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Mangelbeseitigungsaufforderung als vergütungspflichtiger Reparaturauftrag?

OLG Celle – Az.: 6 U 122/10 – Urteil vom 06.01.2011

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. August 2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 36.954,47 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von Reparaturkosten für einen am 20. Januar 2008 havarierten Filterstufenrechen an einer von der Beklagten betriebenen Kläranlage, Kosten für den Austausch einer Druckgebersonde und Miete für einen Ersatzrechen zwischen dem 21. Januar 2008 und 21. Mai 2008 in Höhe von insgesamt 36.954,47 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 %Punkten „über Diskont“ seit dem 14. Juni 2008 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.192,60 €.

Am 28. Februar 2007 machte die Klägerin der Beklagten das Angebot zur Erweiterung der Einlaufgruppe deren Kläranlage auf dem Blankett der Leistungsbeschreibung der für die Beklagte tätigen Ingenieure P. & Partner. Auf Seite 19 des Blanketts lautet der erste Satz unter der Überschrift „Maschinentechnische Ausrüstung“: „Maschinen sind so auszurüsten, dass bei ordnungsgemäßem Betrieb Verunreinigungen des Mediums zu keinen Betriebsstörungen führen.“ Ausweislich S. 22 war die „Antriebseinheit () mindestens mit einer Drehmomentabschaltung vor Überlast (zu sichern).“

Am 5. April 2007 schlossen die Parteien den Vertrag gemäß dem vorbezeichneten Angebot unter Einbeziehung der VOB. Am 27. November 2007 nahm die Beklagte das Werk der Klägerin ab.

Am 20. Januar 2008 meldete die Beklagte der Klägerin fernmündlich, die von dieser installierte Filterrechenanlage sei ausgefallen und stark deformiert. Der Motorüberlastschutz des Rechenantriebs hatte nicht reagiert. Am 21. Januar 2008 stellten Monteure der Klägerin fest, dass der Rechen sich vor Ort nicht reparieren ließ. Am selben Tag forderte das Ingenieurbüro P. & Partner die Klägerin zur Mängelbeseitigung bis 23. Januar 2008 auf.

Am 24. Januar 2008 bot die Klägerin der Beklagten die Installation eines Ersatzrechens zur Miete an (Bl. 12 f d. A.). Am 28. Januar 2008 erteilte die Beklagte den Auftrag hierzu. Am 29. Januar 2008 demontierte die Klägerin den defekten Rechen und baute den Ersatzrechen ein.

Am 27. Januar 2008 erstellte sie einen Kostenvoranschlag für Demontage, Reparatur und Wiedereinbau des ausgefallenen Rechens.

Es entspann sich eine ausgiebige Korrespondenz zwischen den Parteien, ob ein Gewährleistungsanspruch vorliege. Die Klägerin erhielt die gutachterliche Stellungnahme der Dipl.Ing. P. und L., P.J. Ingenieurgesellschaft mbH des Versicherers der Beklagten vom 15. Februar 2008, ausweislich deren Feststoffe und ein Bewehrungseisen sich vor dem Rechen aufgebaut hatten und eine Fehlfunktion des Überlastschutzes der Steuerung des Rechens vorgelegen habe.

Am 10. März und am 21. Mai 2008 tauschte die Klägerin die Druckaufnahmesonde aus. Dazu schrieb sie den Ingenieuren P. & Partner am 19. März 2008, Verzopfungen am Rührwerk des Sandwaschklassierers hätten die Druckgebersonde beschädigt; dieses sei Folge der Rechenhavarie sowie der provisorischen Umbaumaßnahme mit vergrößerter Spaltweite am Ersatzrechen.

Am 1. April 2008 erteilte die Beklagte der Klägerin zu deren Angebot vom 27. Januar 2008 den Auftrag zur Reparatur des Rechens und führte aus:

„Dieser Auftrag entbindet Sie nicht von Ihren Gewährleistungspflichten aus dem Hauptauftrag.“

Am 30. Mai 2008 stellte die Klägerin der Beklagten für die Reparatur des Rechens, den Ersatzrechen und den Austausch der Druckgebersonde zwischen dem 20. Januar und 21. Mai 2008 insgesamt 36.954,47 € in Rechnung.

Sie hat diesen Betrag nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichtlich geltend gemacht. Die Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt.

Vom Landgericht veranlasste sachverständige Begutachtung hat ergeben, dass die Klägerin weder eine wirksame mechanische noch eine elektrische Drehmomentabschaltung eingebaut hat. Daraufhin hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe der Senat zur näheren Sachdarstellung verweist, wendet die Klägerin sich mit ihrer Berufung, mit welcher sie ihr Ziel weiter verfolgt. Sie behauptet, sie habe jedenfalls einen ausreichenden Überlastschutz installiert, und meint, Zahlung verlangen zu können, weil die Beklagte sie mit den Leistungen, deren Bezahlung sie begehrt, beauftragt habe. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens verweist der Senat auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen.

II. Die Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 36.954,47 € brutto (= 31.054,18 € netto). Sie kann weder Werklohn verlangen für den Montageeinsatz wegen Ausfalls des Filterstufenrechens der von der Beklagten betriebenen Kläranlage am 20. Januar 2008 (1.799,30 € netto), dessen Demontage sowie Ein- und Umbau eines Ersatzrechens bis zur Instandsetzung des ausgefallenen Rechens (3.293,39 € + 3.260 € netto) am 29. Januar 2008, Reparatur und Wiedereinbau des ausgefallenen Rechens am 19. und 20. Mai 2008 (7.171,90 € + 3.064,99 € netto), zweimaligen Austausch der Druckaufnahmesonde am 10. März und 21. Mai 2008 (4.289,60 €, gemäß Anlage 6 zur Rechnung vom 30. Mai 2008, Anlage K 14, richtig: 4.289,24 € netto), § 631 Abs. 1 Halbs. 2, § 632 Abs. 1, 2 BGB, noch Miete für den Ersatzrechen (8.175 € netto), § 535 Abs. 2 BGB.

1. Für den Anspruch wegen des Montageeinsatzes vom 20. Januar 2008 gilt folgendes.

a) Zwischen den Parteien ist kein Werkvertrag über den Montageeinsatz der Klägerin am 20. Januar 2008 zustande gekommen. Das fernmündliche Angebot seitens der Beklagten zu diesem Einsatz an die Klägerin stand unter der nicht eingetretenen aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), dass der Ausfall des Rechens nicht auf einem Mangel des Werkes der Klägerin beruhte, und war zugleich eine Forderung nach Mangelbeseitigung unter der eingetretenen auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB), dass der Ausfall des Rechens auf einem Mangel des Werkes der Klägerin beruhte.

aa) Nur so durfte die Klägerin das Angebot der Beklagten bei verständiger objektiver Würdigung (§ 133 BGB) verstehen. Ihr musste, nachdem die Anlage erst knapp zwei Monate zuvor abgenommen worden war, klar sein, dass die Beklagte für den Einsatz nicht bezahlen wollte, falls sie Anspruch auf dessen unentgeltliche Vornahme hatte unter dem Gesichtspunkt der Mangelbeseitigung (§ 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 VOB/B 2006).

bb) Das Werk der Klägerin war mangelhaft. Es hatte nicht die vereinbarte Beschaffenheit (§ 13 Nr. 1 Satz 2 Fall 1 VOB/B 2006).

(1) Auf die Behauptung der Klägerin, sie habe einen Überlastschutz in die elektrisch betriebene Antriebseinheit des Rechens eingebaut, kommt es nicht an. Jedenfalls war die von ihr eingebaute Maschine, anders als ausweislich des Blanketts der Leistungsbeschreibung vereinbart, auf welchem ihr Angebot vom 28. Februar 2007 beruht, zu welchem die Parteien den Vertrag vom 5. April 2007 geschlossen haben, nicht so ausgerüstet, dass „Verunreinigungen des Mediums zu keinen Betriebsstörungen führen“ (Seite 19 des Blanketts in Satz 1 unter „Maschinentechnische Ausrüstung“, Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 7. November 2008, Bl. 13 des Anlagenhefters). Obwohl Feststoffe in erheblichem Umfang und ein Bewehrungseisen sich vor dem Rechen aufgebaut hatten, sprach die Überlastschutzeinrichtung der Maschine trotz der Einwirkung der erheblichen Verformungskräfte (vgl. S. 6 des Gutachtens des Sachverständigen Hoffmann vom 19. Januar 2010) nicht an, so dass diese nicht, wie vertraglich gefordert, abschaltete (Seite 7 des Gutachtens Hoffmann vom 19. Januar 2010) und Teile des Rechens sich verschoben, verformten oder abbrachen (Seite 3 der Klagschrift; Bl. 7 und 9 f. des Gutachtens der Dipl.Ing. P. und L., P.J. Ingenieurgesellschaft mbH vom 15. Februar 2008).

(2) Diese Funktionsfähigkeit des Überlastschutzes musste trotz der Freigabe durch das Ingenieurbüro P. & Partner vom 21. September 2007 (Anlage K 20 zum Schriftsatz der Klägerin vom 5. Dezember 2008, Bl. 95 d.A.) gegeben sein. Die Klägerin schuldete die Erstellung eines funktionsfähigen, zum bestimmungsgemäßen Gebrauch nutzbaren und durch Verunreinigungen nicht zu störenden (vgl. S. 19 der Auftragsaufforderung vom 12. Februar 2007, Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 7. November 2008, Bl. 13 des Anlagenhefters) Filterstufenrechens.

b) Der Anspruch lässt sich nicht auf auftragslose Geschäftsführung seitens der Klägerin für die Beklagte stützen (§§ 670, 683 Satz 1, § 677 BGB). Die Klägerin war der Beklagten „gegenüber sonst dazu berechtigt“ (§ 677 BGB), das Geschäft zu besorgen. Darunter fällt auch die Pflicht zur Besorgung des Geschäfts (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 677 Rn. 7 a.E.).

2. Die Klägerin kann für Ein, Umbau und Vermietung des Ersatzrechens trotz des Auftrags der Beklagten zur Lieferung eines Ersatzrechens vom 28. Januar 2008 (Anlage K 5 zur Klageschrift, Bl. 19 d.A.) keine Vergütung verlangen, auch wenn die Parteien den Vertrag über diese Maßnahmen geschlossen haben. Der Anspruch auf Vergütung ist nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen. Die Klägerin müsste der Beklagten die Vergütung sogleich aus anderem Rechtsgrund erstatten, nämlich demjenigen des Schadensersatzes aus § 13 Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 VOB/B 2006. Sie stellt eine Mehraufwendung gegenüber den reinen Kosten der Behebung des Mangels dar, den die Klägerin als Schaden an der baulichen Anlage zu ersetzen hat (s. Ingenstau/Korbion/Wirth, VOB, 17. Aufl., B § 13 Abs. 7 Rn. 86), deren wesentlichen Mangel (nicht funktionstüchtige Abschalteinrichtung bei Überlast), der die Gebrauchsfähigkeit des Rechens erheblich beeinträchtigte (realisierte Gefahr nachhaltiger Beschädigung), sie schuldhaft herbeigeführt hat, weil sie bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) einen funktionstüchtigen Überlastschutz hätte einbauen müssen.

3. Für Demontage, Reparatur und Wiedereinbau des ausgefallenen Rechens besteht ebenfalls kein Werklohnanspruch.

a) Zwischen den Parteien ist kein Werkvertrag über diese Maßnahmen zustande gekommen.

aa) Die Beklagte hat das unbedingte Angebot der Klägerin zu diesen Maßnahmen vom 27. Januar 2008 durch den Reparaturauftrag vom 1. April 2008 nicht angenommen, sondern, indem sie erklärt hat, „dieser Auftrag entbinde () nicht von (den) Gewährleistungspflichten aus dem Hauptauftrag“ (dort S. 2, Anlage K 12 zur Klageschrift, Bl. 32 d.A.), den neuen Antrag gemacht (§ 150 Abs. 2 BGB), den Vertrag unter die aufschiebende Bedingung zu stellen, dass sich herausstellte, der Ausfall des Rechens beruhte nicht auf einem Mangel dessen Installation durch die Klägerin. Anders durfte die Klägerin die Erklärung der Beklagten vom 1. April 2008 bei verständiger objektiver Würdigung (§ 133 BGB) nicht verstehen. Zum einen kamen nach Abschluss der Reparatur anfallende weitere Gewährleistungsansprüche aus dem Ursprungsvertrag angesichts des Umfangs der Beschädigungen an der Anlage nicht mehr ernsthaft in Betracht, zum anderen hatten die Parteien, wie die ausgiebige Vorkorrespondenz der Klägerin offenbarte, trotz intensiven Bemühens seitens der Klägerin keine Einigung erzielen können, dass die Beklagte den Reparaturauftrag unbedingt erteilte.

bb) Die Klägerin hat, indem sie die Reparatur ausgeführt und der Beklagten das reparierte Teil wieder eingebaut hat, deren Antrag zu einem bedingten Vertrag nicht angenommen. Angesichts des Bestrebens der Klägerin zuvor, einen unbedingten Auftrag zu erhalten, durfte die Beklagte nicht annehmen, die Klägerin sei jetzt dazu bereit, die Bedingung, dass kein Mangel ihres Werkes sich herausstellte, hinzunehmen.

cc) Der Vertrag ist nicht unbedingt dadurch zustande gekommen, dass die Beklagte die Reparatur der Klägerin, welche diese nur unbedingt ausführen wollte, kommentarlos entgegennahm. Nach allem, was vorausgegangen war, durfte die Klägerin dieses nicht als Sinneswandel der Beklagten werten.

b) Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag ist wie ausgeführt (s. o. Nr. 1. b)) nicht gegeben.

1. Schließlich kann die Klägerin von der Beklagten für den zweimaligen Austausch der Druckaufnahmesonde nichts fordern. Dieser ist Folge der Beschädigung des Rechens und des provisorischen Umbaus des Mietrechens mit zu großer Spaltweite, die zu  Verzopfungen  am Rührwerk des Sandwaschklassierers geführt haben. Dieses hat die Klägerin in ihrem Schreiben an die Ingenieure P. & Partner vom 19. März 2008 (Anlage K 10 zur Klagschrift – Bl. 28 f. d.A.) ausgeführt.

2. Mangels bestehender Hauptforderung der Klägerin steht dieser auch kein Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.192,60 € wegen Zahlungsverzuges der Beklagten (§ 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1, 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 43 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.

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