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Gerüstbauerhaftung – Baugerüst – Nichteinhaltung der Unfallverhütungsvorschriften

LG Dessau-Roßlau – Az.: 4 O 617/14 – Urteil vom 17.02.2020

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.04.2013 zu zahlen.

2.

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.04.2013 zu zahlen.

3.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte darüber hinaus verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Unfall vom 13.04.2011 noch entstehen wird, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

4.

Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervenientin trägt die Beklagte.

5.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte materielle und immaterielle Schadenersatzansprüche geltend.

Der Kläger war am 13.04.2011 in K. auf einer Baustelle in der L. Straße als Zimmermann der Firma Zimmerei und Holzbau M. GmbH (M. GmbH) bei Dacharbeiten eingesetzt. Gegen 14:30 Uhr stürzte er von einem Baugerüst aus ca. 3,30 m Höhe und erlitt schwere Verletzungen.

Das Baugerüst war als kombiniertes Arbeits- und Schutzgerüst für die vorgesehenen Fassaden- und Dacharbeiten aufgebaut.

Mit Rechnung vom 29.03.2011 hat die Beklagte einen Gerüstbau für das Bauvorhaben K., Tierarztpraxis gegenüber der M. GmbH abgerechnet.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.01.2013 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung von Verdienstausfall und Schmerzensgeld von insgesamt 20.000,00 € bis zum 26.02.2013 auf.

Nach weiteren Aufforderungen des Klägers teilte die # Versicherung AG dem Kläger mit Schreiben vom 15.05.2013 mit, dass sie eine Haftung der Beklagten bestreitet.

Der Kläger macht vorliegend gegen die Beklagte aufgrund des Unfalles einen Verdienstausfallschaden in Höhe von 10.000,00 € und ein Schmerzensgeld von mindestens 10.000,00 € geltend.

Der Kläger behauptet, das Baugerüst der Beklagten sei nicht ordnungsgemäß aufgestellt gewesen. Der Abstand zwischen Gerüst und Fassade habe 70 cm statt erlaubter 30 cm betragen, so dass ein Seitenschutz nicht gewährleistet gewesen sei.

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt und die Eignung des Gerüstes nicht ordnungsgemäß geprüft. Aus Sicht des Arbeitgebers des Klägers habe das Gerüst als nutzungsbereit gegolten. Dass das Gerüst noch nicht endgültig fertig gestellt gewesen sei, sei nicht ersichtlich gewesen.

Der Kläger trägt vor, dass er nicht vom Flachdach auf die Rüstung gesprungen sei. Vielmehr sei er vom Baugerüst der Beklagten gestürzt.

Der Kläger bestreitet, dass die am Bau eingesetzten Mitarbeiter der M. GmbH den Dachüberstand nach Gerüststellung erheblich verkürzt und die Traufkante des Daches angehoben haben.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 10.000,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.04.2013 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 10.000,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 10.000,00 € ab dem 17.04.2013 und auf jeden weiteren Schmerzensgeldbetrag ab Klagzustellung zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte darüber hinaus verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Unfall vom 13.04.2011 noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger von einem Gerüst gestürzt sei, welches die Beklagte errichtet habe. Sie räumt jedoch ein, dass sie von der Firma M. GmbH beauftragt gewesen sei, auf dem Anwesen L. Straße eine Rüstung zu stellen, da an dem Dach Arbeiten verrichtet werden sollten.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Arbeitgeber des Klägers, die M. GmbH, verpflichtet gewesen wäre, die Eignung der Rüstung für die beabsichtigten Arbeiten vorher zu überprüfen.

Die Beklagte behauptet, dass an dem Gerüst nach der Erstellung und ohne Kenntnis der Beklagten ein Dachüberstand entfernt worden sei, so dass die Rüstung nicht mehr für die Arbeiten an dem Dach hätte verwendet werden dürfen. Zum Zeitpunkt der Errichtung der Rüstung habe der vorhandene Dachüberstand ca. 70 cm betragen. Nach Gerüststellung sei durch Mitarbeiter der M. GmbH der Dachüberstand erheblich auf nur noch ca. 35 cm eingekürzt worden. Zudem sei die Traufkante des Daches angehoben worden, so dass zwischen Unterkante Dach und oberer Gerüstlage ein Abstand von mehr als 80 cm entstanden sei. Nach diesen Veränderungen hätte die M. GmbH die Rüstung sperren und die Beklagte entsprechend informieren müssen. Die Beklagte selbst habe keine Kenntnis von den vorgenommenen Veränderungen gehabt.

Die Beklagte behauptet, sie habe die Rüstung zur Nutzung gegenüber der M. GmbH nicht freigegeben. Eine Rechnungslegung ersetze die Übergabe nicht.

Die Beklagte behauptet weiterhin, dass der Unfall von dem Kläger selbst verschuldet worden sei, da er unter Missachtung aller Unfallverhütungsvorschriften von einem Flachdach auf die Brüstung gesprungen und hierbei bereits zu Fall gekommen sei.

Die Beklagte bestreitet die behaupteten Verletzungen und deren Folgen.

Die Beklagte bestreitet die Höhe der geltend gemachten Forderungen.

Die Beklagte rügt den Beitritt der Streitverkündeten M. GmbH auf Seiten des Klägers als unzulässig, da ein erforderliches Interesse weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden sei.

Im Übrigen wird auf die von den Parteien wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K., H., M. und S. sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 11.04.2016 und 23.01.207 sowie das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. N. vom 27.08.2019 verwiesen.

Der Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten wurden persönlich angehört.

Die Akte der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, Az.:# war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Dem Kläger stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 249, 253 BGB nebst Zinsen wie erkannt zu. Darüber hinaus war festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Unfall vom 13.04.2011 noch entstehen wird, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen. Die Ergänzung des Feststellungsanspruchs erfolgte von Amts wegen.

Die Beklagte hat der M. GmbH den Streit verkündet. Die Streitverkündete ist dem Kläger, demzufolge der anderen Partei beigetreten. Damit liegt ein Nichtbeitritt im Verhältnis zum Streitverkünder vor.

Die M. GmbH ist jedoch berechtigt, sich gemäß § 66 ZPO als Nebenintervenientin am Prozess zu beteiligen. Voraussetzung ist ein rechtliches Interesse daran, dass eine Partei obsiegt. Liegt eine Streitverkündung vor, reicht das zur Begründung des rechtlichen Interesses aus (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1988, 155, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben. Der Beitritt der M. GmbH als Nebenintervenientin ist zulässig.

Aufgrund aller Umstände und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger von einem Baugerüst gestürzt ist, welches die Beklagte nicht pflichtgemäß errichtet und gesichert hat.

Der Kläger hat erklärt, dass er auf dem Gerüst gearbeitet habe. An den Unfall jedoch könne er sich nicht erinnern.

Den Sturz des Klägers von dem Baugerüst am 13.04.2011 in K. auf einer Baustelle in der L. Straße hat der Zeuge K. geschildert. Er hat ausgesagt, dass er sich erinnere, dass der Kläger die Füße auf dem Dach an der Traufe gehabt habe. Seines Erachtens sei er dann weggerutscht und in den Spalt gefallen. Ob er auf die Rüstung steigen oder springen wollte, daran könne er sich nicht erinnern. Er müsse irgendwie weggerutscht sein. Auch der Zeuge S. hat bestätigt, dass der Kläger durch die Lücke zwischen Fassade und Gerüstboden gefallen sei.

Aufgrund dieser Aussagen bestehen keine begründeten Zweifel, dass der Kläger vom Gerüst gestürzt ist. Dafür, dass der Kläger auf die Brüstung gesprungen und hierbei zu Fall gekommen ist, liegen keine Anhaltspunkte vor.

Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die Beklagte das Gerüst errichtet hat.

Der Geschäftsführer der Beklagten hat erklärt, dass das alte Gebäude im Auftrag des Zeugen M. für Dacharbeiten der M. GmbH eingerüstet werden sollte. Das Gebäude habe ein Flachdach gehabt.

Der Zeuge M. hat bestätigt, dass an dem streitgegenständlichen Objekt in K. der Dachstuhl für das Haus gesetzt werden sollte. Die Rüstung sei am 28./29.03.2011 errichtet worden.

Der Zeuge H. hat ausgesagt, dass er für die Beklagte die Rüstung mit aufgebaut habe an dem streitgegenständlichen Haus.

Die Beklagte war verpflichtet, das Gerüst entsprechend den Unfallverhütungsvorschriften zu errichten.

Der waagerechte Abstand zwischen Gerüstbelag und Bauwerk darf nicht größer als 0,30 m sein (TRBS 2121 Teil 1, DIN EN 12811, DIN 4420).

Dieser Abstand wurde nicht eingehalten. Die Parteien und die Nebenintervenientin haben unstreitig gestellt, dass die Rüstungsbohle zum Zeitpunkt des Unfalles (Bild 3 im Anlagenband) nicht vorhanden war, sodass zur Fassade ein Abstand von 70 cm war. Die rechte Bohle wurde erst nach dem Unfall aufgesetzt. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat erklärt, dass der Beklagten bewusst sei, dass die Bohle hätte belegt werden müssen.

Damit wurde der Seitenschutz von 70 cm nicht eingehalten. Der Kläger ist durch den offenen Spalt gestürzt.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass sie die Rüstung zur Nutzung nicht freigegeben habe.

Die Beklagte hat nach Errichtung der Rüstung am 28./29.03.2011 am 29.03.2011 Rechnung gelegt. Zu diesem Zeitpunkt konnte die M. GmbH davon ausgehen, dass das Gerüst in Gebrauch genommen werden kann. Die Abnahme der Rüstung kann durch Ingebrauchnahme erfolgen. Dieses ist erfolgt.

Anhaltspunkte dafür, dass eine formelle Abnahme vereinbart war, liegen nicht vor.

Der Zeuge M. hat ausgesagt, dass für ihn mit der Rechnungslegung der Startschuss gekommen sei. Mit der Rechnungslegung habe auch die zu bezahlende Mietzeit begonnen. Er habe sich die Rüstung angeschaut, nachdem sie fertig gewesen sei. Freigabeschilder an den Rüstungen oder Freigaben durch die Beklagte seien nicht erfolgt.

Im Ergebnis konnte die Beklagte davon ausgehen, dass die Rüstung nach Rechnungslegung benutzt werden konnte.

Die Beklagte kann sich weiterhin nicht darauf berufen, dass nach Gerüsterstellung und ohne Kenntnis der Beklagten ein Dachüberstand entfernt worden sei, sodass die Rüstung nicht mehr hätte verwendet werden dürfen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zweifelsfrei fest, dass der Dachüberstand nach Erstellung des Gerüstes und vor dem Unfall des Klägers entfernt worden ist.

Der Zeuge K., welcher auf der Baustelle in K. für die M. GmbH tätig war, hat ausgesagt, dass zum Unfallzeitpunkt das alte Dach noch da gewesen sei. Es sei nichts herausgeschnitten worden. Am Überstand seien keine Veränderungen vorgenommen worden. Zum Zeitpunkt des Unfalles seien Löcher in das alte Dach geschnitten worden.

Der Zeuge M. hat bekundet, dass der Dachüberstand bis zum Unfall nicht entfernt worden sei. Vielmehr seien Löcher in das Dach eingeschnitten worden.

Der Zeuge S. hat ausgesagt, dass der Dachüberstand zum Zeitpunkt des Unfalles noch vorhanden gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Dachdämmung des alten Daches abgebaut worden. Löcher seien eingebracht worden.

Die Aussagen der Zeugen K., M. und S. stimmen überein. Sie sind glaubhaft, insbesondere auch deshalb, weil die Zeugen übereinstimmend bekundet haben, dass zum Zeitpunkt des Unfalles Löcher in das alte Dach geschnitten worden. Damit muss das alte Dach noch vorhanden gewesen sein. Der Zeuge S. hat zudem überzeugend geschildert, dass man sich hinsichtlich des Dachüberstandes noch habe bücken bzw. schmal machen müssen, um vorbeizukommen.

Der Zeuge H. hat zum Zeitpunkt einer Verkürzung des Dachüberstandes keine Aussagen gemacht.

Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass der Dachüberstand zum Zeitpunkt des Unfalles noch vorhanden war.

Selbst aber in dem Fall, dass der Dachüberstand durch die M. GmbH vor dem Unfall entfernt wurde, erfüllt ein Dachüberstand als seitliche Sicherheit nicht die Anforderungen nach BGI 807 Sicherheit von Seitenschutz, Randsicherungen und Dachschutzwänden als Absturzsicherungen bei Bauarbeiten. Das bedeutet, dass die Beklagte nicht davon ausgehen konnte, dass die Bohle aufgrund des vorhandenen Dachüberstandes nicht gelegt werden muss.

Aufgrund der gemachten Ausführungen haftet die Beklagte dem Kläger auf Ersatz seines unfallbedingten Schadens, da sie das streitgegenständliche Gerüst nicht nach den Unfallverhütungsvorschriften aufgestellt und damit ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt hat.

Eine Mithaftungsquote des Klägers scheidet aus.

Es kommt weder ein eigenes Mitverschulden des Klägers noch ein Mitverschulden seines Arbeitgebers in Betracht.

Die fehlende Bohle war nicht ohne weiteres erkennbar und musste nicht „ins Auge“ springen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der noch vorhandene Dachüberstand den Spalt verdeckt hat.

Der Kläger hat keine eigene Sachkunde, sodass er für das Einhalten der Unfallverhütungsvorschriften nicht einstehen muss. Dafür, dass für den Kläger bei genügender Aufmerksamkeit der Spalt erkennbar und der Sturz vermeidbar war, liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.

Für die Arbeitgeberin des Klägers ist eine Mithaftungsquote nicht anzusetzen.

Nach den Aussagen des Zeugen M. hat sich dieser das Gerüst angesehen, wenn auch nicht begangen. Beanstandungen habe er nicht festgestellt.

Auch wenn es der Zeuge M. als Bauunternehmer unterlassen hat, das Gerüst nach seiner Errichtung ausreichend zu überprüfen, kommt eine Mithaftung nicht in Betracht, weil die Beklagte elementare Sicherungspflichten nicht beachtet hat. Die Beklagte hat gegen die geltenden Unfallverhütungsvorschriften grob fahrlässig verstoßen und das Gerüst nicht ordnungsgemäß zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren erstellt.

In Würdigung und Abwägung aller Umstände ist der Beklagten die volle Haftung aufzuerlegen.

Dem Kläger steht ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 10.000,00 € zu.

Maßgebend für die Bemessungsgrundlagen bei der Höhe des Schmerzensgeldes sind die bei Schluss der mündlichen Verhandlung feststehenden Umstände einschließlich bereits feststellbarer Dauerfolgen und vorhersehbarer Spätfolgen.

Gerüstbauerhaftung - Baugerüst - Nichteinhaltung der Unfallverhütungsvorschriften
(Symbolfoto: Von Bannafarsai_Stock/Shutterstock.com)

Der Schmerzensgeldanspruch ist ein Anspruch eigener Art mit einer doppelten Funktion. Er soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind, und zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung schuldet für das, was er ihm angetan hat. Bei der Festsetzung der Entschädigung müssen alle in Betracht kommenden Umstände des Falles berücksichtigt werden. Im Vordergrund bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes steht jedoch die Rücksicht auf Höhe und Maß der Lebensbeeinträchtigung.

Aufgrund der gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen Dr. N. steht fest, dass der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei dem Sturz vom Baugerüst aus ca. 3,30 m Höhe ein Schädel-Hirn-Trauma II. Grades, frontobasale und temporale Kontusionsblutung links und eine Contusio labyrinthi erlitten hat. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen hat das Gericht keine Zweifel, dass die Verletzungen Folge des Sturzes sind.

Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger aufgrund des Unfalles zu 60 % in der Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Die Minderung basiert zu 10 % auf hals-nasen und ohrenärztlichem Gebiet, zu 40 % auf neurologischem Gebiet und zu 20 % auf psychologischem Gebiet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Sachverständigen in dem Gutachten verwiesen.

Aufgrund der gutachterlichen ärztlichen Feststellungen, gegen welche begründete Einwendungen der Parteien nicht vorliegen, ist der Kläger durch die erlittenen Schäden erheblich beeinträchtigt. Nach den eigenen unbestrittenen Ausführungen des Klägers kann dieser nur noch vier Stunden täglich arbeiten. Eine Tätigkeit als Zimmermann ist nicht mehr möglich.

Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen hält das Gericht ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 € für angemessen. Bei diesem Schmerzensgeld finden die Verletzungen des Klägers aufgrund des Sturzes, die bisherigen ärztlichen Behandlungen, die Schmerzen, die der Kläger bisher aushalten musste und die jetzigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen Berücksichtigung.

Der Feststellungsantrag ist gemäß § 256 ZPO begründet.

Weitere nicht sicher vorhersehbare gesundheitliche Schäden des Klägers sind nicht ausgeschlossen.

Der Sachverständige Dr. N. hat ausgeführt, dass zur Stabilisierung in regelmäßigen Abständen weiterhin ambulant ergo- und physiotherapeutische Maßnahmen erfolgen müssen sowie eine Hirnleistungstherapie und Gleichgewichtstraining. Weiterhin bedarf es antidepressiver Medikamente und wiederkehrender psychologischer Behandlungen. Die Maßnahmen sind erforderlich, um Verschlechterungen des Gesundheitszustandes des Klägers zu vermeiden.

Dem Kläger steht weiterhin ein Verdienstausfallschaden in Höhe von 10.000,00 € zu.

Der Kläger hat sein monatliches Einkommen in der Zeit vom August 2010 bis Mai 2011 durch Abrechnungen belegt. Danach ergibt sich bei einem monatlichen Durchschnittsgehalt von 1.266,15 € netto für die Zeit 13.04.2011 bis 30.11.2014 ein Einkommen von 53.178,30 € netto. Diesem sind die vom Kläger dargelegten und im Einzelnen aufgegliederten erhaltenen Sozialleistungen in Höhe von 30.474,19 € gegenüberzustellen, sodass sich ein Verdienstausfall von 22.704,11 € ergibt. Von diesem Verdienstausfall macht der Kläger einen Teilbetrag von 10.000,00 € geltend. Dieser Verdienstausfall ist mindestens entstanden.

Die Zinsverurteilung ist aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergingen gemäß §§ 91, 101, 709 ZPO.

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