LG Magdeburg – Az.: 9 O 657/04 – Urteil vom 22.12.2010
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird bis zum 21.06.2004 auf 27.755,32 €, danach auf 27.590,60 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von den Beklagten Werklohn für eingebaute Fenster, Türen und Rollläden im Haus der Beklagten in B.
Auf Grund eines Angebots des Klägers vom 4. Dezember 2003 über 47.007,84 € brutto schlossen die Parteien am 04.12./06.12.2003 einen VOB/B Bauvertrag; die Vorschriften der VOB/B wurden den Beklagten bei Auftragserteilung übergeben. Die Parteien vereinbarten Teilzahlungen entsprechend dem Baufortschritt. Dem Angebot des Klägers lag ein an ihn von den Beklagten übersandtes Angebot für das Bauvorhaben zugrunde, was eine andere Baufirma (Firma Hoch- und Betonbau GmbH, Q) im Auftrag der Beklagten erstellt hatte. Der Kläger übersandte den Beklagten die Ausführungsplanung für die Fenster am 9. Januar 2004. Am 12. Januar 2004 genehmigten die Beklagten die Ausführungsplanung, legten fest, dass die Fenster außen rot sein sollten und trafen weitere Bestimmungen betreffend die Fenster.
Der Kläger erbrachte die beauftragten Leistungen dann jedenfalls teilweise und stellte am 5. Februar 2004 eine erste Abschlagsrechnung über 27.755,32 €, die die Beklagten nicht bezahlten. Die abgerechneten Leistungen nahmen die Beklagten dann am 11. Februar 2004 nach einer gemeinsamen Besichtigung mit dem Mitarbeiter der Klägerin, Herrn O, ab, wobei vermerkt wurde: „Keine sichtbaren Mängel vorhanden“; gewisse Restarbeiten waren noch zu erledigen. Noch ausstehende Arbeiten erbrachte der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung seitens der Beklagten nicht mehr. Am 5. August 2004 kündigten die Beklagten den Bauvertrag.
Der Kläger behauptet, die von ihm erbrachten Leistungen seien insgesamt mangelfrei; die Maße für die Fenster habe er aus dem ihm von den Beklagten übersandten Leistungsverzeichnis übernommen. Für falsche Messungen sei er – so meint der Kläger – daher nicht verantwortlich.
Von der ursprünglichen Klageforderung in Höhe von 27.755,32 € hat der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.06.2004, eingegangen beim Landgericht am 21.06.2004, einen Betrag in Höhe von 164,72 € zurückgenommen.
Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 27.590,60 € nebst Verzugszinsen hierauf in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2004 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten machen wegen angeblicher Mängel der vom Kläger erbrachten Werkleistung ein Zurückbehaltungsrecht geltend und rechnen im Übrigen mit weiteren Forderungen gegen die Klageforderung auf.
Nachdem der Kläger während des laufenden Rechtsstreits Nachbesserungen an den von ihm vorgenommenen Werkleistungen durchgeführt hat, behaupten die Beklagten, dass die vom Kläger nunmehr erstellten Werkleistungen immer noch nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprächen. Insbesondere sei der Anschluss zwischen der Metallfensterbank und der Bestandssteinbank bei allen Fenstern nicht ausreichend schlagregendicht hergestellt; die seitliche Fensterbankaufkantung sei bei allen Fenstern nicht elastisch zur Leibung verfugt; es sei nicht ersichtlich, wohin evtl. unter der Metallaußenfensterbank bei den Fenstern entstehendes Kondensat abgeleitet werden könne; die vom Kläger ursprünglich vorgesehene EPDM-Folie unter der Außenfensterbank sei bei der inzwischen geänderten Ausführung nicht erforderlich und könne je nach Verarbeitung zu Schäden führen; die Mindestneigung der Metallaußenfensterbänke sei nicht in allen Fällen vorhanden; der Mindestwärmeschutz und somit die Schimmelpilzfreiheit im Anschluss der Fenster an den Baukörper sei nicht gewährleistet; die Verarbeitung der inneren Fensteranschlussfolie sei nicht fachgerecht; die Montagefugen im Bereich der Segmentbogenstürze seien nicht vollständig verschlossen; die Außenfensterbänke seien im Bereich des aufgekanteten Fensterbankanschlusses nicht ausreichend dicht angearbeitet; es befänden sich keine Tragklötzer zwischen dem Brüstungsmauerwerk und dem jeweiligen Fenster; es bestünden bei den Fenster unzulässige Wärmebrücken im Fensteranschlussbereich innen; die vom Kläger zwischenzeitlich eingebauten elektrisch angetriebenen Rollläden seien nicht geprüft und eingestellt.
Das Gericht hat zunächst Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 16.02.2005 (Bl. 41 ff., Bd. II d.A.) i.V.m. dem Beschluss vom 26.04.2005 (Bl. 45, Bd. II d.A.) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweiserhebung wird auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Thomas U vom 04.07.2005 (Bl. 68 ff., Bd. II d.A.) Bezug genommen.
Das Gericht hat dann weiter Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 15.09.2005 (Bl. 178, Bd. II d.A.) durch Einholung eines Ergänzungsgutachtens.
Hinsichtlich des Ergebnisses dieser ergänzenden Begutachtung wird auf das erste Ergänzungsgutachten des Sachverständigen U vom 03.01.2006 (Bl. 11 ff., Bd. III d.A.) Bezug genommen.
Das Gericht hat dann weiter Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 20.03.2006 (Bl. 103, Bd. III d.A.) durch Einholung eines weiteren Ergänzungsgutachtens.
Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweiserhebung wird auf das zweite Ergänzungsgutachten des Sachverständigen U vom 04.06.2006 (Bl. 137 ff., Bd. III d.A.) Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2007 ist dann der Sachverständige U zu vom Kläger vorgeschlagenen Sanierungsvarianten angehört worden. Anschließend wurde der sachverständige Zeuge K. gemäß dem Beweisbeschluss vom 01.02.2007 (Bl. 141, Bd. IV d.A.) vernommen.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung des Sachverständigen und der Vernehmung des sachverständigen Zeugen K. wird auf die Sitzungsniederschrift vom 01.02.2007 (Bl. 137 ff., Bd. IV d.A.) Bezug genommen.
Das Gericht hat dann weiter Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 27.11.2007 (Bl. 145, Bd. V d.A.), vom 02.04.2008 (Bl. 196, Bd. V d.A.) und vom 02.09.2008 (Bl. 216, Bd. V d.A.) durch Einholung eines weiteren Ergänzungsgutachtens.
Hinsichtlich des Ergebnisses dieser ergänzenden Begutachtung wird auf das dritte Ergänzungsgutachten des Sachverständigen U vom 03.06.2009 (Anlagenband 3. und 4. Ergänzungsgutachten) Bezug genommen.
Schließlich hat das Gericht weiter Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 16.09.2009 (Bl. 77, Bd. VI d.A.) i.V.m. dem Beschluss vom 05.02.2010 (Bl. 120, Bd. VI d.A.) durch Einholung eines weiteren Ergänzungsgutachtens.
Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Begutachtung wird auf das vierte Ergänzungsgutachten des Sachverständigen U vom 23.06.2010 (Anlagenband 3. und 4. Ergänzungsgutachten) Bezug genommen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung des von ihm begehrten Werklohns in Höhe von 27.590,60 € gemäß § 631 BGB i.V.m. der VOB/B.
Die Beklagten haben gegen die Werklohnforderung des Klägers erfolgreich mit Mängelbeseitigungskosten aufgerechnet, die die Höhe der Klageforderung übersteigen (§ 641 Abs. 3 BGB in der Fassung bis 31.12.2008 i.V.m. Art. 229 § 19 EGBGB).
Die Beklagten haben bewiesen, dass die vom Kläger erbrachten Werkleistungen auch nach den zwischenzeitlich vom Kläger hieran vorgenommenen Nachbesserungen nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechen.
Der Sachverständige U hat im Rahmen der von ihm erstellten 3. und 4. Ergänzungsgutachten festgestellt, dass trotz diverser Umbaumaßnahmen seitens des Klägers eine mangelfreie Fenstermontage nicht erfolgt bzw. auch nicht möglich sei. Dies hat der Sachverständige im Wesentlichen damit begründet, dass keine fachgerechten Planungsunterlagen vorhanden seien, wie sich aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22.04.2009 ergäbe. Die von ihm vorgefundene Konstruktion sei risikobehaftet und entspreche nicht den anerkannten Regeln der Technik. Denn im direkten Übergang des PU-Konstruktionsklebers der Metallfensterbankfixierung auf der Steinbank bestehe bezüglich des Kontakts mit der EPDM-Folie die Gefahr der Weichmacherwanderung; die seitliche Fensterbankaufkantung sei nicht wie üblicherweise elastisch zur Leibung verfugt, sondern nur mittels Kompriband verfüllt. Es sei nicht ersichtlich, wohin evtl. unter der Metallaußenfensterbank entstehendes Kondensat abgeleitet werden könne. Die vom Kläger ursprünglich vorgesehene EPDM-Folie unter der Außenfensterbank sei bei der jetzt geänderten Ausführung nicht erforderlich und könne je nach Verarbeitung zu Schäden führen. Die Mindestneigung der Metallaußenfensterbänke sei nicht in allen Fällen vorhanden. Der Mindestwärmeschutz und somit die Schimmelpilzfreiheit im Anschluss der Fenster an den Baukörper sei derzeit nicht gewährleistet. Die Verarbeitung der inneren Fensteranschlussfolie sei nicht fachgerecht. Die Montagefugen im Bereich der Segmentbogenstürze seien nicht vollständig verschlossen. Der Anschluss zwischen Metallfensterbank und Bestandssteinbank sei nicht ausreichend schlagregendicht hergestellt. Er habe in diesem Zusammenhang sowohl nicht vollständig verklebte EPDM-Folien als auch unvollständig verklebte Metallaußenfensterbänke vorgefunden. Infolge der nicht ausreichend vorhandenen Dichtheit könne es insbesondere bei Schlagregenwirkung zu Feuchtigkeitseintritt und weiteren Folgeschäden kommen. Teilweise habe Kontakt zwischen dem weißen Montagekleber und der EPDM-Folie bestanden. Die Außenfensterbank im Bereich des aufgekanteten Fensterbankanschlussprofils sei nicht ausreichend dicht angearbeitet. Generell fehle ein Dichtband, in einigen Fällen sei die Außenfensterbank nicht ausreichend tief in den Fensterbankfalz eingeführt worden. Infolge des nicht ausreichend vorhandenen Schlagregenschutzes könne es zu Feuchtigkeitseintritt und weiteren Folgeschäden kommen. Es befänden sich keine Tragklötzer zwischen Brüstungsmauerwerk und Fenster. Diese seien für die vertikale Krafteinleitung der Fenster in den Baukörper erforderlich. Das planmäßige Einleiten von auf das Fenster wirkenden Kräften in den Baukörper sei nicht gewährleistet. Ein alternativer statischer Nachweis liege nicht vor. Die Rollläden führten nach dem Bewegen der Fenster nicht wieder automatisch nach unten. Evtl. müssten die Rolllädenkästen geöffnet werden, um den Behang wieder einzufädeln. Weiterhin bestünden im derzeitigen Einbauzustand unzulässige Wärmebrücken; der Anschluss zwischen dem Baukörper und den Fenstern, insbesondere im Bereich der Segmentbogenstürze müsse noch geplant werden.
Zur Beseitigung der Mängel hat der Sachverständige U festgestellt, müsse vor Ausführung der Arbeiten eine detaillierte Planung der Bauwerksanschlüsse erstellt werden. Aufgrund der Komplexität müsse die Ausführung der Arbeiten extern überwacht werden. Die ausgebauten Fenster im Erdgeschoss könnten erhalten und wiederverwendet werden. Die Außenfensterbänke könnten nach dem Ausbau nicht wiederverwendet werden und müssten neu hergestellt werden. Somit könnten diese auch passend zum jeweiligen Fenster hergestellt werden. Im Obergeschoss ließen sich die Außenfensterbänke ohne gleichzeitige Demontage der Fenster entnehmen und wiedereinsetzen. Die Außenfensterbänke ließen sich je nach Ausführung mit dem erforderlichen Gefälle einbauen. Sollte dies nicht möglich sein, müssten unter Umständen einzelne Fenster neu gebaut werden, wodurch sich die Kostenschätzung verändern würde. Nach der Neumontage seien die elektrisch angetriebenen Rollläden von einem Elektriker zu prüfen und ggf. einzustellen. Die Kosten für die Herstellung der inneren Anschlüsse (z.B. bezüglich Wärmebrücken) könnten ohne planerische Vorgaben nicht geschätzt werden. Sie seien nicht Bestandteil der Kostenschätzung. Die Mängelbeseitigungskosten beliefen sich danach auf netto 10.370,00 €, brutto auf 12.340,30 €.
Die Feststellungen des Sachverständigen U sind nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Sie knüpfen konkret an die vom Kläger an den Fenstern durchgeführten Umbauarbeiten an und setzen sich detailliert und umfassend mit den Fragen und Beweisbehauptungen der Parteien auseinander.
Das Gericht schließt sich den Feststellungen des Sachverständigen nach eigener kritischer Prüfung in vollem Umfang an.
Die Einwendungen des Klägers gegen die Feststellungen des Sachverständigen im 3. und 4. Ergänzungsgutachten sind unbegründet.
Soweit der Kläger insoweit auf Ausführungen seines Privatgutachters K. in dessen Ergänzungsgutachten vom 11.10.2010 Bezug nimmt, können die Ausführungen des Privatsachverständigen K. nicht überzeugen, da der gerichtliche Sachverständige eben nicht von einer fachgerechten Leistung des Klägers ausgeht. Die Feststellungen des Privatsachverständigen K. sind demgegenüber als reiner Parteivortrag zu werten und können die nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen U nicht entkräften.
Der weitere Einwand des Klägers, für den Ein- und Ausbau der Fenster im Erdgeschoss könnten nicht 16 Stück angesetzt werden, da der Sachverständige ausweislich des 4. Ergänzungsgutachtens die Fenster Nr. 7, 8, 12, 13 und 20 durch die Firma S. sach- und fachgerecht habe wieder einbauen lassen, greift nicht. Denn der Sachverständige hat im Rahmen seiner Begutachtung im 4. Ergänzungsgutachten auf Bl. 7 ausgeführt, dass die im Rahmen der Begutachtung entnommenen Fenster nochmals demontiert und mit neuen Außenfensterbänken wieder eingebaut werden müssten. Auf Seite 17 seines 4. Ergänzungsgutachtens hat der Sachverständige dann weiter ausgeführt, dass alle Außenfensterbänke und somit zwangsläufig auch alle Erdgeschossfenster nach Vorlage einer fachgerechten Montageplanung wieder neu eingebaut werden müssten.
Auch diese Feststellungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar, da der Sachverständige eine fachgerechte detaillierte Planung für unabdingbar erachtet hat, bevor überhaupt Fenster und Fensterbänke eingebaut werden. Dies ist schon deshalb nachvollziehbar, weil es dem Kläger trotz mehrfacher Nachbesserungsversuche nicht gelungen ist, die Fenster nach den anerkannten Regeln der Technik einzubauen. Bei Vorhandensein entsprechender fachgerechter Planungsunterlagen wäre dies sicher nicht passiert. Der Kläger hätte aber solche Planungsunterlagen entweder selbst erstellen oder auf deren Erstellung bei den Beklagten dringen müssen.
Die vom Sachverständigen U errechneten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 10.370,00 € netto können die Beklagten dem Kläger in Höhe des dreifachen Betrages entgegenhalten, so dass die Klageforderung in Höhe von 27.590,60 € schon aufgrund dessen gemäß § 389 BGB erloschen ist. Das Recht zur Geltendmachung des Dreifachen der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten ergibt sich aus § 641 Abs. 3 BGB in der Fassung bis 31.12.2008. Denn das Werkvertragsverhältnis zwischen den Parteien wurde vor dem 01.01.2009 begründet (vgl. auch Art. 229 § 19 Abs. 1 EGBGB).
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 3 ZPO, 48 Abs. 1 GKG.