Ohne eine Verbreiterung des Dachüberstandes auf 10 bis 15 cm konnte die Beklagte aber ihrer Hauptleistungspflicht, nämlich der Ablieferung eines mangelfreien Werks nicht durch die erfolgte Aufbringung des Dünnputzes genügen. Stattdessen hätte sie sich eines Dickputzes oder einer Ziegelwand bedienen müssen. Das hat mit der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht in Form eines fehlenden bzw. ungenügenden Hinweises gegenüber der Klägerin als Bestellerin der Werkleistung nichts zu tun, sondern wirft allein die Frage nach einer denkbaren, hier aber nicht erfolgten Entlastung der Beklagten auf.
b) Ferner vermag die Beklagte nicht mit dem von ihr erhobenen Verjährungseinwand in Bezug auf die Lücke des WDVS Systems an der Nordost – Ecke des Hauses durchzudringen. Entgegen der Auffassung der Beklagten endet nämlich im Fall der Fristsetzung nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO die Hemmungswirkung des Beweissicherungsverfahrens erst mit Ablauf der Frist und nicht bereits mit der Übersendung des Gutachtens. Der Bundesgerichtshof hat in seiner vom Senat zitierten Entscheidung – wie auch die Beklagte konstatiert – klar zwischen den Fällen einer Übersendung des Gutachtens mit und ohne Fristsetzung differenziert (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2002 – VIII ZR 228/00, Juris Rn. 13). Warum abweichend von den seitens des Senats im Hinweisbeschluss hierzu angeführten Literaturmeinungen das Verfahren gleichwohl in beiden Fällen bereits mit der Versendung des Gutachtens enden soll, sofern anschließend keine Einwendungen erhoben werden, erschließt sich nicht. Insbesondere ist die Auffassung der Beklagten nicht nachvollziehbar, das Verfahren ende mit Ablauf der Frist, sofern Einwendungen erhoben werden. Denn im Fall erhobener Einwendungen ist es allgemeine Auffassung, dass das Verfahren dann erst mit der mündlichen Erläuterung des Gutachtens endet (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2002 – VIII ZR 228/00, Juris Rn. 12 mwNachw).
c) Nicht durchzudringen vermag die Beklagte schließlich mit ihrem Einwand, der Senat habe zu Unrecht geäußerte Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts betreffend die von der Beklagten eingebauten Fensterbänke zurückgewiesen. Hierzu werden von der Beklagten nunmehr drei Aspekte miteinander verbunden, die aber gedanklich zu trennen sind und jeweils nicht zum Erfolg der Berufung führen.
Soweit die Beklagte zunächst angedeutet hat, der Sachverständige habe nicht alle von ihr eingebauten Fensterbänke als mangelhaft bezeichnet, lässt sich für diese Vermutung – wie bereits im Hinweisbeschluss dargelegt – den Ausführungen des Sachverständigen kein Anhalt entnehmen. Richtig ist insoweit allein der Hinweis der Beklagten, der Sachverständige habe die Anzahl der von der Beklagten eingebauten Fensterbänke ebenso wie die Schlussrechnung der Beklagten nicht ausdrücklich genannt. Im Übrigen besteht aber kein Zweifel, dass der Sachverständige alle von der Beklagten eingebauten Fensterbänke als mangelhaft eingestuft hat. Dies entspricht dem Wortlaut seiner Äußerungen und ergibt sich zudem auch daraus, dass der Sachverständige bei der Abschätzung der voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung im Ergänzungsgutachten auf Bl. 130 d. A. die Mengenangaben aus der Schlussrechnung in laufenden Metern in vollem Umfang übernommen hat.
Soweit die Beklagte sodann meint, die Feststellung des Sachverständigen einer Mangelhaftigkeit aller Fensterbänke sei ohne entsprechende Untersuchungen quasi ins Blaue hinein erfolgt, vermag sie dies ebenfalls nicht im Ansatz zu belegen. Vielmehr hat bereits das Landgericht zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass jedenfalls Bild 7, Bild 12 und Bild 14 des Gutachtens jeweils unterschiedliche Fensterbänke darstellen, die alle mit dem festgestellten Mangel in Zusammenhang zu bringen sind. So dokumentiert Bild 12 den unzureichenden Ist – Zustand der Fensterbänke, wonach Wasser auf die dort abgebildete stark vorstehende Fensterbank auftritt und gegen die Scheibe spritzt. Bild 7 dokumentiert anhand einer anderen Fensterbank eine Ursache für die Mangelhaftigkeit, nämlich einen Überstand der Fensterbänke von rund 6 cm über die Fassade hinaus. Dass dieses Bild nicht in dem Abschnitt 4.2. des Gutachtens, der sich mit der Mangelhaftigkeit der Fensterbänke auseinandersetzt, befindet, ist ohne Belang, da die im Abschnitt 4.1. des Gutachtens dokumentierten Feststellungen zur Frage der Verfleckungen der Fassade im Zusammenhang mit den Feststellungen in Abschnitt 4.2. zu lesen sind, denn der zu geringe Attikaüberstand hat Einfluss auf beide Mängel. Bild 14 wiederum dokumentiert eine weitere Mangelursache, nämlich die zu geringe Neigung der Fensterbänke, die hinter der üblichen Neigung von 5 Grad zurückbleibt. Folglich ist nicht nur eine, sondern sind mehrere Fensterbänke im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Mangel bildlich dokumentiert. Dass sich nicht von jeder der 14 Fensterbänke eine Bilddokumentation in dem Gutachten findet, vermag Zweifel an der vom Sachverständigen getroffenen Aussage in Bezug auf alle Fensterbänke nicht zu begründen.
Hiervon zu trennen ist der dritte Einwand gegen die Feststellungen des Landgerichts, der Sachverständige habe mit dem Hinweis auf die Abweichung des Überstandes von nur 1 cm keinen Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik für den Einbau von Fensterbänken nachgewiesen, weswegen den hierzu vorgebrachten Beweisantritten der Beklagten hätte nachgegangen werden müssen. Hierbei zieht die Beklagte nicht ausreichend in die Betrachtung ein, dass der Ist – Zustand des streitgegenständlichen Gewerks, nämlich auftretendes Spritzwasser auf den Scheiben mangelhaft ist. Die Ursache für diese festgestellte und auf Bild 14 des Gutachtens dokumentierte Mangelerscheinung ist – wie der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt hat – in dem Zusammenspiel von Attikaüberstand, Neigungswinkel der Fensterbänke und deren Überstand zu sehen. Entsprechend kann dahingestellt bleiben, ob gegebenenfalls bei einem noch größerem Attikaüberstand und einer über 5 Grad hinausgehenden Neigung, die vom Sachverständigen als üblich bezeichnet worden ist, auch ein Überstand der Fensterbänke von 6 cm gerade noch ausreichend gewesen wäre, um das dokumentierte Spritzwasser auf den Scheiben zu vermeiden. Unabhängig davon ist die festgestellte Abweichung aber ohnehin nicht so geringfügig, wie die Beklagte darzustellen sucht. So hat der Sachverständige im Rahmen seiner mündlichen Anhörung einen Überstand von 3 bis 5 cm als Sollwert für ausreichend erachtet (Bl. 212 der Akte …/15). Damit beträgt die Abweichung des Ist – Zustandes mit einem Überstand von 6 cm von dem Mittelwert des seitens des Sachverständigen angegebenen Sollwertes immerhin 50 %, was nicht als nur geringfügige Abweichung angesehen werden kann.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, wobei der Beklagten aufgrund der Erfolglosigkeit ihrer Berufung bereits im Zurückweisungsbeschluss die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen waren (vgl. BGH NJW 1956, 1235; Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl., § 304 Rn. 40). Die Vollstreckbarkeit des vorliegenden Beschlusses folgt aus § 794 ZPO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ein Grund, gemäß § 522 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 durch Urteil statt durch Beschluss zu entscheiden, besteht nicht. Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Entscheidung des Senats beruht auf einer Würdigung der besonderen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erfolgt.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch nicht im Sinne von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO zum Schutz der Beklagten erforderlich. Weder ist erkennbar, dass die Rechtsverteidigung der Beklagten für sie eine die mündliche Verhandlung rechtfertigende existenzielle Bedeutung haben könnte, noch ist das angefochtene Urteil nur im Ergebnis richtig, hingegen unzutreffend begründet worden. Weitere Umstände, die eine mündliche Verhandlung zum Schutz der Beklagten erforderlich machen könnten, sind nicht ersichtlich.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 48 GKG, 3 ff. ZPO.